Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich offen für den Einsatz von Atomenergie aus dem Ausland, um CO2-freien Stahl zu produzieren. Dies betonte er in einem Interview. Der Grund: Grüner Wasserstoff, aus erneuerbaren Energien, steht in der Übergangsphase nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung. Scholz betont: „Wir müssen den Übergang pragmatisch gestalten. Es ist nicht entscheidend, ob von Tag eins an grüner Wasserstoff genutzt wird.“ Auf die Frage, ob er französischen Atomstrom für die Herstellung von Wasserstoff in Betracht ziehe, antwortet er klar: „Ja“ (rp-online: 28.01.25).
Atomkraft als Brückentechnologie
Deutschland hat vor knapp zwei Jahren die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet. Dieser Schritt folgte der Reaktorkatastrophe in Fukushima. Dennoch hält Scholz die Nutzung von Atomenergie aus dem Ausland für sinnvoll, um die deutsche Industrie wettbewerbsfähig zu halten. Er verweist auf die Dringlichkeit, die Stahlproduktion klimaneutral umzugestalten. Andernfalls drohten Arbeitsplatzverluste. „Jeder Stahlarbeiter weiß ganz genau: Wenn die Stahlproduktion nicht klimaneutral umgebaut wird, sind die Arbeitsplätze gefährdet“, so der Kanzler.
Industrie unter Druck: Klimaneutralität als Muss
Scholz unterstreicht die wachsenden Anforderungen der Stahlkunden. Insbesondere die Automobilindustrie setze zunehmend auf klimaneutral hergestellten Stahl. „Die Stahlkunden, die Automobilindustrie zum Beispiel, werden bald sehr klare Bedingungen an die Qualität des Stahls stellen und verlangen, dass er klimaneutral hergestellt ist“, erklärt er.
Unternehmen, die diese Anforderungen nicht erfüllen könnten, würden langfristig Probleme bekommen. Daher sei es entscheidend, den Übergang zur Klimaneutralität pragmatisch zu gestalten.
Langfristige Lösung: Wasserstoff aus Nordafrika
Parallel dazu arbeitet Deutschland an langfristigen Lösungen. Gemeinsam mit vier weiteren Ländern plant die Bundesregierung den Bau einer Wasserstoffleitung von Nordafrika nach Europa. Dieses Projekt soll die Versorgung mit grünem Wasserstoff langfristig sichern. Scholz betont jedoch, dass solche Infrastrukturprojekte Zeit benötigen. Bis dahin müsse man auf alternative Lösungen setzen, um die industrielle Produktion aufrechtzuerhalten.
Pragmatismus als Schlüssel zur Energiewende
Olaf Scholz plädiert für einen pragmatischen Ansatz in der Energiewende. Der Einsatz von Atomenergie aus dem Ausland sei eine mögliche Übergangslösung, um die Stahlindustrie klimaneutral umzubauen und Arbeitsplätze zu sichern. Gleichzeitig arbeitet Deutschland an langfristigen Projekten wie der Wasserstoffleitung aus Nordafrika. Diese Kombination aus kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen soll die deutsche Industrie zukunftsfähig machen.
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