Habecks Sparvorgaben beim Heizen: Droht eine Klagewelle nach dem Winter?

Nach den Sparvorgaben des Bundeswirtschafts- und Klimaministeriums unter Führung von Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) sollen aktuell Unternehmen, Behörden und Privathaushalte gleichermaßen Energie sparen. Das bedeutet auch, im Winter weniger zu heizen. Dies könnte allerdings als kontraproduktiv sein. Wenn man Räume nicht richtig heizt, kann auch die Bausubstanz Schaden nehmen. Unter Umständen tragen die erwartbaren Schäden die Vermieter und Mieter künftig vor Gericht aus (Focus online, 05.08.2022).


Energiesicherungspakete von Robert Habeck

Die Gaskrise spitzt sich immer mehr zu. Gazprom weigert sich wegen angeblicher Formalien, die längst reparierte Gasturbine von Siemens Energy zurückzunehmen. Durch Nord Stream 1 strömen nur noch 20 % der möglichen Gasmenge. Wenn der Herbst in wenigen Wochen naht, dürfte es in Firmen, Büros und Wohnungen deutlich ungemütlicher werden, als es die Menschen hierzulande gewohnt sind. Alle Gasverbraucher sollen die Heizung drosseln. Für einige gibt es Vorgaben, andere sind von der Regelung durch den Vermieter abhängig, eine dritte Gruppe dürfte angesichts exorbitant gestiegener Preise freiwillig die Raumtemperatur senken. Mit dieser Situation im Blick hat nun der Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck noch ein Paket zur Energiesicherung angekündigt, das erhebliche Auswirkungen auf private Verbraucher haben dürfte. Habeck will die Vorgaben zu den Mindesttemperaturen für die Heizung in Räumen und Hallen für berufliche Tätigkeiten (Büros, Werkshallen) weiter absenken. In privaten Haushalten wiederum will Habeck die Mieter von der Pflicht entbinden, ihre Wohnräume mit einer Mindesttemperatur zu beheizen.

Habecks Sparvorgaben beim Heizen: Droht eine Klagewelle nach dem Winter? Widerstand kommt auch vom Mieterbund
Habecks Sparvorgaben beim Heizen: Droht eine Klagewelle nach dem Winter? Widerstand kommt auch vom Mieterbund
Bild: Infrogmation, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Diese Sparvorgaben soll für die Winter 2022/23 und 2023/24 gelten. Die jüngsten Pläne Habecks gehören zu einem 5-Punkte-Plan. Dieser sieht vor:

  1. Bürobeschäftigte sollen wieder verstärkt im Homeoffice arbeiten, um in den Büros Heizkosten zu sparen. Es handelt sich um 26 Millionen Büroarbeitsplätze.
  2. In öffentlichen Gebäuden und in Unternehmen sollen nur Räume beheizt sein, in denen sich dauerhaft Personen aufhalten. In Gewerberäumen, in denen Personen schwer Arbeit verrichten, soll auch die Raumtemperatur sinken – auf 12 °C.
  3. Für Vermieter soll zukünftig ein Heizungscheck verpflichtend sein. Die Maßnahme gilt als sinnvoll, denn ineffiziente Heizungen verbrauchen viel zu viel Energie.
  4. Wie erwähnt, sollen Mieter von der Pflicht zur Einhaltung einer Mindesttemperatur in der Wohnung entbunden werden. Bislang herrscht diese Pflicht, sie ist Bestandteil der meisten Mietverträge. Dies soll eine Vorbeugung gegen Schimmel und Schäden an Leitungen oder der Bausubstanz sein.
  5. Das Beheizen von Pools mit Gas ist privaten Hausbesitzer künftig untersagt.

Was passiert beim dauerhaften Unterschreiten der Mindesttemperatur in Räumen?

Die Auswirkungen solcher Sparvorgaben auf die Gebäudesubstanz sind nach der Ansicht von Fachleuten unabwägbar. Das sagen auch Experten, die vollkommen einsichtig die Einsparbemühungen beim Gas unterstützen. Immerhin spart jedes Grad weniger in den Räumen sechs Prozent Energie. Doch es sind schädliche Folgen zu befürchten. Eine Warnung kommt beispielsweise vom Architekten Marcel Dietz, der den Verband deutscher Bauherren vertritt. Gegenüber FOCUS online sagte der Fachmann, dass gerade für ungedämmte Bestandsimmobilien, von denen es in Deutschland genügend gebe, so eine Entscheidung als fahrlässig zu betrachten sei. Dietz hält die Auswirkungen für die Gebäudesubstanz für kaum abwägbar. Er schätzt ein, dass in ungenügend gedämmten Häusern bei zu geringer Heizung die Feuchtigkeit an den Oberflächen der Wände, Decken, Böden sowie bevorzugt an den Wärmebrücken wie Gebäudeecken, Deckeneinbindungen, Fensterlaibungen und Balkonplatten auskondensieren werde. Die entstehende Feuchtigkeit dürfte die Schimmelbildung stark begünstigen.

Hinzu kommen bei einem wirklich kalten Winter mögliche Frostschäden, wenn in manchen Gebäudebereichen die Heizung vielleicht sogar ganz abgestellt wurde. Eine Faustregel besagt daher, dass sogar in vorübergehend leerstehenden Häusern die Thermostate stets auf 15° eingestellt bleiben sollten. Für normale Wohnräume in einem schlecht gedämmten Haus schlägt der Architekt Dietz eine Temperatur von mindestens 20 °C vor, um Schäden zu vermeiden. In Neubauten könne man diese durchaus um ein Grad absenken. Hier stelle sich aber meistens die Frage gar nicht, denn sehr viele Neubauten heizen inzwischen mit Wärmepumpen. Diese brauchen gar kein Gas. Eine pauschale Forderung, Raumtemperaturen flächendeckend zu senken, hält der Experte daher für nicht zielführend und im Zweifel für schädlich.


Widerstand gegen Sparvorgaben kommt auch vom Mieterbund

Der Deutsche Mieterbund argumentiert ganz ähnlich wie der Architekt Dietz und weist auf haftungsrechtliche Fragen bei Gebäudeschäden hin. Da Mieter zur Sorgfalt verpflichtet seien, dürfte es nach Folgeschäden durch mangelndes Heizen zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen Vermietern und Mietern kommen, so der Justiziar des Mieterbundes Stefan Bentrop. Habecks Vorstoß sei daher nicht ausreichend durchdacht.

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