Laut einer Berechnung des IFO-Instituts würde eine Laufzeitverlängerung der letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke den Strompreis im kommenden Jahr um 4 Prozent senken. Die Atomkraftwerke könnte bei einer Laufzeitverlängerung rund 4 Prozent des in Deutschland benötigten Stroms erzeugen. Dadurch könnte die Stromerzeugung durch Erdgas von derzeit 8,3 % auf 7,6 % sinken. „Denn Atomkraft ersetzt Erdgas nicht 1:1, sondern kurzfristig vor allem auch Kohle“, sagt IFO-Stromexperte Mathias Mier (IFO-Institut: 14.09.22).
IFO-Institut empfiehlt Laufzeitverlängerung für die letzten drei Atomkraftwerke
Der Strom aus Gaskraftwerken ist allerdings aufgrund der stark gestiegenen Gaspreise sehr teuer. Sie werden vor allem immer dann eingesetzt, um die wetterbedingten Schwankungen der erneuerbaren Energien auszugleichen. Atomkraftkraftwerke sind dagegen eher für den Dauerbetrieb konzipiert. Da insbesondere die Verfügbarkeit von Erdgas im kommenden Winter schwer abzuschätzen sei, wäre es nach Meinung des IFO-Instituts durchaus sinnvoll, sich die Option Atomstrom offenzuhalten. Mier schätzt, dass die Betreiber der Atomkraftwerke im laufenden Jahr wegen der hohen Erdgaspreise unerwartet Gewinne im Bereich von 7,9 Milliarden Euro haben können. Auch die Betreiber anderer Kraftwerke erwirtschafteten deshalb hohe, unerwartete Gewinne. Trotzdem hält Mier die Diskussion um eine Änderung der Strompreisermittlung für „nicht zielführend. Der Strommarkt würde grundsätzlich funktionieren. Das Problem wäre der nicht mehr funktionierende Gasmarkt.
Die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke sollen nach dem Willen der Regierung termingerecht Ende Dezember vom Netz genommen gehen. Die Kernkraftwerke Neckarwestheim 2 und Isar 2 sollen aber nach dem Willen des Wirtschaftsministers Robert Habeck in die Reserve überführt werden. Gegner einer Laufzeitverlängerung argumentieren immer wieder, dass diese für die Versorgungssicherheit mit Energie bedeutungslos seien, da Strom im Gegensatz zu Gas nicht knapp sei.
Wirtschaftsweise kritisieren Habecks Entscheidung
Experten befürchten allerdings, dass bei einer Störung der Gasversorgung viele Menschen auf Stromheizungen wie Radiatoren und Heizlüfter umsteigen könnten. Durch den Einsatz dieser Geräte könnte bei einem Gasengpass das deutsche Stromnetz durchaus kollabieren. Deshalb haben auch die „Wirtschaftsweisen“ die Pläne von Habeck kritisiert. Diese haben sich dafür ausgesprochen, die Atomkraftwerke zumindest bis zur nachhaltigen Überwindung der Energiekrise zunächst weiterzubetreiben. Den von Robert Habeck jetzt entschiedenen Reservebetrieb bis Mitte April kommenden Jahres halten die Wirtschaftsweisen für nicht zielführend. Bei einem Reservebetrieb fielen laut deren Darstellung nur die mit der Bereithaltung verbundenen Kosten an, ohne dass der Nutzen aus dem Betrieb zu realisieren. Letztendlich würde dies zu einer weiteren Steigerung der Strompreise führen.
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