Der deutsche Strompreis ist dreimal so hoch wie in den USA. Kritik wird an der deutschen Energiepolitik laut. Finanzexperte Jan Viebig bemängelt, dass der Ausstieg aus Kohle und Atomenergie nicht gut mit der Europäischen Union abgestimmt ist. Die Energiepolitik hat drei Hauptziele: niedrige Preise, Versorgungssicherheit und Umweltschutz mit Blick auf den CO₂-Ausstoß. In allen drei Bereichen schneidet die deutsche Energiepolitik schlecht ab (focus: 03.11.23).
Deutschland hat die höchsten Strompreise in Europa und weltweit
Besonders die Energiepreise sind hoch. Es gibt Unterschiede bei den Preisen für Kraftstoff, Erdgas, Heizöl und Strom, je nach Verträgen und Mengen. Aber insgesamt sind die Preise in Deutschland in Europa am höchsten und weltweit gehören sie zu den teuersten. Zum Beispiel betragen die Durchschnittspreise für Unternehmenskunden in Deutschland 42 Cent pro Kilowattstunde, was mehr als dreimal so hoch ist wie in den USA.
Deutschlands Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten und die Risiken für die Versorgungssicherheit
Hier schneidet Deutschland etwas besser ab, obwohl es immer noch von ausländischen Lieferanten abhängig ist. Deutschland hat den Ausfall der russischen Erdgaslieferungen gut bewältigt, vor allem durch den Einsatz von Flüssiggas (LNG). Die Bundesnetzagentur sagt, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Im Herbst 2022 mussten die vier Netzbetreiber jedoch einem Stresstest unterzogen werden, bei dem Wirtschaftsminister Robert Habeck feststellte, dass unter bestimmten Szenarien, wie sehr kalten Wintern und großen Ausfällen von Atomstrom in Frankreich, stundenlange Engpässe drohen könnten.
Versagen der deutschen Energiepolitik: CO₂-Emissionen steigen trotz hoher Subventionen
Trotz der Bemühungen der Bundesregierung, die CO₂-Emissionen zu reduzieren, sind sie in den Jahren 2021 und 2022 gestiegen. Laut dem Bundesumweltamt verursachte die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom im Jahr 2022 durchschnittlich 434 Gramm CO₂. Deutschland hat aufgrund seiner starken Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen eine schlechtere CO₂-Bilanz in der Stromwirtschaft als die meisten europäischen Länder. Kurz gesagt, die deutsche Energiepolitik erhält derzeit wenig Lob und ist schlecht mit den Partnern in der Europäischen Union abgestimmt.
Deutschlands Strommarkt vor dem Kollaps? Subventionen als Rettung oder Risiko?
Der deutsche Energiemarkt ist stark reguliert und aufgrund hoher Strompreise und einer nachlassenden Versorgungssicherheit könnte die Abwanderung energieintensiver Branchen weiter zunehmen. In Industrieverbänden, bei Gewerkschaften und nicht zuletzt im Bundeswirtschaftsministerium wird daher darüber nachgedacht, den Strompreis für Unternehmen mit hohem Energieverbrauch zu begrenzen und die Differenz zum Marktpreis durch Subventionen auszugleichen.
Allerdings bedeuten pauschale Subventionen eine Abkehr von marktwirtschaftlichen Prinzipien auf dem Energiemarkt. Experten wie Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrats der Bundesregierung, betonen die Bedeutung des Preismechanismus, um an den richtigen Stellen Energieeinsparungen oder alternative Energiequellen zu fördern.
Weitere Subventionen könnten dazu führen, dass notwendige Anpassungen in die Zukunft verschoben werden. Ein gedeckelter Industriestrompreis verlagert die Probleme und belastet den Staatshaushalt sowie die Steuerzahler. Es ist auch unklar, wer von staatlicher Unterstützung profitieren sollte und wer nicht. Dies könnte zu politischen Konflikten und Marktverzerrungen führen.
Europäische Energieunion: Gemeinsame Lösung oder nationale Alleingänge?
Die Idee einer europäischen Energieunion wird als sinnvoll erachtet. Es ist wenig sinnvoll, wenn Deutschland seine Atomkraftwerke abschaltet, während Frankreich in Flamanville am Ärmelkanal neue Atomreaktoren baut und die Möglichkeit von nuklearen Kleinkraftwerken, sogenannten Small Modular Reactors (SMR), prüft. Frankreich betreibt 56 Atomkraftwerke und investiert gleichzeitig in Offshore-Windparks und Photovoltaik. Wenn Deutschland verstärkt auf Wind- und Solarenergie setzt, darf nicht vergessen werden, dass konventionelle Energiequellen benötigt werden, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.
In Europa sind wir weit von der vertraglich vereinbarten Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten in der Energiepolitik entfernt. Fehler in der Energiepolitik eines Landes wirken sich auch auf andere EU-Mitglieder aus. Eine tiefgreifende Integration der nationalen Energiemärkte ist notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, die Energieeffizienz zu steigern, die Klimabilanz zu verbessern und wettbewerbsfähigere Energiepreise in Europa zu ermöglichen. Eine stärkere europäische Integration verringert die Risiken nationaler Alleingänge, oder gar Fehlentscheidungen.
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