Bundesbank: Wirtschaftsleistung sinkt, zweistellige Inflation im Herbst möglich

Die Bundesbank erkennt eine deutlich nachlassende Konjunktur. Die ergebe sich aus den Wirtschaftsdaten des dritten Quartals. Die Verbraucher müssen sich womöglich im Herbst auf zweistellige Inflationsraten einstellen (FAZ, 22.08.2022)


Zunehmende Eintrübung der Wirtschaftsaussichten

Die Aussichten trüben sich für die einheimische Wirtschaft nach einer Einschätzung der Bundesbank weiter ein und lassen eine signifikant sinkende Wirtschaftsleistung ab dem Beginn des Winterhalbjahres erwarten. Die Wahrscheinlichkeit hierfür sei inzwischen deutlich gestiegen, wie aus dem Monatsbericht der Bundesbank für August 2022 hervorgeht. Dieser wurde am 22. August veröffentlicht. Schon im Sommerquartal sei demnach die deutsche Wirtschaftsentwicklung durch die ungünstigen Entwicklungen bei den Energiepreisen, insbesondere am Gasmarkt, gestört worden. Dieser Trend werde sich aller Voraussicht nach im Herbst und Winter nicht nur fortsetzen, sondern sogar noch weiter verschärfen.

Zunehmende Eintrübung der Wirtschaftsaussichten. Stärkste Belastung durch die Gaspreise. Bundesbank erwartet zweistellige Inflation
Zunehmende Eintrübung der Wirtschaftsaussichten. Stärkste Belastung durch die Gaspreise. Bundesbank erwartet zweistellige Inflation
Bild: Torben, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Für die Monate Juli bis September 2022 sei demnach eine Stagnation zu erwarten, also ein Wirtschaftswachstum um die 0-Linie. Diese hatte nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes schon im zweiten Quartal begonnen. Die Statistiker errechneten für diesen Zeitraum bereits eine Stagnation des BIP (Bruttoinlandsprodukt) zum Vorquartal. Am 25. August wird das Statistische Bundesamt ausführliche Ergebnisse für die Monate April bis Juni 2022 veröffentlichen. Das Nullwachstum könnte nun im beginnenden Winterhalbjahr rezessive Züge (Negativwachstum) annehmen. Von einer echten Rezession sprechen Volkswirte allerdings erst bei einer negativen Entwicklung über mindestens zwei Quartale.


Stärkste Belastung durch die Gaspreise

Die exorbitant gestiegenen Gaspreise (temporär und versorgerabhängig um bis zu 2.000 % im Großhandel) und die gleichzeitige Unsicherheit bezüglich der generellen Gasversorgung stellen die stärksten Belastungen sowohl für Unternehmen als auch für private Verbraucher dar. Letztere müssen beispielsweise darüber nachdenken, wie sie im kommenden Winter heizen werden. Schon jetzt hat ein Run auf Heizlüfter und kleine Kaminöfen eingesetzt. Daher dürften auch in diesem Sektor die Preise steigen, und zwar nicht nur für die betreffenden Geräte und Anlagen, sondern vor allem für Strom und Brennstoff. Solche Preissteigerungen sind jetzt schon zu verzeichnen.

Kohlenbriketts und Brennholz haben sich jeweils um rund 100 bis 200 % verteuert (regional unterschiedlich), der Strompreis dürfte ebenfalls deutlich anziehen. Auch dies ist ein Inflationstreiber. Die Bundesbank geht daher inzwischen von einer inländischen Inflationsrate ab den Herbstmonaten im zweistelligen Bereich aus. Sie schätzt die mögliche Größenordnung auf ~10 %. Schon seit Monaten sind Preissprünge sowohl bei der Energie als auch bei Lebensmitteln zu verzeichnen. Sie sind direkte Folgen des Ukraine-Krieges.

Entlastende Entwicklungen

Bezüglich der Gesamtwirtschaft gibt es auch gegenläufige, entlastende Entwicklungen. So steigt der private Konsum nach dem Wegfall vieler Coronaeinschränkungen wieder an. Zudem entnimmt die Bundesbank den jüngsten Daten, dass sowohl die Industrie als auch der Außenhandel bislang den belastenden Faktoren weitgehend trotzen. Dies genüge aber nicht, um ein sinkendes BIP im jetzt kommenden Winterhalbjahr zu verhindern. Gegen ungünstigen Entwicklungen im Gasmarkt sei auch eine robuste Wirtschaft wie die deutsche nicht vollkommen gefeit. Allerdings bescheinigen die Bundesbanker auch den deutschen Staatsfinanzen eine nach wie vor gute Aufstellung. Diese könne nach Einschätzung der Lage sogar genügen, um die Konjunktur trotz der erwartbar ungünstigen Entwicklung stabilisieren zu können.

Für das kommende Jahr mahnt die Bundesbank die Einhaltung der Schuldenbremse an, die schon seit 2020 ausgesetzt worden war. Die Schuldenbremse werde nicht zur fiskalischen Vollbremsung führen und nicht die Wirtschaftsentwicklung abwürgen, so die Experten der Bundesbank. Seit 2009 ist die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert. Sie erlaubt dem Bund lediglich eine geringfügige Neuverschuldung. In den Jahren 2020 und 2021 nutzte der Bund allerdings bereits die bestehende Ausnahmeregelung, die Schuldenbremse in Notsituationen aufheben zu dürfen. Ursächlich waren in jenen Jahren die hohen Lasten durch die Coronapandemie. Im Jahr 2022 setzte sich die Notsituation mit folglich aufgehobener Schuldenbremse wegen des Ukrainekrieges, der nötigen Waffenlieferungen an das überfallene Land und der exorbitant gestiegenen Gaspreise durch die Lieferausfälle aus Russland fort.


Jüngste Einschätzung des Bundesbankpräsidenten zur Inflation

Mitte August 2022 hatte sich der Bundesbankpräsident Joachim Nagel zur aktuellen Inflation und seiner Einschätzung der künftigen Entwicklung geäußert. Demnach dürfte die durchschnittliche deutsche Inflationsrate im Jahr 2022 bei ~8 % liegen. Diese Zahl nannte Nagel aufgrund der für die EU geltenden HVPI-Berechnung. Er mahnte deshalb weitere Zinserhöhungen der EZB an. Auch schon vor rund 10 Tagen hatte der Bundesbankpräsident von zweistelligen Inflationsraten gesprochen, die im Herbst zu erwarten seien. Eine so hohe Inflation habe es in Deutschland zuletzt in den frühen 1950er Jahren gegeben.

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