Deutschlands Stromnetze am Limit – Solar-Boom trifft auf viel zu schwache Infrastruktur

In Deutschland sind viele Stromleitungen nicht für große Mengen Solarstrom ausgelegt. Einige mittelgroße Solaranlagen bekommen deshalb teilweise keine Genehmigung für einen Netzanschluss mehr. Dieses Problem wächst. Einerseits verbrauchen Geräte wie Wärmepumpen oder Elektroauto-Ladestationen mehr Strom. Andererseits liefern private Solaranlagen ständig mehr Energie lokal. Das Ergebnis: Die Stromnetze, besonders die Leitungen zu den einzelnen Haushalten, kommen mit den großen Strommengen nicht mehr klar (ZDF: 18.07.23).


Explosionsartiger Anstieg: Solaranlagen-Anfragen überfordern deutsche Stromnetze

„Wir kämpfen inzwischen mit der Problematik, dass unsere Netze vielerorts an ihre Leistungsgrenze stoßen“, erklärt Martin Schreiber von der Thüringer Energie AG (TEAG). Besonders private Solaranlagen machen den Netzbetreibern zu schaffen. Laut Schreiber verdoppelt sich in Thüringen jährlich die Zahl der Anfragen für Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt. Ergebnis: Möchte jemand in Thüringen eine solche Anlage installieren, bedeutet das durchschnittlich sechs Monate Wartezeit. Erst dann weiß man, ob das lokale Netz die neue Anlage unterstützen kann.

Explosionsartiger Anstieg: Solaranlagen-Anfragen überfordern die deutschen Stromnetze. Erneuerbare Energien erfordern riesige Investitionen
Explosionsartiger Anstieg: Solaranlagen-Anfragen überfordern die deutschen Stromnetze. Erneuerbare Energien erfordern riesige Investitionen

„Es ist der Wahnsinn, was derzeit an Anträgen reinkommt“, kommentiert Detlef Fischer, Leiter des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft. Jeden Monat melden sich in Bayern bei den Netzbetreibern etwa 20.000 neue Solaranlagen. Kleinere Anlagen auf Dächern finden meistens Anschluss. Aber bei stärkeren Anlagen kann es hin und wieder zu Hürden kommen:

„Klar gibt es Fälle, in denen größere Anlagen nicht ans Netz gehen können. Dann wird der Netzbetreiber schauen, dass er sein Netz möglichst bald ausbaut.“


Stromnetze am Limit: Erneuerbare Energien erfordern riesige Investitionen

Die Bundesnetzagentur bestätigt die Schwierigkeit: „Ja, manchmal reicht die Kapazität einzelner Netzteile nicht aus, um den Strom aller Solaranlagen aufzunehmen“. Die Herausforderungen beim Stromnetz-Ausbau sind bereits enorm und steigen weiter, da erneuerbare Energien immer mehr zulegen.

Bis Ende 2024 müssen Netzbetreiber ihre Pläne zum Netzausbau vorweisen, so verlangt es der Gesetzgeber. Das ist eine riesige und teure Aufgabe. Die Thüringer TEAG-Gruppe gab letzten Jahres über 60 Millionen Euro für den Netzausbau aus. Dabei stehen sie vor Problemen wie fehlenden Fachkräften und steigenden Preisen. „Baufirmen und Dienstleister, die für uns arbeiten, sind komplett beschäftigt und können ohne geeignetes Personal nicht mehr bauen“, erläutert Martin Schreiber.

Für den Energiegiganten E.on ist der Ausbau ebenfalls herausfordernd. Bis 2030 sollen fast drei Millionen neue Solaranlagen und mindestens 2.000 Windkraftanlagen an E.on-Netze in Deutschland angeschlossen werden, so Marvin Macke, der Pressesprecher. Das bedeutet, dass die regionale Tochter Bayernwerk, bis 2030 so viele Umspannwerke bauen müsste, wie sie aktuell haben.

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