EU nimmt Kernenergie gegen deutschen Widerstand in Liste für grüne Technologie auf

Am 18. Juli haben EU-Abgeordnete im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen Parlaments eine politische Vereinbarung über das vorgeschlagene Netto-Null-Industrie-Gesetz der Europäischen Kommission getroffen. Ziel des Gesetzes ist es, die europäische Industrie durch die Förderung von umweltfreundlichen Technologien zu stärken. Dazu zählt auch die Wiedereinführung der Kernenergie. Die Kommission hatte ihren Entwurf für das Gesetz am 16. März vorgelegt, als Reaktion auf das US-Gesetz zur Inflationsreduzierung. Den Entwurf hat Christian Ehler, ein konserativer Abgeordneter aus Deutschland (EVP), erarbeitet (euractiv: 20.07.23).


Kernenergie in Einheitsliste für grüne Technologien nicht berücksichtigt – Empörung in Frankreich

Die Abgeordneten haben sich in Bezug auf das vorgeschlagene Netto-Null-Industrie-Gesetz der Europäischen Kommission für eine wichtige Änderung entschieden. Die Kommission hatte zuerst zwei Listen vorgeschlagen. Eine davon enthielt „strategische“ Technologien mit einem inländischen Produktionsziel von 40 % und beschleunigten Genehmigungsverfahren. In dieser Liste fand die Kernenergie allerdings keine Berücksichtigung, was besonders in Frankreich in den sozialen Medien Empörung auslöste.

Überraschende Wendung bei der Einstufung von Kernenergie als grüne Energie. Frankreich setzt sich gegen deutschen Widerstand durch
Überraschende Wendung bei der Einstufung von Kernenergie als grüne Energie. Frankreich setzt sich gegen deutschen Widerstand durch

Während der Diskussionen im Ausschuss schlug der deutsche Abgeordnete Christian Ehler eine andere Aufteilung der Technologien vor. Diese orientierte sich an der EU-Taxonomie für grüne Finanzen. Dadurch wäre eine einzige Liste entstanden, die jedoch die Kernenergie ebenfalls nicht berücksichtigte.

Dieser Vorschlag hat der französische Abgeordnete Christophe Grudler, Sprecher der Renew Europe politischen Gruppe im Parlament, kritisiert.

Überraschende Wendung bei der Einstufung von Kernenergie als grüne Energie

Mit Unterstützung verschiedener politischer Gruppen konnte Grudler durchsetzen, dass Kernenergie in die Einheitsliste aufgenommen wird. Diese Liste soll zur grünen Wiederindustrialisierung Europas beitragen.

Obwohl es noch erforderlich wäre, einige Details zu verbessern, seien die Hauptpunkte vorhanden, sagte der französische Abgeordnete. „Es ist uns gelungen, den Berichterstatter Christian Ehler davon zu überzeugen, die Idee einer Verknüpfung mit der Taxonomie für Technologien aufzugeben – das war nicht umsetzbar“, erklärte er.

Die Kompromissliste umfasst nun Technologien für erneuerbare Energien, Kernspaltung und Kernfusion, Energiespeicherung, CO₂-Abscheidung und -Speicherung (CCS), Wasserstoff-Transportinfrastruktur und Elektrolyseure, unter anderem.

Das bedeutet, dass jetzt alle Arten von Kernenergie inbegriffen sind, so Grudler, und hebt hervor, dass sich die Liste im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission geändert hat, der nur innovative Kernkrafttechnologien der dritten und vierten Generation enthielt.


EU-Entscheidung: Einheitsliste für Technologien mit beschleunigter Genehmigung und öffentlichem Interesse

In der neuen Einheitsliste sollen jetzt alle Technologien von den EU-Vorteilen profitieren, die ursprünglich nur für sogenannte „strategische“ Technologien galten. Dazu gehören beschleunigte Genehmigungsverfahren für industrielle Projekte. Diese müssen innerhalb von 18 Monaten oder sogar 9 bis 12 Monaten realisiert werden können und als von vorrangigem öffentlichem Interesse betrachtet werden.

Die Kriterien für die Einstufung als strategisch könnten sich noch ändern, so die EU-Abgeordneten. Es ist noch unklar, in welchem Maße Komponenten wie Wechselrichter, Solarzellen, Kathoden und Anoden für Batterien in der EU hergestellt werden müssen. Dies soll den Bedarf des Blocks decken.

Ursprünglich war das Ziel der Kommission, dass die EU bis 2030 mindestens 40 % der für Klima- und Energieziele benötigten Technologie im Inland produziert. Die EU-Abgeordneten haben sich jedoch noch nicht auf Ehlers Vorschlag geeinigt, dieses Ziel auf 25 % der globalen Nachfrage zu ändern.

Netto-Null-Industrietäler sollen Umweltauswirkungen minimieren und Wirtschaft fördern

Ehler schlägt die Schaffung von Netto-Null-Industrietälern vor. Dort sollen Technologien mit geringem CO₂-Ausstoß zum Einsatz kommen. Die Abgeordneten glauben, dass dies Umweltauswirkungen minimiert und wirtschaftliche sowie soziale Auswirkungen maximiert.

Ehler sagte, dass Netto-Null-Industrietäler in weniger entwickelten Regionen oder Regionen im sozioökonomischen Wandel, wie zum Beispiel Kohlebergbau-Regionen, Priorität haben sollten. In diesen Bereichen sollen auch Projekte von vorrangigem öffentlichem Interesse konzentriert werden, um von noch umfassenderen Einsatzmöglichkeiten zu profitieren.

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