Folgen der Inflation: Firmeninsolvenzen in Österreich steigen stark an

Die gegenwärtige Inflation belastet die österreichische Wirtschaft und die Verbraucher im Land stark. Im gesamten bisherigen Jahr 2022 (von Quartal 1 bis 3) haben die Firmeninsolvenzen und die Privatkonkurse in Österreich gleichermaßen stark zugenommen. Das zeigt die jüngste Hochrechnung des KSV1870 (Kreditschutzverein 1870), der in Österreich eine ähnliche Rolle spielt wie die Schufa in Deutschland. Der KSV1870 erwartet bei den Privatinsolvenzen noch einen stärkeren Anstieg in den nächsten Monaten, weil die gestiegenen Erzeugerpreise mit Verspätung bei ihnen ankommen (ORF, 21.09.2022).


Zahlen des KSV1870 im Detail

Der renommierte Kreditschutzverein ermittelte für Österreich folgende Zahlen:

  • Die Firmeninsolvenzen verdoppelten sich fast im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Jahres 2021. Der Anstieg beträgt 92 %, die Finanzfachleute des KSV1870 ermittelten 3.482 Firmenpleiten.
  • Die geschätzten Verbindlichkeiten von Unternehmen erhöhten sich um 88 % auf rund 1,4 Milliarden Euro.
  • Von den Insolvenzen waren 9.800 Dienstnehmer (Arbeitnehmer) betroffen. Der Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum betrug bei diesem Wert 72 %.
  • Die Zahl der Privatkonkurse stieg im Jahresvergleich um 24 % auf 6.209 Fälle.
  • Die Durchschnittsschulden bei Privatinsolvenzen liegen pro Fall bei 107.000 Euro.
Firmeninsolvenzen verdoppelten sich in Österreich fast im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Jahres 2021
Firmeninsolvenzen verdoppelten sich in Österreich fast im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Jahres 2021
Bild: Till Krech from Berlin, Germany, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
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Der KSV-Sprecher Karl-Heinz Götze kommentierte die Daten mit einem Verweis auf gewaltige Herausforderungen, die alle Betriebe in Österreich seit nunmehr zweieinhalb Jahren bewältigen müssten. Nach der Coronapandemie kamen die Energiekrise, gestörte Lieferketten und der Ukraine-Krieg. Auch im gerade abgelaufenen Sommer seien die Belastungen nicht weniger geworden, so Götze. Allerdings gibt es einen Hoffnungsschimmer: Trotz des starken Anstiegs von Firmeninsolvenzen zwischen 2021 und 2022 liegt deren aktuelle Zahl immer noch 9 % unter dem Vergleichswert von 2019. Dennoch sei ein übermäßiger Optimismus unangebracht, so der Experte.

Die anhaltenden Kostenexplosionen, zu denen gravierende Liefer- und Personalengpässe kommen hätten die gesamtwirtschaftliche Situation zuletzt deutlich verschlechtert. Etwa Hälfte der österreichischen Unternehmen blickt derzeit negativ in Richtung Jahresende.

40 % der Insolvenzanträge mangels Kostendeckung abgewiesen

Der KSV nennt in diesem Kontext eine weitere bedenkliche Zahl: 40 % der Insolvenzanträge von Firmen wurden 2022 mangels Kostendeckung abgewiesen. Diese Zahl ist ungewöhnlich hoch, 2021 lag sie bei 32 %. Offensichtlich haben viele österreichische Unternehmen ihre Insolvenz zu spät angemeldet. Dann fehlen die Mittel zur kostendeckenden Abwicklung des Vorgangs, das Gericht kann den Antrag abweisen oder eine Stundung bzw. Ratenzahlung gewähren.

Sollte es so eine Einigung nicht geben, muss das Unternehmen seinen Betrieb ohne Gläubigerschutz weiterführen und ist von fortlaufenden Pfändungen bedroht. Der Weiterbetrieb verbraucht dann regelmäßig die letzten liquiden Mittel, was die Sanierung extrem erschwert oder gar unmöglich macht. Der KSV kritisiert solche Vorgänge, weil sie fast immer zu einem endgültigen Aus für die betroffene Firma, noch mehr Jobverlusten und noch weniger Rückzahlungen an die Gläubiger führt.


Insolvenztreiber Bauwirtschaft, Handel und Tourismus

Die durchschnittlich 13 Firmeninsolvenzen pro Tag in Österreich werden von den Branchen Handel (hier vor allem der Kfz-Handel), Bauwirtschaft und Tourismus getrieben. Die Gesamtpassiva sind deutlich angestiegen, wofür einige Schwergewichte verantwortlich sind. Der Konkurs der CPI-Gruppe etwa hinterließ Passiva von rund 220 Millionen Euro, bei der Polytechnik Luft- und Feuerungstechnik GmbH waren es 66,3 Millionen Euro.

Täglich 23 Privatkonkurse in Österreich

In Österreich meldeten im laufenden Jahr 2022 täglich im Durchschnitt 23 Privathaushalte Insolvenz an. Die Gesamtpassiva haben sich auch hier gegenüber 2021 um 16 % auf 665 Millionen Euro erhöht. KSV-Sprecher Götze hält diese Entwicklung nicht für überraschend. Dennoch verweist er auf den Umstand, dass es im Vor-Corona-Jahr 2019 auch mehr Privatinsolvenzen gab (7.174 Fälle, was 15,1 % mehr als 2022 waren). Dies ist umso bemerkenswerter, als dass in Österreich im Juli 2021 eine Insolvenznovelle in Kraft trat, die Privatinsolvenzen erleichtert und allein dadurch zu deren Anstieg beitrug. Unter anderem wurde die Entschuldungsdauer verkürzt. Daher erwartet der KSV die Auswirkungen der gegenwärtigen Inflation auf Privatinsolvenzen auch erst in einigen Monaten.


Schon jetzt ist eine deutliche Zunahme bei den Sozialberatungen zu verzeichnen. Fachleute befürchten durch die Arbeitsplatzverluste infolge der Firmenpleiten einen deutlichen Anstieg der Armut im Land. Die Caritas Oberösterreich schlug jüngst Alarm, weil immer mehr Alleinerziehende, Haushalte mit mehr als zwei Kindern, Mindestpensionist*innen und Dienstnehmer*innen mit wenig Einkommen ihre kostenlosen Beratungsleistungen in Anspruch nehmen müssen.

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