Experten haben erhebliche Zweifel, ob Wasserstoff beim Heizen die Wärmewende erfolgreich unterstützen kann. Viele Forscher sind skeptisch und halten es nicht für eine effiziente und kostengünstige Alternative zur Wärmepumpe. Es gibt jedoch einen Kompromiss im Gebäudeenergiegesetz (GEG), der besagt, dass ab dem nächsten Jahr nicht nur Wärmepumpen, sondern auch sogenannte Wasserstoff- oder „H2-ready“-Heizungen erlaubt sind. Diese beziehen sich hauptsächlich auf herkömmliche Gasheizungen, die entweder mit Wasserstoff betrieben werden können oder später darauf umgerüstet werden können (ZDF: 19.06.23).
Kontroverser politischer Deal: FDP setzt Wasserstoff-Heizungen durch, Kritik von Umweltverbänden und Wissenschaftlern
Die FDP hat erfolgreich auf „Technologieoffenheit“ bestanden. Umwelt- und Klimaverbände sind jedoch kritisch. Sie betrachten dies als „verpasste Chance für den Klimaschutz“, oder als wenig hilfreichen „politischen Deal“. Sie befürchten, dass Hauseigentümer weiterhin Heizungen mit klimaschädlichem Erdgas betreiben, was quasi durch die Hintertür geschehen würde.
Selbst Wissenschaftler, darunter Jan Roselow von der Oxford University und dem Regulatory Assistance Project (RAP), glauben nicht an eine wirkliche Wasserstoff-Alternative im Heizungskeller.
Roselow betont, dass die Analyse von über 40 unabhängigen Studien zeigt, dass das Beheizen von Häusern mit Wasserstoff im Vergleich zu bewährten Alternativen deutlich teurer, weniger effizient und umweltschädlicher ist.
Experten einig: Wasserstoff-Heizungen haben begrenztes Potenzial
Diese Einschätzung teilt er unter anderem mit dem Weltklimarat und der Internationalen Energieagentur. Eine kürzlich veröffentlichte Fraunhofer-Studie im Auftrag des Nationalen Wasserstoff-Rates kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass der Ausbau von Wärmepumpen bis 2030 und langfristig bis 2045 die primäre Dekarbonisierungsstrategie für die Raumwärme in allen Versorgungsgebieten darstellt.
Das Umweltbundesamt gibt auf seiner Website an, dass es zwar technisch möglich ist, Wasserstoff für das Heizen von Gebäuden einzusetzen, aber es gibt ausreichend brennstofffreie Alternativen aus erneuerbaren Energien.
Es gibt gute Gründe, warum Wasserstoff-Heizungen kaum Potenzial in der Energiewende haben.
Grüner Wasserstoff ist derzeit und wird auf absehbare Zeit eine knappe Ressource sein.
Die gesamte weltweite Produktion von grünem Wasserstoff könnte gerade einmal 0,2 Prozent des deutschen Energiebedarfs für Raumwärme und Warmwasser decken, betont Jan Roselow von der Oxford University.
Darüber hinaus wird Wasserstoff in Zukunft dringend für die klimaneutrale Großindustrie und Schifffahrt benötigt. Er ist auch als saisonaler Energiespeicher gedacht, um Engpässe in der Stromerzeugung auszugleichen.
Da die erforderlichen Stromkapazitäten in Deutschland nicht ausreichen, kann der Bedarf für grünen Wasserstoffs nur durch Import aus dem Ausland gedeckt werden.
Die Schaffung der Infrastruktur für Wasserstoff-Heizungen wird noch viele Jahre dauern und hohe Kosten verursachen. Es ist auch noch nicht geklärt, wie man technisch Wohngebäude in ein mögliches Wasserstoffnetz integrieren kann.
Heizen mit Wasserstoff bis zu dreimal teurer als mit Wärmepumpen oder Fernwärme
Studien zeigen, dass das Heizen mit Wasserstoff, inklusive aller Kosten, zwei- bis dreimal teurer sein wird als die Verwendung von Wärmepumpen oder Fernwärme, betont Jan Roselow.
Ein Grund dafür ist, dass grüner Wasserstoff aufwendig aus Wasser und Ökostrom hergestellt wird. Dabei gehen bereits etwa 30 bis 35 Prozent der ursprünglichen Energie verloren gehen. Weitere Verluste entstehen während des Transports und der Speicherung.
Es wäre eine hochriskante Strategie, eine Gasheizung einzubauen und auf Wasserstoff zu hoffen. Dieser wird noch lange nicht in ausreichenden und erschwinglichen Mengen verfügbar ist, warnt Jan Roselow von der Oxford University. Erdgas bleibt zwangsläufig die bevorzugte Option bei einer Gasheizung, die für Wasserstoff geeignet ist. Allerdings wird Erdgas durch die deutsche CO₂-Bepreisung und ab 2027 durch den EU-Emissionshandel immer teurer. Dies würde den Klimaschutz nicht vorantreiben.
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