Polen setzt auf neue Kernkraftwerke – hohe Zustimmung in der Bevölkerung

In Polen erlebt die Kernenergie eine bemerkenswerte Renaissance. Während Deutschland sein letztes Atomkraftwerk 2023 abschaltete, treibt Polen den Ausbau der Nukleartechnologie energisch voran. Großkraftwerke und zahlreiche Mini-Reaktoren sollen die klimaschädliche Kohle ablösen. Das Ziel ist ambitioniert: eine führende Rolle in der europäischen Atomlandschaft (welt: 29.04.24).


Polens Atomwende: Neue Großkraftwerke und transatlantische Allianzen

Polens neuer Premierminister, Donald Tusk, bekräftigte das Engagement seines Landes für die Atomkraft. Bei einem Studententreffen in Opole erklärte er: „Wenn wir erleben wollen, dass die polnischen Kohlekraftwerke nicht mehr der größte Emittent von Kohlenstoffdioxid und anderen umweltschädlichen Stoffen in Europa sind, dann müssen wir uns für die Kernkraft entscheiden.“ Diese Position findet breite Unterstützung über die politischen Lager hinweg. Mindestens zwei große Atomkraftwerke sind geplant, wobei das Projekt in Lubiatowo-Kopalino, unter Federführung von Westinghouse aus den USA, am weitesten fortgeschritten ist. Der erste Reaktor dieses Typs soll bereits 2033 Strom liefern.

Polen treibt den Ausbau der Kernenergie massiv voran - Boom der Mini-Reaktoren - Genehmigung für den Bau von 24 SMRs erteilt
Polen treibt den Ausbau der Kernenergie massiv voran – Boom der Mini-Reaktoren – Genehmigung für den Bau von 24 SMRs erteilt
Bild: KI-generiert

Nicht nur staatliche, sondern auch private Akteure wie die Energiekonzerne PGE und ZE PAK setzen auf Atomenergie. Sie planen, in Patnow mit Unterstützung aus Südkorea ein weiteres Großkraftwerk zu errichten. Geplant sind dort sechs Reaktorblöcke, die insgesamt zwischen sechs und neun Gigawatt Leistung erbringen sollen.

Boom der Mini-Reaktoren – Genehmigung für den Bau von 24 SMRs erteilt

Ein weiterer Fokus liegt auf der Entwicklung von Kleinstreaktoren, den sogenannten „small modular reactors“ (SMRs). Diese Projekte sind in ganz Europa verbreitet, doch Polen nimmt hier eine Vorreiterrolle ein. Über hundert Vorhaben für diese kleineren Einheiten sind in Planung. Sie könnten nicht nur Städte, sondern auch große Industrieunternehmen mit Energie versorgen. Die modular vorgefertigten Anlagen versprechen eine kostengünstige und flexible Lösung für die Energieversorgung.

Orlen Synthos Green Energy hat kürzlich die Genehmigung für den Bau von 24 SMRs an sechs Standorten in Polen erhalten. Diese Entwicklung zeigt, wie ernst es Polen mit der Atomenergie ist. Auch internationale Kooperationen, etwa mit GE Hitachi aus den USA, verstärken Polens Position in dieser zukunftsweisenden Technologie.


Gesellschaftliche Akzeptanz und politische Weichenstellung

Die Unterstützung für die Kernenergie ist in Polen hoch: 75 Prozent der Bevölkerung befürworten den Atomeinstieg. Diese positive Einstellung spiegelt sich in landesweiten Informationskampagnen und Werbemaßnahmen wider. Jakub Wiech, ein prominenter Atomenergieexperte, betont jedoch, dass trotz des Enthusiasmus einige der geplanten Projekte möglicherweise nicht realisiert werden. „100 oder 70 SMR-Projekte sind zu viele, für derart viel Energie gibt es keinen Bedarf“, so Wiech. Er hält es für realistischer, dass etwa die Hälfte dieser Projekte umgesetzt wird, was immer noch die Kapazität von mehr als zehn traditionellen Reaktoren darstellen würde.

Obwohl der Ausbau der Kernenergie gut vorankommt, gibt es auch Herausforderungen. Probleme wie Kostensteigerungen und politische Überprüfungen könnten einige Projekte verzögern oder sogar stoppen. Doch die grundsätzliche Richtung, die Polen eingeschlagen hat, bleibt bestehen. Nach den bevorstehenden Wahlen zum EU-Parlament könnten weitere entscheidende Weichenstellungen für die Energiepolitik des Landes erfolgen.

Insgesamt zeigt sich, dass Polen entschlossen ist, seine Energieversorgung zu diversifizieren und sich von der Kohle zu lösen. Mit einem klaren Fokus auf die Kernenergie positioniert sich das Land als wichtiger Akteur in Europas Energiewende.

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