Oberleitung-LKW – Teurer Irrweg auf Deutschlands Autobahnen

Lkw mit Oberleitung sollen Deutschlands Straßen grüner machen. In drei Bundesländern laufen Versuche dazu. Aber die ersten Ergebnisse sind ernüchternd (tagesschau: 07.08.23).


Oberleitung-Lkw auf der A5: Ambitioniertes Projekt oder reine Utopie

Die Autobahn 5 zwischen Frankfurt und Darmstadt ist sehr belebt. 400 Masten dort halten Oberleitungen über einige Spuren. Das Ziel? Testen, ob Elektro-Lkw wie Straßenbahnen Energie bekommen können. Tests laufen auch in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg, nämlich an der A1 zwischen Lübeck und Reinfeld sowie an der B462 im Murgtal bei Rastatt. Hybrid-Lkw mit Stromabnehmern sind dort unterwegs. Transportunternehmen nutzen diese Lkw im echten Betrieb. Wenn die Lkw an den Oberleitungen hängen, nutzen sie Elektrizität und ihre Batterie lädt auf. Außerhalb der Testzonen nutzen sie Batterien oder Diesel. Die Technische Universität Aachen hat ebenfalls Tests durchgeführt. Bei Siemens in Groß Dölln, Brandenburg, testeten sie verschiedene Elektro-Lkw-Modelle.

Erste Tests mit Oberleitung-LKWs enden ernüchternd. Von „Doppelt effizient“ zur Randnotiz: Wie Oberleitungslaster ins Abseits gerieten
Erste Tests mit Oberleitung-LKWs enden ernüchternd. Von „Doppelt effizient“ zur Randnotiz: Wie Oberleitungslaster ins Abseits gerieten
Bild: Photographs by Radosław Drożdżewski (User:Zwiadowca21), CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Technik-Tücken: Warum Hessens Elektro-Lkw-Projekt ins Stocken gerät

Der Hessische Rundfunk prüfte Akten von Behörden und sammelte Informationen. Es gab vorhersehbare Startschwierigkeiten, unerwartete Probleme und andauernde technische Hürden. Man musste die Isolatoren an den Masten austauschen. Daten von den Lkw zur Forschungsauswertung waren oft unzuverlässig. Die Pflege von Oberleitungen und Lkw ist kompliziert. Auf den Teststraßen nutzen die Lkw selten die Oberleitungen. Das GPS-System arbeitet nicht exakt, sodass die Stromabnehmer oft zu spät oder zu früh aktiviert werden. Nach Problemen mit der Streckenerweiterung, langen Überprüfungen und Kabelschäden durch einen Bagger gibt es nun keinen Strom auf der hessischen Route. In einer Richtung seit Beginn des Jahres, in der anderen seit April.


Lkw-Oberleitungen: Wirklich grün oder nur ein Mythos?

Auf einer 50 km Route nutzte ein Transportunternehmen täglich die gesamte 5 km lange Teststrecke in Hessen. TU Darmstadt-Forscher bemerkten 16 bis 21 Prozent weniger Treibhausgase über diese Route. Bei konstantem Gebrauch sind bis zu 22 Prozent Reduzierung machbar. Das klappt nur mit Ökostrom. Der Stromlieferant soll laut Autobahngesellschaft Ökostrom nutzen. Aber es gibt keine Beweise. Auch die Firma Entega AG zeigt nichts und betont, nichts dazu äußern zu dürfen. „Ökotest“ bemängelte bereits, dass Entega keine Belege für Ökostrom an Kunden zeigt.

Ob Oberleitungslaster wirtschaftlich sind, bleibt ungewiss. Laut einer Studie des Ökoinstituts sind diese Lkw aktuell teurer als Dieselfahrzeuge. Erst bei 4000 km elektrifizierter Autobahn könnten Hybridlaster günstiger fahren. Aber der Strompreis steigt, und die Baukosten von bis zu 16 Milliarden sowie jährliche Wartungskosten von 300 Millionen Euro sind nicht berücksichtigt. Nur wenige Lkw-Hersteller zeigen Interesse. VW-Tochter Scania lieferte bereits Laster für Schweden und beteiligte sich auch hier. Aber als die Teststrecken 2018 fertig waren, fehlten die Lkw.

Das Bundesumweltministerium hatte zu spät bestellt. Von 15 bestellten Fahrzeugen kamen der erste nach fünf Monaten und der Letzte im letzten Jahr. Jetzt sind noch fünf weitere Laster aktiv, zwei in Produktion. Diese Lkw hatten Probleme und kosteten den Staat 10 Millionen Euro. Die „Elektrostraßen“ erhielten Geld erst vom SPD-geführten Bundesumweltministerium, später vom grünen Wirtschafts- und Klimaministerium. Insgesamt kosteten die Versuche 191 Millionen Euro. Das Bundesverkehrsministerium ist kritisch und wollte nicht zahlen. Eine Studie warnte, dass ein umfassender Einsatz der Lkw zu Stromengpässen führen könnte.

Von „Doppelt effizient“ zur Randnotiz: Wie Oberleitungslaster ins Abseits gerieten

Das hessische Verkehrsministerium meinte vor sechs Jahren, Oberleitungslaster wären „doppelt so effizient“ wie Diesel-Lkw. Heute spricht man nur von Oberleitungen als „möglicher Bestandteil“ für umweltfreundlichen Gütertransport. Schleswig-Holstein fand den Bau und Betrieb der Teststrecke schwierig und störungsbehaftet. Baden-Württemberg wollte technische Grenzen ausloten und spricht von einem nicht perfekten Feldversuch. Ergebnisse sind unsicher, da die Lkw oft defekt waren und Daten nicht stimmten. Die Teststrecke in Baden-Württemberg geht nächstes Jahr weg. Das Landesverkehrsministerium plant nun, in einem „Innovationscluster“ verschiedene Lkw-Antriebe zu prüfen. Das Bundesverkehrsministerium, das sich auf Batterie und Wasserstoff konzentriert, leitet dies. Oberleitungslaster sind nur eine kleine Erwähnung wert.

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