Deutschland bringt Staatsanleihen im Überfluss auf den Markt – das Inflationsrisiko steigt

Deutschland bringt derzeit große Mengen an Staatsanleihen auf den Markt, um Infrastruktur und Verteidigung zu finanzieren. Jahrzehntelang hielt sich der Bund mit neuen Schulden zurück – doch diese Phase endet abrupt. Der Sekundärmarkt füllt sich rasant mit Bundespapieren, nachdem das Grundgesetz Raum für neue Schulden geschaffen hat (berliner-zeitung: 18.06.25).


Staatsanleihen im Fokus der Finanzmärkte

Tammo Diemer von der Finanzagentur verweist auf die steigende Verfügbarkeit: „Die Knappheit an Bundesanleihen ist definitiv vorbei.“ Nur wenige Wertpapiere blieben knapp. Finanzwissenschaftler hingegen warnen: Mit der Schuldenausweitung wächst die Gefahr eines Inflationsschocks. Giacomo Corneo von der FU Berlin spricht von einer wahrscheinlichen Entwicklung, in der steigende Preise nicht mehr bekämpft, sondern gezielt zugelassen werden. So ließen sich Schulden schneller abbauen – wie bereits 2021 bis 2023 beobachtet.

Deutschland bringt massenweise Staatsanleihen auf den Markt – Experten warnen vor Inflation und dem Verlust des AAA-Ratings
Deutschland bringt massenweise Staatsanleihen auf den Markt – Experten warnen vor Inflation und dem Verlust des AAA-Ratings

Laut Corneo sanken in Italien die Schuldenstandquoten durch Inflation um 7,5 Prozentpunkte. Diese Dynamik könne nun auch Deutschland erfassen, besonders wenn andere Staaten wie die USA oder China ähnliche Pfade gehen. Die Versuchung wachse, Inflation als Mittel der Staatsentschuldung einzusetzen.

Folgen für Verbraucher und Euro-Stabilität

Der Anstieg der Staatsanleihen betrifft nicht nur institutionelle Anleger, sondern auch Verbraucher. Volker Brühl vom Center for Financial Studies warnt vor steigenden Kreditkosten: Die Kombination aus höheren Leitzinsen, Inflation und dem Ende der Anleihekäufe durch die EZB treibe die Finanzierungskosten des Staates in die Höhe. Im März erreichten sie ein Niveau wie zuletzt 1997 – ein kostspieliger Trend für Steuerzahler.

Zugleich verliert Deutschland durch die wachsende Schuldenlast an Reputation. Das AAA-Rating steht unter Druck. Ein Verlust dieser Top-Bonität würde nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Eurozone destabilisieren. Die Verflechtung von Staaten und Banken droht sich erneut zu verschärfen – mit gefährlichen Konsequenzen.

EU-Regeln ausgereizt – Vertrauen schwindet

Thomas Weck, Experte für öffentliches Recht, sieht in der Schuldenpolitik der Merz-Regierung eine bewusste Umgehung europäischer Vorgaben. Die Regierung strebe gezielt nach Ausnahmen und Übergangsregelungen. So solle mehr Spielraum für Kredite geschaffen werden, ohne die drei-Prozent-Grenze offiziell zu verletzen.

Die Reform der EU-Fiskalregeln 2024 erlaubt längere Anpassungsfristen. Doch ob das genügt, um das Vertrauen der Märkte zu sichern, bleibt fraglich. Strukturreformen und Investitionen gelten zwar als zentrale Bedingungen, doch konkrete Umsetzungen lassen auf sich warten. Statt Preisstabilität rückt offenbar die Finanzierung politischer Projekte in den Vordergrund.


Staatsanleihen als Risiko für ganz Europa

Mit der aktuellen Strategie droht Deutschland, seine Rolle als Stabilitätsanker zu verlieren. Die expansive Ausgabe neuer Staatsanleihen in Kombination mit wachsender Inflation untergräbt das Vertrauen in den Euro. Ohne klare Gegenmaßnahmen rückt eine finanzielle Schieflage für ganz Europa näher. Was als pragmatische Schuldenpolitik erscheint, könnte zum Brandbeschleuniger einer neuen Krise werden.

Lesen Sie auch:

Nach oben scrollen