Schweiz fürchtet rollierende Stromabschaltungen

In der Schweiz bereitet man sich auf sogenannte rollierende Stromabschaltungen im kommenden Winter vor. Die Unternehmen des Landes bezeichnen das Szenario als Albtraum, doch es könnte wirklich eintreten.


Was sind rollierende Stromabschaltungen?

In Deutschland und Österreich wird der mögliche Vorgang als kontrollierte Abschaltung oder kontrollierter Teil-Blackout für einzelne Städte oder gar Regionen bezeichnet. Er bedeutet, dass im Fall einer Unterversorgung mit Strom zugunsten der Netzstabilität an manchen Stellen des Landes der Strom vorsorglich, geplant und angekündigt stundenweise abgestellt wird. In der Schweiz macht man sich wie überall große Sorgen, dass es dazu kommen könnte.

In der Schweiz bereitet sich die Energieversorger auf sogenannte rollierende Stromabschaltungen im kommenden Winter vor
In der Schweiz bereitet sich die Energieversorger auf sogenannte rollierende Stromabschaltungen im kommenden Winter vor
Bild: Lalou0110, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Manager des Stahlunternehmens Swiss Steel äußerten gegenüber der NZZ, dass allein schon der Gedanke an Produktionsunterbrechungen sehr abschreckend wirke. Geschäftskunden des Konzerns würden demnach jetzt schon Hersteller meiden, für deren Standorte Stromabschaltungen mit nachfolgenden Produktionsunterbrechungen als möglich bis wahrscheinlich gelten. Wie Swiss Steel äußerte sich auch ein Vertreter des Familienunternehmens Baumann, das in Ermenswil Zulieferteile an die Automobilindustrie und medizintechnische Unternehmen liefert. Dort wurde sogar eine Task-Force gegründet, die bei Strom- und auch Gasabschaltungen tätig werden soll. Ähnliche Szenarien gab es schon zu Beginn der Coronapandemie, allerdings aus anderen Gründen. Damals ging es um den krankheitsbedingten Ausfall von Beschäftigten, nun geht es um die Energie. Die NZZ hat evaluiert, wie die Firmen mit der Situation umgehen. Ihre Redakteure leiten fünf Thesen aus ihren Erkenntnissen ab (NZZ, 13.08.2022).


Punkt 1: Erdgas lässt sich leichter als Strom ersetzen

Erdgas benötigen einige Unternehmen etwa der Chemiebranche auch als primären, schwer ersetzbaren Rohstoff, doch überwiegend dient es dem Heizen der Produktionshallen und Wirtschaftsgebäude. Das lässt sich auch mit alternativen Rohstoffen wie Öl oder noch besser Flüssiggas bewerkstelligen. Vielfach existiert hierfür sogar eine bereits vorhandene Infrastruktur (Kessel und Leitungen), die früher aus Kostengründen stillgelegt wurde, sich aber reaktivieren lässt. Manche Unternehmen müssten allerdings für eine Umrüstung Geld in die Hand nehmen, was kleinere Mittelständler durchaus überfordern könnte. Strom jedoch lässt sich nicht ersetzen. Seine Abschaltung hat unweigerliche Produktionsstillstände zur Folge.

Punkt 2: Rationierungen lassen sich besser als rollierende Abschaltungen verkraften

Die Unternehmen verweisen darauf, dass es für viele technische Anlagen einen großen Unterschied macht, ob sie mangels Strom komplett abgeschaltet oder im Zuge einer Stromrationierung nur in der Leistung stark reduziert werden. Das Ab- und Anfahren ist sehr zeit- und kostenaufwendig. Sie fordern daher, eher den Strom zu rationieren, als ihn rollierend komplett abzustellen. Bei einer Rationierung würden beispielsweise Lebensmittelhersteller ihre Kühlhäuser weiter betreiben, damit keine Ware verdirbt, aber die Produktion drosseln (zum Beispiel das Backen). Es gäbe weniger frische Lebensmittel, der Schaden aber hielte sich in Grenzen. Es gibt natürlich Branchen, die auch eine Drosselung des Stromverbrauchs hart treffen würde. Dazu gehören beispielsweise Zementwerke und die Chemieindustrie.


Punkt 3: Eine Mangellage von mehr als vier Wochen ist äußerst kritisch

Alle Unternehmen planen etwas im Voraus. Sie legen auch Lagerbestände für Vorprodukte an, mit denen sie kurzzeitige Lieferengpässe überbrücken können. Wenn ein Produzent aber länger als einen Monat ausfällt und die Vorprodukte nicht mehr liefern kann, bricht die gesamte Lieferkette zusammen. Die Folgen für die Gesamtwirtschaft könnten verheerend sein.

Punkt 4: Wetten auf einen glücklichen Ausgang sind gefährlich

Die derzeitige Notsituation, nämlich eine mögliche Mangellage bei Strom und Primärenergieträgern, ist für die Wirtschaft vollkommen neu. So etwas dürfte es in der Schweiz seit über 150 Jahren – also seit den Frühzeiten der Industrialisierung – nicht mehr gegeben haben. In anderen europäischen Staaten kennt man die Situation wahrscheinlich noch aus Zeiten der Weltkriege, doch auch das ist sehr lange her. Weil nun die Situation so außerordentlich ungewöhnlich ist, könnten manche Manager einfach hoffen, dass ihre Region von Rationierungen oder gar rollierende Stromabschaltungen verschont bleiben möge. Das ist ein ganz normaler psychologischer Abwehrmechanismus, der aber zu einer gefährlichen Wette auf einfaches Glück führt. Experten warnen davor. Die Unternehmen und auch private Verbraucher sollen sich stattdessen auf das Worst-Case-Szenario vorbereiten.


Punkt 5: Ausländische Standorte bieten Alternativen

Viele Firmen prüfen derzeit, inwieweit sie auf ausländische Standorte ausweichen können. Jeder Hersteller, der solche Standorte betreibt, wird überlegen, inwieweit er große Teile seiner Produktion dorthin verlagern kann – wenn am ausländischen Standort eine höhere Energiesicherheit zu erwarten ist. Dabei kommen sogar bevorzugt Standorte außerhalb Europas infrage, denn die gegenwärtige Energiekrise ist eine europäische Krise.

Fazit

Der Winter steht vor der Tür. Wie überall in Europa muss man auch in der Schweiz nun den Ernstfall ins Auge fassen.

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