Nach der plötzlichen Abkehr von russischem Gas handelte die Bundesregierung schnell. Binnen kurzer Zeit charterte sie fünf Spezialschiffe, sogenannte FSRUs, die flüssiges Erdgas regasifizieren und ins Netz einspeisen können. Wilhelmshaven und Brunsbüttel nahmen die ersten Terminals in Rekordzeit in Betrieb. Doch nun droht ein kompletter Stillstand der LNG-Lieferungen zum Jahreswechsel (focus: 20.12.24).
Genehmigungsprobleme könnten Terminals lahmlegen
Der Betrieb der Terminals obliegt der Deutschen Energy Trading GmbH (DET), einem bundeseigenen Unternehmen. Deshalb ist eine beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission notwendig. Die bestehende Genehmigung läuft Ende des Jahres aus, eine neue fehlt bisher. Branchenkreise bestätigten diese Informationen am Mittwoch.
Eine Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) teilte mit, dass die Genehmigung für den Weiterbetrieb der Terminals noch ausstehe. Wann und unter welchen Bedingungen sie erteilt wird, bleibt unklar. Das Ministerium stehe jedoch in engem Kontakt mit der Kommission und hoffe auf eine baldige Entscheidung. Die EU-Kommission gab keinen Kommentar zum Stand des Verfahrens ab.
Betreiber rechnen mit Ausfällen
Die Betreiber scheinen sich auf einen längeren Stillstand einzustellen. Obwohl sie keine Stellungnahme abgaben, veröffentlichte die DET auf der Transparenzplattform ALSI bereits Informationen. Demnach bleibt das Terminal in Wilhelmshaven in den ersten vier Monaten des Jahres 2025 außer Betrieb. Auch für das Terminal in Brunsbüttel gibt es Gerüchte über eine vorübergehende Stilllegung.
Offiziell wurden wirtschaftliche Überlegungen als Grund genannt. Die stabilisierte Marktlage und gesunkene Gaspreise seien ausschlaggebend gewesen. Diese Erklärung erstaunt, da die Terminals dieses Jahr immerhin zu zwei Dritteln ausgelastet waren. Im Gegensatz dazu blieb das privat betriebene Terminal auf Rügen nur zu zehn Prozent ausgelastet.
Technische Probleme verzögern Inbetriebnahmen
Selbst wenn die EU-Genehmigung rechtzeitig kommt, laufen die Terminals nicht reibungslos. Von den fünf gecharterten FSRUs wären Anfang 2025 wohl nur zwei einsatzbereit. In Stade und Wilhelmshaven verhindern technische Probleme die Anbindung zweier weiterer Schiffe.
Das privat betriebene Terminal auf Rügen steht ebenfalls vor Hürden. Eine veränderte Betriebsweise erfordert eine neue Genehmigung des Landes. Auch bei den geplanten festen LNG-Terminals an Land häufen sich die Verzögerungen. Ob alle Projekte bis 2026 umgesetzt werden, bleibt fraglich.
Umweltschützer kritisieren Überkapazitäten
Die Deutsche Umwelthilfe sieht ihre Kritik bestätigt. Energieexperte Constantin Zerger betont: „Offenbar werden die Terminals für die Versorgungssicherheit gar nicht benötigt.“ Laut ihm hat das BMWK Überkapazitäten geschaffen. Daher müsse der Ausbau gestoppt werden.
Das BMWK widerspricht dieser Einschätzung. Die Terminals dienten als Versicherung gegen Gasmangel. Im Notfall ließen sie sich trotz fehlender Genehmigung einsetzen. Eine Sprecherin versicherte: „Im Fall einer Notlage stehen die Terminals bereit.“
Keine akute Notlage in Sicht
Eine unmittelbare Gaskrise scheint jedoch unwahrscheinlich. Zwar könnte die Nachfrage zu Jahresbeginn steigen, wenn die Lieferungen über die Ukraine-Pipeline ausfallen. Doch die deutschen Gasspeicher sind zu 84 Prozent gefüllt. Ein akuter Mangel droht daher nicht.
Deutschlands LNG-Infrastruktur bleibt somit ein kostspieliges und umstrittenes Projekt. Ob die Investitionen langfristig gerechtfertigt sind, wird die Entwicklung der Gasversorgung zeigen.
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