Robert Habeck streicht das geplante Kraftwerkssicherheitsgesetz von der Agenda. Jahrelang arbeitete das Wirtschaftsministerium unter seiner Leitung an diesem Vorhaben. Ziel war, die Energiewende durch neue Gaskraftwerke abzusichern. Doch nach dem Ampel-Aus fehlt die Mehrheit für eine Verabschiedung im Bundestag. Die Union verweigert ihre Zustimmung. Nun zieht das Ministerium die Pläne offiziell zurück – mit beunruhigenden Folgen für die Energiebranche (focus: 13.12.24).
Aus für das Kraftwerkssicherheitsgesetz
Laut Ministerium fehlen die Mehrheiten für die Umsetzung des Gesetzes. Der Bau neuer Gaskraftwerke zur Stabilisierung des Stromsystems lässt sich somit nicht realisieren. Die Union zeigt sich ablehnend gegenüber diesem Vorhaben. Seit dem Koalitionsbruch im November können SPD und Grüne keine Mehrheit mehr im Parlament erreichen.
Flexible Kraftwerkskapazitäten gelten als essenziell für eine erfolgreiche Energiewende. Ein Sprecher des Ministeriums erläuterte: „Für den Zubau dieser flexiblen Kraftwerkskapazitäten lag ein fertiges Gesetz auf dem Tisch. Die Umsetzung scheitert jedoch an fehlenden Mehrheiten.“ Stattdessen fokussiert sich das Ministerium nun auf erreichbare Ziele.
Zeitplan fällt auseinander
Ohne neue Gaskraftwerke gerät der Zeitplan für den Kohleausstieg ins Wanken. Ursprünglich sollten die neuen Anlagen Kohlekraftwerke ersetzen. Geplant war der Bau der ersten Kraftwerke ab 2025, mit Inbetriebnahme bis 2030. Doch diese Termine lassen sich nun nicht einhalten. Lediglich im Rheinischen Revier existiert bislang ein Beschluss für einen vorgezogenen Kohleausstieg.
Die Energiebranche zeigt sich besorgt. Flexible Kraftwerke sollen einspringen, wenn erneuerbare Energien bei „Dunkelflauten“ ausfallen. Ursprünglich plante das Ministerium, Gaskraftwerke später auf Wasserstoff umzurüsten. Die staatliche Förderung dafür würde etwa 17 Milliarden Euro kosten.
Forderung nach einer 100-Tage-Agenda
Kerstin Andrae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, mahnt: „Der Zubau steuerbarer Kraftwerkskapazitäten ist zeitkritisch.“ Sie fordert, dass die neue Regierung dieses Thema in den ersten 100 Tagen angeht. Nur so ließe sich die Versorgungssicherheit langfristig sichern und der Kohleausstieg voranbringen.
Lichtblicke für Kraft-Wärme-Kopplung
Zumindest Betreibern von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) kommt das Kabinett entgegen. Eine Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) sorgt für mehr Planungssicherheit. Künftig erhalten Anlagen auch dann eine Förderung, wenn sie nach 2026 ans Netz gehen. Bisher war die Frist für die Inbetriebnahme Ende 2026.
Bei KWK-Anlagen erfolgt die Erzeugung von Strom und Wärme gleichzeitig. Nun reicht es aus, wenn ein gewisser Planungsstand bis Ende 2026 vorliegt. Diese Regelung gilt auch für Wärmenetze und Speicher, die durch das KWKG gefördert werden.
Anpassungen bei der Bioenergie
Auch die Bioenergie-Industrie profitiert von den neuen Beschlüssen. Ein vom Wirtschaftsministerium vorgeschlagenes Biomassepaket macht die Förderung flexibler. Biogasanlagen mit Anschluss an Wärme- oder Gebäudenetze erhalten mehr Spielraum. Die Ausschreibungsmengen steigen 2025 und 2026 leicht an.
Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), begrüßt die Änderungen: „Stadtwerke benötigen Investitionssicherheit. Nur so können sie KWK-Anlagen planen und bauen.“ Trotz dieser positiven Schritte bleibt die Unsicherheit in der Energiebranche groß.
Das Aus für das Kraftwerkssicherheitsgesetz könnte langfristige Folgen haben. Der Ausbau erneuerbarer Energien erfordert verlässliche Back-up-Lösungen. Ohne diese drohen Versorgungsengpässe und Verzögerungen beim Kohleausstieg.
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