Volkswagen hat sein Werk in der chinesischen Region Xinjiang veräußert. Der Verkauf erfolgt inmitten anhaltender Kritik an der Präsenz des deutschen Automobilherstellers in einer Region, die für Menschenrechtsverletzungen bekannt ist. Laut VW liegen die Gründe für den Schritt primär in wirtschaftlichen Überlegungen. Der Standort wurde bisher gemeinsam mit dem chinesischen Partner SAIC betrieben, der mehrheitlich staatlich kontrolliert wird (ft: 27.11.24).
Druck durch Menschenrechtsfragen und wirtschaftliche Herausforderungen
Der Automobilhersteller sah sich jahrelang mit Forderungen von Investoren und Menschenrechtsorganisationen konfrontiert, Xinjiang zu verlassen. Berichte über Zwangsarbeit und Internierungen der muslimischen Minderheit der Uiguren sorgten für internationale Schlagzeilen. Peking weist diese Vorwürfe jedoch zurück.
Intern betonten VW-Manager, dass ein thematisches Aufgreifen der Problematik das Verhältnis zu SAIC, einem wichtigen Partner in China, gefährden könnte.
Schrumpfender Marktanteil und wachsender Wettbewerb
China bleibt zwar Volkswagens größter Absatzmarkt, doch der Anteil der Hauptmarke hat sich innerhalb von fünf Jahren auf 12 Prozent halbiert. Diese Entwicklung trug auch zur Schließung mehrerer Werke in Deutschland bei, was zehntausende Arbeitsplätze bedroht. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerb durch chinesische Konkurrenten wie BYD zu, die ihren Fokus auf den europäischen Markt verlagern. Der neue Betreiber des Standorts, Shanghai Motor Vehicle Inspection Certification, gehört zur Shanghai Lingang Development Group.
SAIC, Volkswagens größter Partner in China, zeigte sich zunächst gegen den Verkauf des Werks. Doch der wachsende Druck, international konkurrenzfähig zu bleiben, führte zu einem Umdenken. Marken wie MG, ein Tochterunternehmen von SAIC, sind mittlerweile führende Autoexporteure Chinas in Europa. Experten sehen in der Trennung vom Werk in Xinjiang auch einen strategischen Schritt, um mögliche Umsatzeinbußen in Europa zu vermeiden.
Kontroverse Audits und verspätete Entscheidungen
Volkswagen versuchte über Jahre, seine Präsenz in Xinjiang zu rechtfertigen. Neben der 2013 errichteten Produktionsstätte in Urumqi betrieb der Konzern auch eine Teststrecke in Turpan. Ein Audit sollte Vorwürfe über Zwangsarbeit ausräumen. Doch eine Untersuchung der Financial Times kam zu dem Schluss, dass die Prüfung internationale Standards nicht erfüllte und Widersprüche enthielt.
Janne Werning von Union Investment bezeichnete den Rückzug als „längst überfälligen Schritt“, kritisierte jedoch weiterhin die Unternehmensführung von VW. Shaun Rein, Experte für den chinesischen Markt, hält eine Konsumentenboykott für unwahrscheinlich. Im Gegensatz zu Marken wie H&M und Adidas, die ähnliche Vorwürfe trafen, sieht er die Reaktion der chinesischen Regierung und Verbraucher als zurückhaltender. Laut Rein möchte Peking weiterhin Investitionen deutscher Unternehmen fördern und die Schließung nicht unnötig thematisieren.
Die Zukunft des Werks liegt nun in den Händen des neuen Betreibers. Für Volkswagen bleibt die Entscheidung ein Signal, sich stärker auf die Einhaltung internationaler Standards und die Optimierung seiner Marktstrategie zu konzentrieren.
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