Nettolohn im Sinkflug: Arbeitnehmer in Deutschland erhalten diesen Monat weniger Geld. Ursache sind steigende Sozialabgaben für Gesundheit und Pflege. Politiker versprechen im Wahlkampf unterschiedliche Lösungen, um dieses Problem zu beseitigen. Von der Entlastung durch Steuerzuschüsse über Wirtschaftswachstum bis hin zu strukturellen Reformen reichen die Ansätze. Ob diese Versprechen gehalten werden, bleibt fraglich (bz-berlin: 08.01.25).
Sozialabgaben: Scholz‘ Pläne
Bundeskanzler Olaf Scholz setzt auf die Zusammenlegung gesetzlicher und privater Kassen in einer sogenannten Bürgerversicherung. Diese Reform soll die Finanzlage stabilisieren. Zudem plant Scholz zusätzliche Steuerzuschüsse, um Beiträge für bestimmte Gruppen zu finanzieren.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Stabilisierung des Rentenniveaus bei mindestens 48 Prozent. Doch diese Zielsetzung erhöht den Druck auf die Rentenkasse: Der Beitragssatz könnte bis 2035 auf 22,3 Prozent steigen. Parallel plant Scholz Entlastungen wie Steuersenkungen und kostenlose Schulmittagessen. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch betont: Familien profitieren von über 100 Euro mehr monatlich. Zusätzlich sinken Lebensmittelpreise, und der Mindestlohn steigt auf 15 Euro.
CDU: Wachstum und Anreize für Senioren
CDU-Chef Friedrich Merz verfolgt einen anderen Ansatz, denn er setzt auf Wirtschaftswachstum und eine Erhöhung der Erwerbsquote. Um den Rentenbeitrag zu stabilisieren, sollen Senioren animiert werden, länger zu arbeiten. Rentner, die freiwillig weiterarbeiten, könnten bis zu 2000 Euro monatlich steuerfrei verdienen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärt: „Nur mit einer starken Wirtschaft bleibt der Sozialstaat stabil und fair.“
Grüne: Mehr Vollzeitjobs für Frauen
Robert Habeck möchte die Beitragsentwicklung durch höhere Steuerzuschüsse bremsen. Eine Fusion von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung soll Verwaltungsaufwände senken. Zudem hofft er, mehr Frauen in Vollzeitarbeit zu bringen, um die Rentenkasse zu entlasten.
Auch hier liegt der Fokus auf sozialen Ausgleichsmechanismen. Habeck betont, dass strukturelle Reformen unvermeidlich sind, um langfristige Stabilität zu gewährleisten.
Lindner und Weidel: Zusätzliche Einnahmen durch Fonds
Finanzminister Christian Lindner strebt ebenfalls eine Reduzierung der Sozialbeiträge an. Sein Ansatz umfasst vermehrte Investitionen in Finanzmarktfonds, um zusätzliche Einnahmen zu generieren. Lindner plädiert für eine Beitragsstaffelung, die gesundheitsbewusstes Verhalten belohnt.
Alice Weidel fokussiert auf die Reduzierung von Verwaltungskosten. Sie will Kranken- und Pflegekassen fusionieren. Gleichzeitig fordert sie höhere Steuerzuschüsse, um Beiträge für Leistungsempfänger zu finanzieren. Allerdings bleibt laut Experten wie Prof. Christian Hagist der Druck auf die Kassen hoch. Ohne zusätzliche Zuzahlungen könnten die Beiträge weiter steigen.
Dringender Reformbedarf und fehlender Fokus auf versicherungsfremde Leistungen
Steigende Sozialbeiträge belasten Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. Die vorgestellten Ansätze reichen von strukturellen Reformen über steuerliche Entlastungen bis hin zu Anreizen für längeres Arbeiten. Doch keine Partei spricht an, die Sozialkassen von den politisch auferlegten versicherungsfremden Leistungen zu befreien. Diese belasten die Kassen jährlich mit zweistelligen Milliardenbeträgen. Ohne die Entlastung von solchen Kosten bleibt das Ziel stabiler Beiträge und stärkerer Nettolöhne in Zukunft unerreichbar. Klar ist: Ohne eine starke Wirtschaft, effektive Verwaltung und die klare Trennung von Versicherungsaufgaben und Sozialpolitik sind stabile Beiträge nicht möglich.
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