Der renommierte Wirtschaftsexperte Daniel Stelter gibt zu bedenken: Unternehmen lassen sich nicht durch Subventionen in einem Land halten. Er ist der Ansicht, dass die Ansiedlung von Intel in Magdeburg nicht genug ist, um den Trend zu ändern. Stelter teilt seine besorgniserregenden Gedanken in einem YouTube-Video. In einem Gespräch mit einer Anlageplattform vertritt er die Meinung, Deutschland könnte das „Armenhaus Europas“ der Zukunft sein (Focus: 14.077.23). Früher hat er als Berater für die Boston Consulting Group (BCG) gearbeitet.
Top-Ökonom Stelter warnt: Unternehmen fliehen vor hohen Energiekosten ins Ausland
Seiner Meinung nach verlassen immer mehr große Unternehmen und ganze Industriezweige Deutschland. Diese Entwicklung wird sich seiner Ansicht nach fortsetzen. Besonders kritisch sieht er den Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, einen „Industriestrompreis“ einzuführen.
Daniel Stelter meint, nur Unternehmen, die Subventionen brauchen, bleiben in Deutschland. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Idee, einen speziellen Strompreis zu schaffen. Mit diesem niedrigeren Preis möchte er die Ausgaben für Unternehmen, die viel Energie brauchen, kleiner machen. Er hofft, dass dadurch Unternehmen nicht mehr wegen hoher Energiekosten weggehen.
Aber Stelter glaubt nicht, dass das eine gute Lösung ist. Seiner Meinung nach kann man auf lange Sicht nicht durch Subventionen verstecken, dass Deutschland im Vergleich zu Orten wie den USA nicht mehr mithalten kann. Das gilt sogar für sogenannten „grünen Stahl“. Das ist Stahl, der mit Wasserstoff gemacht ist.
Stelter denkt, dass Hersteller von grünem Stahl nur in Deutschland bleiben, wenn sie die Subventionen brauchen. Wenn ein Unternehmen um seine Existenz kämpft, lässt es sich gern vom deutschen Staat Geld geben, um arbeiten zu können. Aber ein Unternehmen, das ohne Subventionen leben kann, geht lieber dort hin, wo die Energie von selbst billig ist.
Zehn Milliarden Euro für Intel: Ein Triumph oder eine Falle für Deutschland?
Daniel Stelter ist nicht überzeugt, dass die Intel-Chipfabrik in Magdeburg ein Triumph ist, obwohl sowohl die Bundesregierung als auch das Land Sachsen-Anhalt das so sehen. Er meint, dass es viel zu teuer ist. Für die Fabrik gab es zehn Milliarden Euro Unterstützung. Das bedeutet, dass jeder neue Arbeitsplatz drei Millionen Euro kostet.
Stelter kann verstehen, warum man Halbleiter selbst herstellen möchte. Aber er glaubt nicht, dass diese Produktion Deutschland wirklich hilft. Es gibt keine Regel, dass die hier gemachten Chips nicht verkauft werden dürfen. Sie gehen also immer noch überall hin und helfen nicht unbedingt, wenn Europa zu wenig hat.
Stelter meint, es wäre besser gewesen, das Geld für Bildung und Infrastruktur auszugeben. Wenn wir nichts an den hohen Energiekosten, den Steuern, der Bildung, der Infrastruktur und der Bürokratie ändern, gehen immer mehr Unternehmen weg. Er glaubt, dass Deutschland dann arm wird.
Deutschlands Investitionsflaute: Steuert die Wirtschaft auf eine Krise zu?
Laut dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) könnte Deutschland im Bereich der Investitionen hinten liegen bleiben. Hierzu zählen Gelder, die in Maschinen, Gebäude und Technologie fließen. Bis Ende 2024 könnte es nur ein Wachstum von 2,2 Prozent geben, verglichen mit 2019, dem letzten normalen Jahr vor Corona und dem Krieg in der Ukraine. Großbritannien und die USA werden dagegen voraussichtlich um 7,2 bzw. 3,7 Prozent zulegen. Sogar Japan, das genauso viele alte Menschen hat wie Deutschland, macht mit 4,2 Prozent mehr Fortschritte.
Klaus-Jürgen Gern, der Chef der Forschungsabteilung „Weltkonjunktur“ beim IfW, warnt: „Deutschland droht in eine andauernde Investitionsschwäche zu laufen“.
Matthias Geissbühler, der Chef des Anlagegeschäfts bei Raiffeisen Schweiz, hat auch Bedenken über die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Er meint, dass Deutschland in einer Rezession steckt und dass die Wirtschaft auch dieses Jahr kleiner werden könnte.
Hohe Inflation und hohe Energiekosten führen dazu, dass Firmen und Familien ihr Geld nicht ausgeben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man das an der Arbeitslosigkeit und der Kurzarbeit sieht. Das würde die Nachfrage noch weiter senken.
Geissbühler rät Anlegern, ihr Geld auf viele verschiedene Sachen zu verteilen. Er findet Edelmetalle, Immobilienfonds aus der Schweiz und Aktien aus den Bereichen Lebensmittel, Gesundheit oder Konsumgüter gut. Es ist auch wichtig, dass die Firmen eine gute Bilanz haben und in Krisen gut da stehen. Aber er findet, dass man keine Hochzinsanlagen machen sollte, weil die Zinsen die Risiken einer Rezession nicht genug ausgleichen.
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