Die Solarindustrie in Deutschland steht vor dem Kollaps: Der Dresdener Solarzellenhersteller Solarwatt hat die Produktion eingestellt. Damit droht der deutsche Solarmarkt nach 30 Jahren zu zerbrechen. 190 Mitarbeiter sind betroffen, die auf einer Betriebsversammlung über die Schließung informiert wurden (handelsblatt: 29.04.24). „Der Betrieb einer Produktion in Deutschland ist unter den aktuellen Umständen wirtschaftlich extrem schwierig“, erklärt Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus im Gespräch mit dem Handelsblatt. Die Schließung sei emotional, dennoch sieht Neuhaus kaum Chancen für eine Wiedereröffnung: „Wir als Industriestandort lassen eine Zukunftstechnologie zum zweiten Mal den Bach runtergehen.“
Kampf ums Überleben: Deutsche Solarindustrie ohne Hilfe – Preiskrieg mit China eskaliert
Monatelang hatten Hersteller um Hilfen gebeten. Dennoch verabschiedete der Bundestag am Freitag das „Solarpaket I“ ohne Unterstützung für die Branche. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck äußerte Enttäuschung: „Ein Resilienzbonus hätte die Preisdifferenz zu chinesischen Modulen reduziert und die Unternehmen im Markt gehalten.“
Doch die Diskussion um Hilfen für die Solarindustrie blieb ergebnislos, besonders aufgrund des Widerstands der FDP. Die Branche gerät zunehmend unter Druck durch Billigmodule aus China, was zu einem Preisverfall auf dem Solarmarkt führte. Innerhalb eines Jahres fiel der Preis pro Watt Peak von 30 Cent auf 13 Cent. Auch in Europa leiden Hersteller unter der Konkurrenz: „Der Markt ist in Turbulenzen“, beobachtet Jens Südekum von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Auch der größte noch verbliebene europäische Solarhersteller Meyer Burger hat die Produktion im sächsischen Freiberg eingestellt.
Rettungsversuche in Europa: Während deutsche Solarindustrie untergeht, planen Frankreich und Italien Aufschwung
Nicht nur deutsche Unternehmen sind betroffen. Der österreichische PV-Produzent Energetica ist insolvent, der Waferhersteller Norwegian Crystals musste Insolvenz anmelden, und auch Norsun hat die Produktion eingestellt. Dennoch gibt es Bestrebungen, die europäische Solarindustrie zu retten: In Italien und Frankreich werden große Initiativen zum Aufbau europäischer Modulproduktion gestartet. Der französische Konzern Carbon plant eine 20-Gigawatt-Produktion bis 2030. In Deutschland hingegen fehlt staatliche Unterstützung, und das Verständnis der verbliebenen Hersteller schwindet. „Die Modulproduktion ist das, wo wir herkommen, das ist auch ein Stück weit Identität“, sagt Solarwatt-Chef Neuhaus.
Die deutsche Solarindustrie scheint nach ihrem Comeback vor vier Jahren erneut am Ende zu stehen. Der Markt hat sich in den letzten 20 Jahren stark gewandelt. Der Mangel an politischer Unterstützung hat die Rückkehr zu alten Zeiten erschwert, und die Bundesregierung hat deutlich gemacht, dass es keine Hilfen mehr für die deutsche Solarindustrie geben wird.
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