Jetzt rollt die Pleitewelle an

In der Talk-Sendung „Maischberger“ wurde Wirtschaftsminister Habeck gefragt, ob er an eine Insolvenzwelle im Winter glaube. „Nein, tu ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erst mal aufhören zu produzieren“, war Habecks Antwort darauf (Bild: 07.09.22). Habecks Antwort zeigt zum einen, dass er nicht die geringsten betriebswirtschaftlichen Kenntnisse hat und zum anderen, dass er die Tatsachen ignoriert. Denn die Pleitewelle hatte zu diesem Zeitpunkt in Deutschland bereits begonnen und sie trifft viele unterschiedliche Branchen mit voller Wucht.


Zuerst Corona, dann die Gaskrise, die sich mittlerweile zu einer Stromkrise entwickelt hat und die damit verbundene bereits zweistellige Inflation, treibt Firmen aus unterschiedlichen Gründen in die Insolvenz. Hier ein paar Beispiele.

Toilettenpapierhersteller Hakle meldet Insolvenz an

Das mittelständische Unternehmen Hakle aus Düsseldorf hat ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Hakle begründet die drohende Zahlungsunfähigkeit mit den gestiegenen Energiekosten. Das Traditionsunternehmen stellt seit fast einhundert Jahren Toilettenpapier her. Während der Corona-Pandemie waren die Rollen stark gefragt. Doch jetzt kann die energieintensive Papierindustrie auch aufgrund der stark gestiegenen Rohstoff- und Logistikkosten nicht mehr kostendeckend produzieren. In der Stellungnahme des Unternehmens lautet es: „Die massiv gestiegenen Kosten für Material- und Energiebeschaffung sowie der Transporte konnten bislang nicht im zeitlich und wirtschaftlich hinreichenden Umfang an die Kunden im Lebensmitteleinzelhandel und den Drogeriesektor weitergegeben werden“ (FAZ: 05.09.22).

Die Pleitewelle nimmt Fahrt auf. Deutschland könnte in eine schwere und langanhaltende Rezession, mit Massenarbeitslosigkeit geraten.
Die Pleitewelle nimmt Fahrt auf. Deutschland könnte in eine schwere und langanhaltende Rezession, mit Massenarbeitslosigkeit geraten.
Bild: Ludwig Görtz GmbH, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Schuhhändler Görtz insolvent

Auch der Hamburger Schuhhändler Görtz hat einen Insolvenzantrag gestellt (Tagesschau. 06.09.22). Görtz nannte als Grund einen drastischen Einbruch bei den Verkaufszahlen. Görtz litt bereits unter der Corona-Pandemie an Umsatzeinbrüchen. Durch die Energiekrise halten sich jetzt viele Kunden zurück und sparen, um ihre Heizkosten im Winter bezahlen zu können.


Automobilzulieferer Dr. Schneider ist insolvent

Der Automobilzulieferer Dr. Schneider, aus dem Raum Kronach ist international, mit Werken in Deutschland, China, Polen, Spanien und den USA tätig. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 4000 Menschen, davon 1400 am Standort Kronach-Neuses (inFranken: 07.09.22).

Stahlwerke stellen Produktion ein

Der Stahlproduzent ArcelorMittal hat in seinen Stahlwerken in Hamburg und Bremen die Produktion eingestellt. Als Grund nennt ArclorMittal explizit die hohen Energiepreise.„Die hohen Kosten für Gas und Strom belasten unsere Wettbewerbsfähigkeit stark. Dazu kommt ab Oktober die geplante Gasumlage der Bundesregierung, die uns weiter belasten wird. „Als energieintensive Industrie sind wir davon extrem betroffen. Mit einer Verzehnfachung der Gas- und Strompreise, die wir innerhalb weniger Monate hinzunehmen hatten, sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig in einem Markt, der zu 25 % aus Importen versorgt wird. Wir sehen dringenden politischen Handlungsbedarf, um die Energiepreise umgehend in den Griff zu bekommen“ kommentiert Reiner Blaschek, CEO von ArcelorMittal Germany, die aktuelle Situation (Finanzmarktwelt: 02.09.22).


Energiekrise für Bäcker schlimmer als Corona-Pandemie

Gestiegene Rohstoffen und die stark gestiegenen Energiepreise machen Bäckerei-Betrieben massiv zu schaffen. Der finanzielle Druck war für viele bereits zu hoch und mussten deshalb schließen. Für die Bäckereien sei die Energiekrise mittlerweile schlimmer als die Corona-Pandemie, heißt es aus der Branche. „Wir haben das Problem als Kleinstbäcker, dass wir unsere Preise natürlich an die Rohstoff- und Energiepreise anpassen müssen, was natürlich den Kunden, wenn er auch bisschen knapper bei Kasse ist, auch belastet“, so ein betroffener Bäcker aus Heilbronn.

Die Pleitewelle nimmt Fahrt auf

Die Pleitewelle, an die Wirtschaftsminister Habeck nicht glaubt, hat längst begonnen und sie nimmt erst richtig Fahrt auf. Was wir jetzt sehen, ist nur die Spitze eines Eisbergs. Die gestiegenen Energiepreise betreffen alle Branchen, ob direkt, wie bei den Stahlwerken und Bäckereien, oder indirekt wie beim Schuhhändler Görtz. Wenn die Politik hier nicht gegensteuert, wird Deutschland in eine schwere und langanhaltende Rezession, mit Massenarbeitslosigkeit und massivem Wohlstandsverlust geraten.

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