In unserem Artikel „Wer hat den elektrischen Strom erfunden?“ haben wir über die Geschichte von der Entdeckung bis zur praktischen Nutzung des elektrischen Stroms berichtet. Mit diesem Artikel wollen wir kurz darauf eingehen, wann die Elektrifizierung Deutschlands begann.
Die elektrische Beleuchtung hält Einzug in die Städte
Wie im ersten Artikel bereits berichtet, hat Werner von Siemens 1866 mit seiner Dynamomaschine praktisch den ersten Generator zur Stromerzeugung erfunden. Nach der Beseitigung anfänglicher Probleme hat diese Maschine 1870 ihre Einsatzreife erreicht. Damit begann auch die Elektrifizierung Deutschlands. Der erste Strom wurde allerdings nur zur Beleuchtung verschiedener Einrichtungen verwendet. Zwar gilt Thomas Alva Edison als Erfinder der Glühlampe, er war es aber nicht. Er war lediglich so geschäftstüchtig, sie als Erster zum Patent anzumelden. Der Deutsche, Heinrich Göbel, hatte bereits 1854 eine funktionierende Glühlampe entwickelt. Deshalb gab es in Deutschland bereits erste elektrische Beleuchtungen, bevor Edisons Glühbirne zur Verfügung stand. So wurden zum Beispiel die Fabrikräume der Friedrich-Krupp-Werke in Essen bereits 1876 elektrisch beleuchtet. Darauf folgten ab 1878 in Berlin innerhalb eines Jahres die Beleuchtung des Postgebäudes, der Kaisergalerie und des Reichstags. Die erste öffentliche Straßenbeleuchtung wurde 1882 am Potsdamer Platz in Berlin mit 36 elektrischen Straßenlaternen eingeweiht.
Edison verklagt alle anderen Hersteller von Glühbirnen
Die Glühlampe von Edison hat sich allerdings durchgesetzt. Nicht etwa deshalb, weil sie besser war, sondern weil Edison alle anderen Hersteller wegen Verletzung seines Patentes verklagte. Die damit verbundenen Kosten konnte sich niemand leisten, sodass andere Hersteller ihre Produktion einstellten.
Jede Beleuchtungseinrichtung hat einen eigenen Generator
Ein Stromnetz wie man es heute kennt, gab es allerdings noch nicht. Deshalb hatte jede Einzelne dieser Beleuchtungseinrichtungen einen eigenen Generator. Diese Generatoren wurden entweder durch eine Dampfmaschine oder einen stationären Gasmotor angetrieben. Erste Kraftwerke entstanden ab 1883. Sie wurden meist von Gewerbebetrieben gebaut und versorgten mit dem produzierten Strom dann auch die umliegenden Gebäude.
Das erste öffentliche Kraftwerk
Zum ersten öffentlichen Kraftwerk in Deutschland gibt es unterschiedliche Angaben. So soll bereits 1882 ein Kraftwerk in Stuttgart insgesamt 30 Glühlampen mit Strom versorgt haben. In der Literatur wird allerdings meist das 1885 in Berlin in Betrieb genommene Kraftwerk als erstes öffentliches Kraftwerk erwähnt. Die Kraftwerke produzierten zu dieser Zeit ausschließlich Gleichstrom mit einer Spannung von 110 Volt, da nur damit Edisons Glühbirne betrieben werden konnte. Aufgrund der hohen Leitungsverluste war die Leitungslänge bei den ersten Kraftweken auf maximal 600 Meter begrenzt. Spätere Verbesserungen machten eine Entfernung von fast zwei Kilometern möglich. Deshalb mussten die Kraftwerke auch im Zentrum der Städte stehen. Ein Netz, in welches mehrere Kraftwerke gleichzeitig einspeisen konnten, gab es dabei allerdings nicht.
Siemens baut erste elektrische Straßenbahn
Bereits 1881 nahm Werner von Siemens im Berliner Vorort Groß-Lichterfelde die erste elektrische Straßenbahn in Betrieb. Die 2,5 Kilometer lange Strecke verbindet die Station Lichterfelde mit der Preußischen Hauptkadettenanstalt. Ab 1890 nahmen elektrische Straßenbahnen auch in anderen Städten den Betrieb auf.
Ende der 20er-Jahre sind 50 Prozent der Berliner Wohnungen elektrisch beleuchtet
Im Jahr 1914 verfügten 5 Prozent der Berliner Wohnungen über elektrische Beleuchtung und Ende der 20er Jahre waren es bereits mehr als 50 Prozent. Bereits 1933 hatten 70 Prozent aller Haushalte in Deutschland einen Stromanschluss und erstaunlicherweise waren Mitte der 30er-Jahre selbst auf dem Land bereits 90 Prozent aller Bauernhöfe an ein Stromnetz angeschlossen. Damit war Deutschland in einem Zeitraum von ca.40 Jahren weitgehend flächendeckend elektrifiziert.