Stromnetz am Limit – BMW-Chef Zipse und Wirtschaftsministerin Reiche warnen vor Kollaps

Deutschlands Stromnetz gerät an sein Limit – und das schneller als viele glauben. BMW-Chef Oliver Zipse warnt vor einem gefährlichen Irrtum: Die Politik treibt die Elektromobilität voran, ohne die nötige Infrastruktur zu schaffen. Wenn der Stromverbrauch steigt, aber das Netz nicht mithält, droht ein Versorgungsdesaster. Auch Wirtschaftsministerin Katherina Reiche fordert einen Kurswechsel. Ohne eine tragfähige Netzstrategie bleibt die Energiewende Stückwerk (bild: 19.07.25).


Mobilitätspläne sprengen das Limit des Stromnetzes

„Ich fürchte, dass wir glauben, wir in Deutschland könnten in zehn Jahren jedes neue Auto mit Strom laden. Aber das ist unmöglich.“ Mit dieser Aussage macht Zipse die Dimension des Problems deutlich. Ab 2035 sollen nur noch E-Autos neu auf den Markt kommen. Doch das deutsche Stromnetz könne diese Last nicht tragen. Laut Zipse brauche es 30 bis 40 Jahre, um die Netze fit für eine vollelektrische Fahrzeugflotte zu machen.

Am Limit - „Um das Stromnetz für 100 % E-Autos fit zu machen, brauchen wir 30–40 Jahre“, warnt Zipse. Kosten werden völlig unterschätzt
Am Limit – „Um das Stromnetz für 100 % E-Autos fit zu machen, brauchen wir 30–40 Jahre“, warnt Zipse. Kosten werden völlig unterschätzt

Noch schwerer wiegt die finanzielle Dimension: Die notwendigen Investitionen für diese Umstellung stehen bisher in keinem realistischen Haushaltsplan. Politik und Versorger unterschätzen die Komplexität ebenso wie die Kosten. Zipse warnt: Ohne ehrliche Einschätzung droht ein Stromkollaps mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Verbraucher.

Stromnachfrage explodiert – Netzausbau hinkt hinterher

Der Strombedarf steigt schon jetzt spürbar. 2023 lag der Verbrauch bei rund 464 Terawattstunden. In fünf Jahren könnten es 670 Terawattstunden sein – fast 45 Prozent mehr. Bis 2035 gilt ein Anstieg auf bis zu 1000 Terawattstunden als möglich. Gründe dafür sind unter anderem der massive Ausbau von Rechenzentren, Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen.

Katherina Reiche, CDU-Ministerin und frühere Geschäftsführerin beim Netzbetreiber Westenergie, fordert, die Ausbauplanung endlich an den tatsächlichen Bedarf anzupassen. „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss sich viel stärker am Ausbau des Stromnetzes orientieren.“ Andernfalls drohten explodierende Kosten und instabile Versorgungslagen.

Gaskraftwerke sollen Versorgungslücken schließen

Um auf wetterbedingte Schwankungen bei Wind und Sonne reagieren zu können, setzt Reiche auf Gaskraftwerke als flexible Reserve. Diese sollen während sogenannter Dunkelflauten einspringen – also in Zeiten ohne ausreichende Erzeugung durch Wind und Solar. Solche Phasen könnten sich über mehrere Wochen erstrecken. Dennoch müsse die Versorgung jederzeit stabil bleiben. Erste Ausschreibungen sind für dieses Jahr geplant – trotz Kritik aus Teilen der Koalition.

Industrievertreter wie BDI-Vize Holger Lösch unterstützen Reiches Position. Die bisherigen Pläne seien zu teuer und zu wenig an der Realität ausgerichtet. „Die bisher extrem ambitionierte und teure Planung der Energiewende muss stärker an realen Nachfrage- und Kostenentwicklungen ausgerichtet werden.“


Ohne Netz kein Fortschritt – das Limit ist erreicht

Zipse bringt es auf den Punkt: Die Mobilitätswende lässt sich nicht mit Wunschdenken umsetzen. Ohne stabile Netze funktioniert kein flächendeckendes Laden von Elektroautos. Millionen neuer Stromabnehmer treffen auf ein Netz, das schon jetzt an seine Grenzen stößt. Das Limit ist längst erreicht – und ein Umdenken dringend nötig.

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