Der Automobilzulieferer Preh in Bad Neustadt an der Saale sieht sich mit schwierigen Marktbedingungen konfrontiert. Das Unternehmen hat beschlossen, etwa 420 Arbeitsplätze abzubauen, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dieser Schritt betrifft alle Bereiche und Funktionen des Unternehmens und soll bis Ende 2024 umgesetzt werden.
Preh-CEO Zhengxin „Charlie“ Cai erklärt die Gründe für diese Entscheidung: „Preh ist nicht immun gegen die schwache gesamtwirtschaftliche Lage und den negativen Branchentrend. Bereits 2023 gab es erste Anzeichen für einen Umsatzrückgang. Leider hat sich der Abwärtstrend auch im ersten Quartal 2024 deutlich beschleunigt, insbesondere bei Komponenten für Elektrofahrzeuge“. (Preh, 12.06.2024)
Die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens leidet unter den im internationalen Vergleich hohen Kosten für Energie und Arbeit in Deutschland. Der Standort in Bad Neustadt erwirtschaftet seit fünf Jahren Verluste, was den Abbau von Arbeitsplätzen notwendig macht, um die finanzielle Situation zu verbessern.
Cai betont, dass das Unternehmen trotz der Krise an seinem Engagement für die E-Mobilität festhalten wird. Er ist zuversichtlich, dass Preh diese Branchenkrise überwinden und weiterhin ein führender Partner der Automobilhersteller bleiben wird.
IG Metall’s Bemühungen und Reaktion
Die IG Metall reagierte mit großer Enttäuschung und Unverständnis auf die Entscheidung von Preh, trotz intensiver, monatelanger Verhandlungen am geplanten Stellenabbau festzuhalten. Gewerkschaftssekretärin Nadine Knauff kritisierte die mangelnde Kompromissbereitschaft und fehlende Diskussionskultur des Managements. Die Gewerkschaft kündigte an, in den nächsten Tagen Widerstand gegen die kurzfristige Ankündigung zu organisieren.
Besonders alarmierend ist laut Betriebsrat, dass Preh keine Übernahme von Auszubildenden plant und ab 2025 keine Ausbildungsstellen mehr anbieten will. Dies wird als schwerer Schlag für die Zukunftsperspektiven junger Menschen in der Region gesehen.
Um gegen den Stellenabbau zu protestieren, bildeten rund 1.400 Beschäftigte eine Menschenkette unter dem Motto „Die Preh-Familie hält zusammen“. Die IG Metall fordert, Alternativen zum Arbeitsplatzabbau ernsthaft zu prüfen, wie beispielsweise Arbeitszeitreduzierung oder Kurzarbeit. (IG Metall Schweinfurt, 18.06.2024)
Die Gewerkschaft betont die Notwendigkeit einer aktiven und strategischen Industriepolitik für sichere Arbeitsplätze. Sie setzt sich für eine stärkere Förderung der E-Mobilität ein, um die Transformation in der Automobilindustrie zu unterstützen.
Die IG Metall Schweinfurt macht seit Monaten auf die kritische Situation für die Industriearbeit in der Region aufmerksam. Sie kündigt an, weiterhin entschlossen für die Zukunftsperspektiven der Beschäftigten einzutreten.
Sozialverträgliche Maßnahmen und Alternativen
Trotz der schwierigen Situation bemüht sich Preh, den Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. Das Unternehmen hat gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Konzept erarbeitet, das sowohl ein Freiwilligenprogramm als auch einen Sozialplan vorsieht.
Das Freiwilligenprogramm basiert auf dem Prinzip der doppelten Freiwilligkeit, bei dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden. Zusätzlich besteht für die betroffenen Mitarbeiter die Möglichkeit, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. In dieser erhalten sie umfassende Beratung, bei Bedarf Qualifizierungsmaßnahmen und Unterstützung bei Bewerbungsverfahren.
Ein wichtiger Aspekt des Sozialplans ist, dass die vereinbarten Abfindungen den Mitarbeitern in vollem Umfang erhalten bleiben. Preh hat zugesichert, ein umfangreiches Programm finanzieller Unterstützungsmaßnahmen zu leisten.
Anja Toumajian, Bereichsleiterin HR Global, betont: „Nach sehr intensiven Verhandlungen konnten wir jetzt einen für beide Seiten gangbaren Weg vereinbaren, um die wirtschaftlichen Nachteile für die ausscheidenden Mitarbeiter abzumildern“.
Trotz dieser Bemühungen bleibt die IG Metall kritisch. Gewerkschaftssekretärin Nadine Knauff äußert den Wunsch, dass Preh sich für neue Produkte öffnet, die nicht nur von der Elektromobilität abhängig sind, und dass die Beschäftigten mehr ihre Ideen einbringen können.
Der Betriebsratsvorsitzende Daniel Rossmann plädiert für alternative Lösungen wie Kurzarbeit oder Arbeitszeitabsenkungen zum Erhalt von Arbeitsplätzen. Er kritisiert, dass solche Optionen von Seiten des Arbeitgebers nicht zur Verfügung stehen.
Die IG Metall kündigte an, gemeinsam mit der Belegschaft weitere konkrete Ideen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten und diese dem Arbeitgeber in den weiteren Verhandlungen zu unterbreiten. Die Gewerkschaft betont die Notwendigkeit, ein robustes Konzept für die Zukunft aufzustellen, anstatt den Personalabbau schnellstmöglich abzuwickeln.
Die Situation bei Preh verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen die Automobilzulieferer in Bayern im Zuge der Transformation der Branche konfrontiert sind. Es bleibt abzuwarten, ob die sozialverträglichen Maßnahmen ausreichen werden, um die Auswirkungen des Stellenabbaus abzumildern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.
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