Die Illusion beim Ausbau der Solaranlagen

Das Wirtschaftsministerium hat zur Energiewende äußerst ambitionierte Ziele beim Ausbau von Solaranlagen vorgegeben. Der geplante massive Ausbau soll auch die Wirtschaft in diesem Sektor ankurbeln. Dabei steuert Deutschland aber bereits in die nächste Abhängigkeit (Welt: 09.11.22). Jeder Besitzer einer Solaranlage weiß, dass ab November die Sonne nur noch für wenige Stunden auf eine für die Solarmodule interessante Höhe kommt. Die Stromausbeute der Solaranlage sinkt im Winter auf höchstens 20 Prozent der Ausbeute, die im Sommer üblich ist. Sitzt die Politik bei ihren Ausbauzielen einer Solar-Illusion auf?


Im Winter produzieren die Solaranlagen nur 20 Prozent der Jahresproduktion

Aus den Energy-Charts des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) kann man die Stromproduktion der Solaranlagen an einem typischen Novembertag gut ablesen. So steigt der Spitzenwert des Solarstrom-Produktionsanteils selbst bei Sonnenschein nur kurze Zeit auf etwa zwölf Prozent und sinkt am frühen Nachmittag schnell auf fünf Prozent. Schon ab 16 Uhr geht der Anteil nahezu auf null, also gerade dann, wenn die arbeitende Bevölkerung nach Hause kommt und das Licht einschaltetet.

Solaranlagen sollen bis 2040 alleine 40 Prozent des gesamten Stroms erzeugen

Die Bundesregierung hat im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorgegeben, dass bis zum Jahr 2030 im Jahresdurchschnitt mindestens 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommen soll. Bis zum Jahr 2040 sollen es sogar 100 Prozent sein, wobei der Anteil der Photovoltaik alleine 40 Prozent betragen soll.

Der Ausbau von Solaranlagen verlagert die Abhängigkeit von Russland auf China.  20 Gigawatt Zubau im Jahr erforderlich, um Ziel zu erreichen
Der Ausbau von Solaranlagen verlagert die Abhängigkeit von Russland auf China. 20 Gigawatt Zubau im Jahr erforderlich, um Ziel zu erreichen

Jedes Jahr ein Zubau von 20 Gigawatt erforderlich, um Ziel zu erreichen

Um diese Zahlen zu erreichen, ist nach Berechnungen der Wirtschaftsberatungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers (PwC), ein gewaltiger Kraftakt notwendig. Dazu wäre im Jahresdurchschnitt jedes Jahr eine Installation von rund 20 Gigawatt zusätzlicher Leistung durch Solaranlagen erforderlich. Ein Wert, der absolut unrealistisch ist, denn das ist gut dreimal so viel wie im bisherigen absoluten Rekordjahr 2011. Im Jahr 2021 betrug die neu gebaute Leistung gerade einmal 7,9 Gigawatt. Im Durchschnitt lag die Installationsleistung in den vergangenen drei Jahren bei noch nicht einmal vier Gigawatt.

Um die 20 Gigawatt zu erreichen, würde laut PwC jedes Jahr ein Installationsvolumen von rund 50 Millionen neuer Photovoltaik-Module auf deutsche Dächer oder Freiflächen erfordern. Diese Module kommen seit dem Niedergang der deutschen Solarindustrie größtenteils aus China. Damit würde sich Deutschland, laut PwC-Papier, in eine erneute Abhängigkeit in der Energiewirtschaft begeben. Statt von russischem Gas wäre man dann eben auf chinesische Solarmodule angewiesen.

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Solarausbau verlagert Abhängigkeit von Russland auf China

Heiko Stohlmeyer, Direktor Erneuerbare Energien bei PwC sagte dazu: „Wenn die Energieabhängigkeit von Russland nicht gegen eine steigende Abhängigkeit von China eingetauscht werden soll, muss die europäische Solarmodulproduktion massiv ausgebaut werden“. Wie groß diese Abhängigkeit ist, zeigt alleine die Tatsache, dass die gesamte Produktionskapazität für Solarmodule in der Europäischen Union (EU) wesentlich geringer ist als die jedes einzelnen chinesischen Anbieters.

So hat der relativ große italienische Hersteller Enel im vergangenen Jahr PV-Module im Volumen von 0,2 Gigawatt produziert. Die gesamten in der EU produzierten Module kamen im letzten Jahr auf eine Leistung von 8,3 Gigawatt. Allein der chinesische Hersteller Jinko, einer von vielen chinesischen Produzenten, hat im vergangenen Jahr Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 45 Gigawatt verkauft.

Solarproduktion in Deutschland liegt am Weltmarkt unter einem Prozent

Das zeigt, wie abhängig die weltweite Energiewende beim Sonnenstrom mittlerweile von China ist. Laut PwC wurden im vergangenen Jahr 75 Prozent aller Solarmodule in China hergestellt, 24 Prozent kamen aus den USA und anderen Staaten. Lediglich ungefähr ein Prozent des gesamten Produktionsvolumens entfiel auf Hersteller in Europa. Hersteller aus Deutschland rangieren im Promille-Bereich.

Das Gelingen der Energiewende in Deutschland hängt, den Experten zufolge, von der Verfügbarkeit chinesischer Solarmodule ab. Um unabhängig zu werden, müsste die Produktion in Europa massiv ausgebaut werden.

„Der PV-Zubau könnte in Deutschland bis Mitte der 2020er-Jahre zu einem jährlichen Marktvolumen von circa fünf bis sieben Milliarden Euro allein für Module führen“, sagt Stohlmeyer. „Durch Revitalisierung der PV-Branche könnte sich die Zahl der Beschäftigten laut Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) binnen acht Jahren auf rund 100.000 verdoppeln und damit an frühere Höchststände anknüpfen“, sagt Carl-Maria Bohny, Senior Manager Erneuerbare Energien bei PwC Deutschland.


Solar-Boom im Jahr 2022 flacht bereits wieder ab

In diesem Jahr gab es bereits einen Installationsschub. Bis August wurden 21 Prozent mehr Leistung aus Solaranlagen installiert als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Boom scheint allerdings schon wieder vorbei zu sein. Das liegt in erster Linie an den stark gestiegenen Preisen für Photovoltaik-Bauteile. Die Preise sind aufgrund von Problemen in den Lieferketten und dem Anstieg der Rohstoffpreise enorm gestiegen. Dazu kommt, dass die Hausbesitzer wegen der hohen Inflation auch höhere Lebenshaltungskosten haben, sodass sie weniger Geld für entsprechende Investitionen zur Verfügung haben.

Ausbau scheitert nicht zuletzt auch am Fachkräftemangel

Doch selbst wenn genügend Module aus China verfügbar wären, gäbe es nicht genügend Handwerker, um diese zu installieren. „Das organische Wachstum der vergangenen Jahre reicht mit dem enormen Aufgabenzuwachs durch Energiewende, -krise und Digitalisierung nicht aus, um den Bedarf an elektrohandwerklichen Fachkräften zu decken“, teilt der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) mit.

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