Laut einer Umfrage des BDI verlagert fast jeder sechste Betrieb in der deutschen Industrie seine Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland. Die Unternehmen führen dies unter anderem auf hohe Energie- und Arbeitskosten zurück, die sie belasten (Wiwo: 05.06.23).
Industrie-Lobby schlägt Alarm: Unternehmen in Deutschland verlagern Produktion ins Ausland
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, warnte vor den hohen Kosten und forderte weitere Entlastungen von der Politik. Laut einer Blitzumfrage im industriellen Mittelstand ziehen bereits 16 Prozent der befragten Unternehmen Teile ihrer Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland. Weitere 30 Prozent denken ernsthaft darüber nach. Um mehr Investitionen zu ermöglichen, benötigt die Industrie einen spürbaren Abbau von Bürokratie und gezielte Steuersenkungen.
Die Preise für Energie und Rohstoffe haben sich im Vergleich zum Vorjahr zwar etwas entspannt, bleiben aber eine der drängendsten Herausforderungen für fast zwei Drittel der befragten Unternehmen. Laut Russwurm muss der Industriestrompreis dringend auf ein wettbewerbsfähiges Niveau sinken, da sonst die industrielle Transformation gefährdet sei.
Der BDI erwartet von der Bundesregierung ein konkret umsetzbares Konzept, das eine dauerhaft sichere Energieversorgung zu international wettbewerbsfähigen Kosten gewährleistet.
Deindustrialisierung in Deutschland: Politiker verharmlosen, doch Unternehmen schlagen Alarm
Spitzenpolitiker wie Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz verharmlosen das Thema Deindustrialisierung. Habeck bezeichnet es als bloßes Schlagwort, das der Realität nicht gerecht werde. Scholz sieht in den Warnungen vor Deindustrialisierung nur Panikmache. Doch die Einschätzungen der Politiker stehen im Widerspruch zu dem, was in vielen Industrieunternehmen tatsächlich geschieht.
Das ifo-Institut stellte kürzlich fest, dass aufgrund des Umstiegs auf E-Mobilität industrielle Strukturen in der Autoindustrie verloren gehen. Eine Befragung von 120 Managern, die für die Lieferketten in Industrieunternehmen verantwortlich sind, bestätigt nun das generelle Problem. 52 Prozent der Unternehmen sehen die Attraktivität des Standorts Deutschland in Gefahr. 45 Prozent schätzen die Gefahr der Deindustrialisierung in Deutschland als groß oder sehr groß ein.
Industrieunternehmen in Not – Nordamerika und Osteuropa als Top-Investitionsziele
Die Ergebnisse der Befragung, zeigen, wie die Industrie auf hohe Energie- und Rohstoffpreise, steigende Bürokratie und den Mangel an Fachkräften reagiert. Zudem wird deutlich, in welchen Ländern die Unternehmen investieren wollen.
Die Unzufriedenheit der Manager hat verschiedene Gründe. Laut der Befragung belastet vor allem die Energiepolitik die Industrieunternehmen. Aber auch der Mangel an Fachkräften, umfangreiche Regulierungen wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und Tarifabschlüsse bereiten den Managern Sorgen.
Florian Ploner, Berater bei Deloitte und Autor der Studie, kommt zu dem Schluss, dass die anhaltenden Belastungen der Unternehmen, insbesondere durch hohe Preise, Inflation und vor allem in Deutschland durch hohe Energiepreise, ein Risiko für den Standort darstellen.
Im Zuge dieser Entwicklung orientieren sich viele Unternehmen in andere Regionen. Nordamerika ist dabei das attraktivste Ziel für Investitionen (56 Prozent), gefolgt von Osteuropa (46 Prozent), Südostasien (29 Prozent) und Indien (21 Prozent).
Laut der Studie werden die USA, Polen, Vietnam, Indien und Brasilien am häufigsten als Ziel für Standortverlagerungen genannt. Geringere Regulierungen und Energiesicherheit (in Nordamerika), niedrige Arbeitskosten und gute Infrastruktur (in Osteuropa) sowie Kostenvorteile bei der Produktion (in Südostasien) spielen dabei eine entscheidende Rolle.
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