Der wachsende Bedarf an seltenen Metallen treibt die erneuerbaren Energien voran. Unternehmen und Länder erwägen daher den Abbau in der Tiefsee. Sie tun dies trotz unvollständiger Informationen über die weitreichenden Folgen. Ein wichtiges Treffen der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) fand dazu in Kingston, Jamaika, statt. Dort treffen sich Delegierte aus der ganzen Welt. Die ISA wurde vor drei Jahrzehnten ins Leben gerufen. Sie folgte der UN-Seerechtskonvention. Ihr Hauptziel ist es, den Meeresboden zu bewahren. Dieser erstreckt sich über etwa die Hälfte aller Ozeane weltweit. Es besteht ein akuter Bedarf an Metallen wie Kobalt, Mangan und Nickel. Diese sind unerlässlich für Technologien, die den CO₂-Ausstoß minimieren, zum Beispiel für Batteriespeicher. Das Treffen konzentrierte sich darauf, Richtlinien für den Abbau dieser Metalle zu entwickeln (nature: 26.03.24).
Kampf um den Meeresboden: Das Hochrisiko-Rennen um Tiefsee-Mineralien eskaliert
Das Treffen endete am 29. März. Forscher äußerten zunehmend Bedenken, dass die Eile bei der Formulierung der abschließenden Regelungen den notwendigen umfassenden Bewertungen entgegensteht.
Vor allem China, Indien, Japan und Südkorea drängen auf eine beschleunigte Nutzung der Tiefsee-Mineralien, während Teile der Bergbauindustrie einen Start des Abbaus im nächsten Jahr anstreben.
China dominiert nicht nur die globale Versorgung mit kritischen Mineralien, sondern besitzt auch die meisten Erkundungslizenzen für den Meeresboden, die allerdings noch keine kommerzielle Nutzung zulassen. The Metals Company, mit Sitz in Vancouver, Kanada, plant, gegen Ende Juli einen Antrag auf eine kommerzielle Abbau-Genehmigung zu stellen. Die Gründe für diese Hast sind fragwürdig, da über das Tiefsee-Ökosystem, einschließlich seiner Biodiversität und Wechselwirkungen mit anderen Ökosystemen, zu wenig bekannt ist. Ohne langfristige Studienergebnisse sollten die bereitstehenden, riesigen Unterwasserbagger und Bohrer nicht in Betrieb genommen werden. Experten betonen gegenüber Nature, der Entwurf sei noch nicht ausgereift, wichtige Prüfungen würden übersprungen. Ungeklärte Fragen, wie das akzeptable Maß an Umweltschäden und die Vergütungen an die ISA für die Mineralienförderung, bleiben bestehen.
Regelwerk unter der Lupe
Kürzlich veröffentlichte die ISA einen neuen Entwurf ihrer Bergbauregeln, der 225 Seiten umfasst und bei Forschenden sowie Naturschutzgruppen Alarm auslöst. Im Gegensatz zu vorherigen Versionen beschleunigt dieser Entwurf die Vergabe kommerzieller Genehmigungen und schwächt den Umweltschutz ab.
Alarmierend ist zudem, dass einige Änderungen im neuesten Entwurf nicht durch die üblichen eckigen Klammern gekennzeichnet sind. Diese markieren in internationalen Verhandlungen üblicherweise noch nicht abgestimmte Formulierungen. Auch fehlt die Nennung der Quellen für manche Änderungen.
Eine frühere Fassung des Textes schlug Schutzmaßnahmen für seltene oder fragile Ökosysteme vor, die im aktuellen Entwurf jedoch fehlen. Des Weiteren wurde vorgeschlagen, Entscheidungen über Abbauanträge innerhalb von 30 Tagen zu treffen, anstatt auf die halbjährlichen Treffen der ISA zu warten – ein Vorschlag, der nun im Entwurf enthalten ist und in der Branche Unterstützung findet.
Änderungsvorschläge sind ein normaler Bestandteil von Verhandlungen, doch die fehlende Transparenz bezüglich der Urheber ist problematisch. Dies schadet dem Vertrauen und erschwert eine Einigung, mit der alle Seiten zufrieden sind.
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