Durchgesickertes EU-Dokument zur Gasversorgung

Russland hat bereits die Gaslieferungen an Polen und Bulgarien ausgesetzt, da sie sich weigerten mit Rubel zu bezahlen. Dasselbe droht auch allen europäischen Ländern. Die EU verlangt deshalb von den Ländern, Gas zu teilen, wenn Russland die Gasversorgung stoppt. Die spanische Zeitung El País hat jetzt den Inhalt eines durchgesickerten Dokuments veröffentlicht. Die wichtigsten Punkte haben wir hier zusammengefasst.


Brüssel befürchtet Unruhen, wenn private Haushalte zuerst rationiert werden

Die Europäische Kommission plant, am 18. Mai einen Energiesparplan zu genehmigen, um mit einer möglichen Unterbrechung der russischen Gasversorgung fertig zu werden. Brüssel warnt davor, dass ein Lieferstopp im Ernstfall fast alle EU-Partner treffen wird. Auch Länder, die andere Bezugsquellen hätten als Russland, müssten demnach ihr Gas mit den von der Kürzung betroffenen Ländern teilen. Darüber hinaus fordert Brüssel, die Energierationierung, zuerst bei der Industrie ansetzen. Brüssel befürchtet, dass es bei einer Rationierung bei privaten Haushalten in einigen Ländern zu Unruhen kommen könnte.

Unternehmen in einem Land mit einer noch funktionierenden Vollversorgung dürften aber innerhalb der EU keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Ländern haben, die von einer Limitierung betroffen sind.

Durchgesickertes EU-Dokument zur Gasversorgung. EU Staaten müssen sich laut EU-Verordnung gegenseitig mit Gas aushelfen.
Durchgesickertes EU-Dokument zur Gasversorgung. EU Staaten müssen sich laut EU-Verordnung gegenseitig mit Gas aushelfen.
Bild: European Parliament from EU, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Staaten können eigene Notfallpläne zur Gasversorgung einführen

Brüssel wird die seit 2017 geltende Versorgungssicherheitsverordnung nutzen, um Maßnahmen durchzusetzen, die die Versorgung geschützter Kunden, wie private Haushalte und soziale Einrichtungen in allen Ländern, mit ausreichend Gas gewährleisten. Jedes betroffene Land kann gemäß den Vorschriften auf nationaler Ebene den Notstand ausrufen und eigene Rationierungsregeln einführen. Darüber hinaus können sich Länder mit Versorgungsproblemen auf die in der Gemeinschaftsverordnung vorgesehene Solidaritätsklausel berufen. Diese Klausel ermöglicht es einzelnen Staaten ihre Nachbarstaaten dazu zu zwingen, ihren Gasbedarf grenzüberschreitend zu decken.


Wenn mehrere Staaten betroffen sind, will EU eingreifen

Es ist jedoch Sache der Europäischen Kommission, einen regionalen Notfall, wenn mehrere Länder betroffen sind, oder auf Ebene der gesamten Union auszurufen, wenn sich die Krise bei der Gasversorgung in mehreren Ländern der EU gleichzeitig ausbreitet

Im vorliegenden Dokument wird prognostiziert, dass bei vollständiger russischer Gassperre die in der Verordnung vorgesehenen Eindämmungsmaßnahmen in fast allen EU-Staaten ergriffen werden müssen. „In einigen, weil der Schnitt sie direkt betrifft. Und in anderen, weil sie gezwungen sein werden, den industriellen Verbrauch zu reduzieren, um den Nachbarn zu helfen“, wird darin gewarnt.

EU will Staaten zwingen, anderen Staaten bei der Gasversorgung auszuhelfen

Brüssel hat die Aufgabe, zu überprüfen, ob die Solidaritätsklausel korrekt angewendet wird. Dabei will die EU prüfen, inwieweit die einzelnen Länder ihrer Verpflichtungen zur Unterstützung der übrigen Gemeinschaftspartner nachkommen. Im Falle von Versorgungsproblemen seien die ersten Maßnahmen noch freiwillig. Der Verbrauch soll dann zuerst im Industriesektor reduziert werden. Allerdings können die Staaten im Notfall eine Rationierung oder Einstellung der Lieferungen verhängen. Und zwar sowohl, um die Nachfrage ihrer eigenen Kunden zu decken, als auch anderen Ländern zu helfen, die Nachfrage der gleichen Art von Kunden zu decken.


Stromerzeugung mit Gas erhält Vorrang vor Industrie

Darüber hinaus wird der Verwendung von Gas zur Stromerzeugung Vorrang eingeräumt. „Die Staaten fordern von uns einen koordinierten Plan, um gemeinsam und einheitlich zu entscheiden, welche Industrien von einer möglichen Rationierung betroffen sind, und um zu vermeiden, dass zwischen ihnen ein Wettbewerbsproblem entsteht“, betonen Quellen der Europäischen Kommission. Die Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wird voraussichtlich für gleiche Bedingungen sorgen. Die erste zu erwartende Einschränkung wäre, Länder zu zwingen, den Verbrauch zu drosseln. Dies würde dann eintreten, wenn die Nachfrage zur entsprechenden Jahreszeit über dem üblichen Durchschnitt liegt. Um dieses Knappheitsszenario zu vermeiden, hat die Europäische Union einen hektischen Wettlauf gestartet, um Alternativen zu ihrem bisherigen russischen Hauptenergielieferanten zu finden. Brüssel erkennt jedoch an, dass es kurzfristig praktisch unmöglich sei, das gesamte umfangreiche russische Angebot in diesem Jahr zu ersetzen. Dies gilt insbesondere auf dem Gasmarkt.

EU glaubt zwei Drittel russisches Gas ersetzen zu können

Von den 155.000 Millionen Kubikmetern, die jedes Jahr aus Russland ankommen, glaubt die Kommission, zwei Drittel ersetzen zu können. Damit würden etwa 50.000 Millionen Kubikmeter fehlen. Dies entspricht der Summe dem Jahresverbrauch von Rumänien, Ungarn, Österreich, Tschechien, der Slowakei, Estland, Lettland und Litauen zusammen. Und allein Deutschland benötigt jährlich etwa 90 Milliarden Kubikmeter. Die EU-Kommissarin für Energie, Kadri Simson, hat die 27 EU-Regierungen bereits aufgefordert, ihre Notfallpläne zu aktualisieren.


Brüssel rechnet mit Lieferstopps für weitere Länder

Polen mit einem Verbrauch von 20.000 Millionen Kubikmetern pro Jahr und Bulgarien mit 3.000 Millionen waren am 27. April die ersten beiden Länder, denen Putin das Gas abgestellt hat, weil sie sich weigerten, in russischer Währung zu zahlen. Dies könnte bald auch andere europäische Länder treffen. Brüssel vermutet, dass sich in den kommenden Wochen und Monaten weitere Länder auf die schwarze Liste des Kremls setzen könnten.

EU ruft private Haushalte zum Energiesparen auf

Die Pläne der Kommission enthalten auch Empfehlungen zur Begrenzung des privaten Verbrauchs. Auch dann, wenn die Anwendung und Kontrolle in der Verantwortung der nationalen oder lokalen Behörden liegt. In Deutschland und Italien wurden in den letzten Wochen immer wieder Rufe nach Einsparungen laut. Wirtschaftsminister Habeck hat hierzu bereits konkrete Vorschläge gemacht.

Zuletzt aktualisiert am Dezember 20, 2023 um 23:32 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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