Markus Söder verabschiedet sich zunehmend von der Idee eigener deutscher Atomkraftwerke. Stattdessen rückt eine internationale Zusammenarbeit in den Fokus. Der bayerische Ministerpräsident plant Besuche in Polen und Tschechien. Dabei trifft er in Warschau den polnischen Regierungschef Donald Tusk und den tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala in Prag. Hauptziel ist die Bildung einer Kernenergie-Partnerschaft für den Import von kostengünstigem Atomstrom aus Tschechien (merkur: 09.12.24).
Ausbau der Osteuropa-Strategie als Schwerpunkt
Söder betont die Bedeutung der strategischen Zusammenarbeit mit Osteuropa. „Es geht um den Ausbau unserer Osteuropa-Strategie“, erklärt er. In Prag stehen bilaterale Gespräche sowie ein Besuch des Weihnachtsmarktes an. „Im Mittelpunkt steht die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Tschechien“, sagt Söder. Ein weiteres zentrales Thema ist die Kernenergie. Eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit im Bereich Atomstrom soll unterzeichnet werden.
Ziel dieser Partnerschaft ist die langfristige Sicherung der Energieversorgung in Bayern. „Wir wollen tschechische Kernkraft nutzen, um unser Netz zu stabilisieren“, erläutert Söder. Eine privilegierte Abnahme von Atomstrom könnte dabei helfen, Engpässe zu vermeiden. Zudem bietet Bayern technologische Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit an. Eine Win-Win-Situation, so Söders Vision.
CO₂-freier Strom oder gefährliche Abhängigkeit?
Söder sieht in der Zusammenarbeit mit Tschechien eine Möglichkeit, sauberen Strom nach Bayern zu holen. „Wir liefern unser Know-how und sichern im Gegenzug CO₂-freien Strom“, betont er. Gleichzeitig räumt er ein, dass noch viele Fragen offen sind. Ein Dialog über konkrete Schritte soll jetzt beginnen.
Während in Deutschland kaum noch Hoffnung auf neue Atomkraftwerke besteht, plant Tschechien den Bau neuer Reaktoren. Zwei große Anlagen sollen ab 2029 entstehen, zusätzlich zu modularen Kleinreaktoren.
Diese Pläne stoßen auf scharfe Kritik vonseiten der Grünen. Martin Stümpfig, Energieexperte der Grünen im Landtag, hält die tschechischen Vorhaben für „hochgefährlich und finanziell unsinnig“. Seiner Meinung nach setzt Söder die Sicherheit der bayerischen Bevölkerung aufs Spiel. „Anstatt erneuerbare Energien zu fördern, unterstützt Söder riskante Atomprojekte“, kritisiert Stümpfig.
Zusammenarbeit mit Polen intensivieren
Neben Tschechien steht auch Polen im Fokus von Söders Politik. Der Ministerpräsident strebt eine engere Kooperation mit Donald Tusk an. Beide kennen sich bereits aus Tusks Zeit als EVP-Vorsitzender. „Polen ist ein wichtiger Partner in Sicherheits- und Migrationsfragen“, betont Söder.
Ein weiteres Ziel ist die Eröffnung eines bayerischen Büros in Warschau. Damit soll die wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit gestärkt werden. Laut Söder signalisiert auch Polen Interesse an engeren Kontakten mit Bayern. Die wirtschaftliche Stärke des Freistaats spielt dabei eine zentrale Rolle.
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