Kraftwerksstrategie: Förderkosten für Gaskraftwerke von 60 Milliarden Euro

Markus Hümpfer, ein Bundestagsabgeordneter und SPD-Energiepolitiker, hat erstmals geschätzt, wie viel die geplante Kraftwerksstrategie, mit dem Bau neuer Gaskraftwerke, den deutschen Staat kosten könnte. „Wir sprechen von einem Budget von etwa 60 Milliarden Euro“, so seine Aussage während einer Veranstaltung des Forums für Zukunftsenergien. Das übersteigt das reguläre Haushaltsbudget des Bundeswirtschaftsministeriums für das kommende Jahr um das Fünffache. Hümpfer hofft, dass die endgültige Summe nicht so hoch ausfallen wird, trotzdem wird die EU-Kommission bei solch enormen Beträgen sicherlich aufmerksam sein. Er hat kürzlich selbst Gespräche mit Verantwortlichen in Brüssel geführt (zfk: 19.10.23).


Kraftwerksstrategie – Deutschland plant massive Expansion von Gaskraftwerken bis 2035

Im August kündigte das Bundeswirtschaftsministerium an, bis zu 23,8 Gigawatt (GW) an neuen Gaskraftwerken auszuschreiben, die für Wasserstoff geeignet sind. Davon sind 8,8 GW für von Anfang an wasserstoffbetriebene Kraftwerke vorgesehen.

Kraftwerksstrategie - Deutschland plant massive Expansion von Gaskraftwerken bis 2035. Insider nennt Fördersumme von 60 Milliarden Euro
Kraftwerksstrategie – Deutschland plant massive Expansion von Gaskraftwerken bis 2035. Insider nennt Fördersumme von 60 Milliarden Euro
Bild: Looniverse, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Zusätzlich sollen bis spätestens 2035 weitere 15 GW an Kraftwerken errichtet werden, die vorübergehend Erdgas nutzen, bevor sie ans Wasserstoffnetz angeschlossen werden. Eine endgültige Einigung der Bundesregierung mit der EU-Kommission über die Rahmenbedingungen steht noch aus.

Politiker warnt vor teuren Desastern: Warum der Staat Kraftwerksbau ablehnt

Markus Hümpfer lehnt es ab, dass der Staat die Kraftwerke selbst errichtet. Ein Blick auf Brandenburg und Stuttgart zeigt, dass die geplanten Stromerzeugungsanlagen bis 2030 höchstwahrscheinlich nicht fertiggestellt werden können und falls doch, werden sie erheblich teurer sein als geplant.

Daher rät er dringend davon ab und verweist auf die kostspieligen und umstrittenen Großbauprojekte Berliner Flughafen BER und Stuttgart 21.


Kapazitätsmarkt-Debatte: Warum die EU Deutschlands Kraftwerksstrategie kritisiert

Hümpfer erklärte auch, warum die Verhandlungen mit der EU-Kommission stocken. Brüssel wirft Deutschland vor, einen Kapazitätsmarkt einzuführen, ohne ihn so zu nennen.

Die Bundesregierung hat sich bisher nicht öffentlich dazu bekannt, einen Kapazitätsmarkt zu etablieren, um den wasserstofffähigen Gaskraftwerken eine sichere Einnahmequelle zu bieten.

Hümpfer wurde gefragt, ob er zuversichtlich ist, dass die Ampel-Regierung eine Einigung mit der EU-Kommission erzielen kann. Seine klare Antwort lautete „Ja“.

Milliarden-Finanzierung: Wie soll Deutschland die Kraftwerksstrategie bezahlen?

Auf die Frage, wie der Staat die geschätzten 60 Milliarden Euro finanzieren wird, hatte Hümpfer keine klare Antwort. Er bemerkte scherzhaft, dass, wenn jeder im Raum eine Milliarde aus seinem Sparbuch spenden würde, sie sicherlich mehr als 60 Milliarden zusammenbekommen könnten.

In einem ernsteren Ton fügte er hinzu, dass es im Klima- und Transformationsfonds sowie im Wirtschaftsstabilisierungsfonds „eigentlich kein Geld mehr“ gibt, aber die Möglichkeit eines Kapazitätsmechanismus wird erwogen.

Linken-Politiker kritisiert Umschwung der Bundesregierung bei Kapazitätsmärkten

Ralph Lenkert, energiepolitischer Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, übte scharfe Kritik an der Vorgehensweise der Bundesregierung. Deutschland habe sich selbst in diese Lage gebracht. Vor zehn Jahren habe die Bundesregierung Kapazitätsmärkte noch abgelehnt. „Jetzt will sie sie haben. Da muss man sich nicht wundern, wenn die Kommission sagt: Was wollt ihr eigentlich?“

Lenkert betonte, dass die Bundesregierung zugeben könnte, dass ohne neue Gaskraftwerke die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet werden kann, aber das möchte man offensichtlich nicht tun. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte bereits betont, dass die Kraftwerksstrategie notwendig ist, um bis 2035 eine nahezu klimaneutrale Stromversorgung sicherzustellen.


Unternehmensvertreter enttäuscht: Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der EU-Kommission

Christoph Reißfelder von Covestro zeigte sich ernüchtert. Trotz langjähriger Erfahrung im Umgang mit der EU-Kommission, scheint die Zusammenarbeit für die Bundesregierung schwierig zu sein.

Hans Wolf von Koeller, der zur Steag-Konzerntochter Iqony gehört, resümierte, dass die Bundesregierung noch weiter von einer Lösung entfernt ist, als er erwartet hatte. Seine Erwartungen waren ohnehin nicht sehr hoch.

Warum die Braunkohle trotz Kohleausstiegs bis 2038 überleben könnte

Thorsten Diercks, Geschäftsführer des Bundesverbands Braunkohle, äußerte sich zuversichtlich. Er weiß, dass die Bundesregierung den Kohleausstieg bis 2030 anstrebt. Dennoch glaubt er, dass die Braunkohle aufgrund der ungelösten Probleme bei der Kraftwerksstrategie bis in die 2030er Jahre erhalten bleiben wird. Wenn die Kraftwerke in Ostdeutschland gemäß dem aktuellen Abschaltplan bis spätestens 2038 in Betrieb bleiben, könnte dies die Kosten von 60 Milliarden Euro erheblich reduzieren.

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Zuletzt aktualisiert am September 25, 2024 um 11:30 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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