Die Regierungen in Seoul und Tokio geben wirtschaftlichem Pragmatismus Vorrang vor der Bestrafung Moskaus für die Invasion in der Ukraine. Als jüngstes Zeichen der mangelnden Bereitschaft der mit den USA verbündeten Hauptstädte, die Energiebeziehungen zu Russland abzubrechen, gehen Südkorea und Japan weiterhin Energieabkommen mit russischen Akteuren ein und halten diese aufrecht (asiatimes:26.08.22)
Japan und Südkorea halten sich nicht an Boykottmaßnahmen gegen Russland
Südkorea gab bekannt, dass die staatliche Korea Hydro & Nuclear Power Co (KHNP) Komponenten und Technik im Wert von 2,25 Milliarden US-Dollar für ein Kernkraftwerk in Ägypten in Russland kauft. Unabhängig davon bestätigten zwei große japanische Handelsunternehmen, dass sie an ihren Anteilen am russischen Erdgasprojekt Sachalin II weiterhin festhalten.
Südkorea baut in Ägypten Kernkraftwerk mit russischer Technik
In einer überraschenden Ankündigung gab Seoul bekannt, dass KHNP Ausrüstung und Gebäude für Ägyptens erstes Kernkraftwerksprojekt nordwestlich von Kairo liefern wird, das vier Reaktoren umfassen wird. KHNP wird der Juniorpartner von Russlands Atomstroiexport. Atomstroiexport ist ein russisches staatliches Unternehmen, das im Bereich Kernkraftwerksbau tätig ist. Letzten Monat berichteten ägyptische Medien, dass Atomstroiexport, als Leiter des Konsortiums, das die Anlage baut, für die Auswahl aller Subunternehmer verantwortlich war. Der Sieg von KHNP wurde von keinem Geringeren als Präsident Yoon, der seine Nähe zu den politischen Positionen der USA sowohl im Wahlkampf dieses Frühjahrs als auch seit seinem Amtsantritt im Mai bekundet hat, begrüßt.
Japan hält an Beteiligung an Erdgas- und Ölfeldern in Russland fest
Die japanischen Firmen Mitsui & Co und Mitsubishi Corp planen unterdessen, ihre Anteile am Öl- und Gasprojekt Sachalin 2 zu behalten. Die japanischen Unternehmen haben beide beschlossen, in die neue Betreibergesellschaft zu investieren, die von Moskau gegründet wurde, um die Kontrolle über das Projekt im russischen Fernen Osten zu übernehmen. Dieser Führungswechsel folgte auf eine Ankündigung der britischen Shell – die zuvor einen Anteil von 27,5 % hielt –, dass sie das Projekt und alle anderen Investitionen in Russland aufgeben werde. Die beiden japanischen Unternehmen hatten ihren Anteil von 20,5 Prozent an Sachalin II zwar abgeschrieben, aber nicht veräußert. Die Entscheidung zur Beibehaltung wurde angesichts des Ziels Tokios getroffen, eine stabile Versorgung mit LNG sicherzustellen.
Japanische Strategen hatten zuvor deutlich gemacht, dass ihr Land zu sehr von Lieferanten aus dem Nahen Osten abhängig sei – eine Situation, die Russland die Gelegenheit bot, Japans Diversifizierungsambitionen zu erfüllen.
Japan will Atomkraft weiter ausbauen
Wie Koreas Yoon hat auch der japanische Ministerpräsident Kishida einen Reset für Atomkraft signalisiert. Auf einem energiepolitischen Treffen in Tokio sagte er, dass Japan den Bau von Kernreaktoren der nächsten Generation in Betracht ziehen sollte, zusätzlich zur Wiederinbetriebnahme bestehender Anlagen, die derzeit offline sind. Kishida und sein Energieminister haben betont, dass sie bis Ende des Jahres neun Kernreaktoren ans Netz bringen wollten. In ganz Japan sind derzeit fünf Reaktoren in Betrieb. Die neun Anlagen würden dann etwa 10 % des nationalen Energiebedarfs erzeugen.
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