Der Staat will den Einbau neuer Gasheizungen ab 2024 verbieten und empfiehlt den Betroffenen den Einbau einer Wärmepumpe. Trotzdem will der Staat neue Gaskraftwerke bauen, um die Stromlücke zu schließen, die durch die Abschaltung von Atomenergie und Kohle entsteht. Es ist geradezu paradox, dass einerseits Gasheizungen verboten werden und andererseits der Strom für die dann vorgesehenen Wärmepumpen aus Gaskraftwerken kommen soll (Agrarheute: 27.04.23).
Energiewende paradox – Energiebranche fordert beschleunigte Umsetzung beim Bau neuer Gaskraftwerke
Nachdem der Atomausstieg vollzogen und der Ausstieg aus der Kohle weiter vorangetrieben wurde, fordert die Energiebranche eine beschleunigte Umsetzung beim Bau neuer Gaskraftwerke. Gleichzeitig wird es für Verbraucher ab 2024 nicht mehr erlaubt sein, neue Gasheizungen einzubauen, es sei denn, es handelt sich um eine Hybridlösung in Verbindung mit einer Wärmepumpe oder einer Gasheizung, die mit Wasserstoff betrieben wird.
Im Gegensatz dazu bauen die Energieversorger neue Gaskraftwerke, um damit Strom zu erzeugen. EnBW investiert allein 1,6 Mrd. Euro in drei neue wasserstofffähige Gaskraftwerke. Der Grund dafür ist, dass durch den Zuwachs an erneuerbaren Energien auf der einen Seite und dem gleichzeitigen Ausstieg aus Kernkraft und Kohle auf der anderen Seite eine Lücke an regelbarer Leistung entsteht, die jederzeit und auf Knopfdruck verfügbar sein muss.
Die EnBW erklärt den Bau der Gaskraftwerke damit, dass sie unmittelbar notwendig sind, um den Bedarf zu decken. Diese Gaskraftwerke sollen spätestens bis 2035 mit grünem Wasserstoff betrieben werden.
Experten warnen vor steigenden Klimagasemissionen
Laut Kerstin Andreae, der Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, sind wasserstofffähige Gaskraftwerke unerlässlich, um die Versorgungssicherheit langfristig und jederzeit gewährleisten zu können. Sie sollen als Partner der erneuerbaren Energien gesicherte und regelbare Leistung bereitstellen. Wenn diese Gaskraftwerke nicht rechtzeitig in Betrieb gehen, würde dies zu hohen Klimagasemissionen führen, da Kohlekraftwerke dann länger laufen müssten.
Laut einer Anfrage der CDU/CSU-Fraktion erwartet die Bundesregierung in den kommenden Jahren zwar einen Rückgang des Gesamtgasverbrauchs, da immer mehr Haushalte auf Wärmepumpen umrüsten müssen. Den Strom für Wärmepumpen durch Gaskraftwerke zu erzeugen ist allerdings geradezu paradox, den der Wirkungsgrad dabei ist mehr als bescheiden. Da wäre es wesentlich effektiver, die Wohnungen direkt mit Gas zu heizen. Für die Stromerzeugung wird aber auch mehr Gas benötigt, um die steigende Nachfrage nach E-Mobilität zu decken. Entsprechende Prognosen zu den Auslastungen in den Jahren 2025 und 2030 soll die Bundesnetzagentur durch das Versorgungssicherheitsmonitoring ausarbeiten.
Deutschland plant Umrüstung von Gaskraftwerken zu wasserstofffähigen Anlagen
Im Jahr 2022 betrug die Stromerzeugungskapazität aller Gaskraftwerke insgesamt 33.839 Megawatt bei einer Gesamtleistung von 238.720 Megawatt aller Kraftwerke, wie beispielsweise Wind (64.680), Solar (63.038), Braunkohle (18.691) und Kernkraft (4.056). Die Bundesregierung plant jedoch die Umrüstung von Gaskraftwerken zu wasserstofffähigen Anlagen. Der europäische Verband der Gas- und Dampfturbinenhersteller, EU-Turbines, schätzt die Mehrkosten für Neuanlagen auf fünf bis 20 Prozent.
Timm Kehler, der Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, betonte, dass es aufgrund des technischen Neulands noch keine fundierte Datenbasis zu den tatsächlichen Mehrkosten gebe, sondern nur Schätzungen vorlägen. In Deutschland werde bis 2030 weiterhin viel importiertes Erdgas benötigt, da nur knapp fünf Prozent des deutschen Gasverbrauchs im Jahr 2021 durch inländische Gasmengen gedeckt worden seien.
Kehler betonte, dass neben den erneuerbaren Energien auch schnellstmöglich wasserstofffähige Gaskraftwerke aufgebaut werden müssten, um die entstehende Lücke zu schließen. Zusätzlich seien weitere, flexibel steuerbare Kapazitäten wie Stromspeicher notwendig. Selbst unter optimistischen Annahmen gehe man davon aus, dass im Jahr 2031 mindestens 15 Gigawatt an gesicherter Leistung im deutschen Strommarkt fehlen würden.