In den letzten Jahren wurden in Deutschland erhebliche Summen in die energetische Sanierung von Gebäuden investiert, um den Energieverbrauch zu reduzieren und Klimaziele zu erreichen. Trotz der hochgesteckten Erwartungen im Rahmen der „Efficiency-First“-Strategie zeigen aktuelle Analysen, dass der Energieverbrauch kaum gesunken ist und die Kosten für weitere Einsparungen unverhältnismäßig hoch sind (investmentweek: 17.11.24).
Kritik am „Efficiency First“-Prinzip
Das Prinzip „Efficiency First“ priorisiert Maßnahmen zur Energieeinsparung vor anderen Strategien. Experten und Bauunternehmen kritisieren nun, dass dieses Konzept gescheitert sei. Seit 2010 wurden rund 545 Milliarden Euro in die energetische Sanierung investiert, dennoch stagniert der Wärmeverbrauch bei etwa 150 kWh/m² jährlich.
Die Sanierungsquote liegt bei lediglich 0,7 %. Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands der Wohnungswirtschaft, kommentierte: „Wir reiten ein totes Pferd.“
Steigende Kosten und sinkender Nutzen
Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass der Aufwand für jede eingesparte Kilowattstunde Wärmeenergie sich vervierfacht hat. Viele kosteneffiziente Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, sodass weitere Einsparungen nur mit erheblichen Investitionen möglich sind. Zudem steigt die sogenannte „graue Energie“ – der CO₂-Ausstoß durch Herstellung, Transport und Einbau neuer Baumaterialien. Dietmar Walberg von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen betont: „Man sollte Bauteile erst ersetzen, wenn sie kaputt sind.“
Herausforderungen im Neubau
Auch im Neubausektor gibt es Herausforderungen. Während die Politik weiterhin auf hohe Effizienzstandards drängt, fordern Experten realistischere Ansätze. Manfred Fisch, ehemaliger Professor für Gebäudeenergietechnik, argumentiert, dass moderne Wärmepumpen auch in unsanierten Gebäuden effizient arbeiten können, ohne dass teure Dämmmaßnahmen erforderlich sind.
Finanzielle Belastungen und Akzeptanzprobleme
Die hohen Kosten für energetische Sanierungen belasten sowohl private Eigentümer als auch kommunale Wohnungsunternehmen. Gedaschko warnt: „Das, was gemacht wird, kostet so viel, dass den Unternehmen die Liquidität ausgeht.“ Zudem sinkt die Akzeptanz in der Bevölkerung, da die finanziellen Belastungen oft nicht im Verhältnis zu den erzielten Einsparungen stehen.
Forderung nach einem Paradigmenwechsel
Angesichts dieser Herausforderungen fordern Experten einen Paradigmenwechsel: Weg von „Efficiency First“ hin zu pragmatischeren Strategien, die auf CO₂-arme Wärmeerzeugung fokussieren. Die Initiative „Praxispfad CO₂-Reduktion“ plädiert für Maßnahmen, die sowohl ökologisch sinnvoll als auch wirtschaftlich tragbar sind.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die bisherigen Strategien zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden nicht die gewünschten Erfolge gebracht haben. Es bedarf daher neuer Ansätze, die sowohl ökonomische als auch ökologische Aspekte berücksichtigen und die Akzeptanz in der Bevölkerung fördern.
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