Deutscher Staat trotz Atomausstieg an schwedischen Atomkraftwerken beteiligt

Während Deutschland mit dem beschlossenen Atomausstieg im April die letzten drei Kernkraftwerke stillgelegt, ist der deutsche Staat über den Energieversorger Uniper mittlerweile an drei Atomkraftwerken in Schweden beteiligt. In Schweden gibt es allerdings keinerlei Bedenken bezüglich der Kernenergie (FAZ: 17.02.23).


Deutschlands heimliches Geschäft mit Atomkraft in Schweden

In Schweden erwirtschaftet ein Atomkraftwerk erhebliche Einnahmen für seine Besitzer. Das Kernkraftwerk Oskarshamn 3 befindet sich in der gleichnamigen schwedischen Kleinstadt an der Ostseeküste, etwa 340 Kilometer südlich von Stockholm. In Zeiten hoher Strompreise ist der Betrieb von Atomkraftwerken in der Regel ein lukratives Geschäft, da die Betriebskosten relativ niedrig sind, sobald sie einmal gebaut sind.

Obwohl Oskarshamn zu den Dutzenden Atomkraftwerken in Betrieb in Europa gehört, ist es ein besonderer Fall. Ein Teil der Gewinne, die die schwedischen Atomkraftwerke erwirtschaften, fließen nämlich an einen Staat, der eigentlich nichts mehr mit Atomkraft zu tun haben möchte: Die Bundesrepublik Deutschland. Der Grund dafür ist, dass Deutschland den Energiekonzern Uniper, der Mehrheitsgesellschafter von Oskarshamn 3 ist, Ende des vergangenen Jahres verstaatlicht hat, um einen Zusammenbruch der Energieversorgung zu verhindern.

Atomausstieg im Inland und Atomstrom-Produktion in Schweden. Deutschlands heimliches Geschäft mit der Atomkraft
Atomausstieg im Inland und Atomstrom-Produktion in Schweden. Deutschlands heimliches Geschäft mit der Atomkraft
Bild: Anchor2009, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Atomausstieg im Inland und Atomstrom-Produktion in Schweden

Das führt zu einer seltsamen Konstellation: Obwohl in wenigen Wochen die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland stillgelegt werden sollen, was aufgrund des aktuellen russischen Erdgaslieferstopps politisch hochumstritten ist, ist der deutsche Staat über Uniper zu einem bedeutenden Produzenten von Atomstrom in Schweden geworden. So plant der Staat den Atomausstieg im eigenen Land, ist aber gleichzeitig über Umwege an der Produktion von Atomenergie beteiligt.

Neben dem Reaktor in Oskarshamn hält Uniper auch Minderheitsanteile an den schwedischen Atommeilern Forsmark und Ringhals, den beiden anderen Atomkraftwerken, die in dem skandinavischen Land noch in Betrieb sind. Zusammen haben sie eine Leistung von 6,9 Gigawatt. Im Vergleich dazu haben die drei letzten deutschen Atomkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 eine Leistung von insgesamt 4,3 Gigawatt. Diese sollen gemäß dem Willen der Bundesregierung am 15. April endgültig abgeschaltet werden. Eine Einigung darüber wurde im vergangenen Jahr nach monatelangem Streit zwischen SPD, Grünen und FDP erzielt.

Deutscher Staatskonzern beteiligt sich an Entwicklung von Atomkraftwerken in Schweden

Der deutsche Staatskonzern Uniper beteiligt sich auch in Schweden an der zukünftigen Entwicklung der Atomenergie. Das Unternehmen ist Teil eines Gemeinschaftsunternehmens, das darauf abzielt, neuartige Klein-Atomkraftwerke, sogenannte Small Modular Reactors (SMR), zu entwickeln. Uniper gibt an, dass die SMR-Technologie für das Unternehmen eine hohe Priorität hat. Eine von der schwedischen Regierung geförderte Forschungsanlage für SMRs soll laut Uniper in Oskarshamn gebaut werden. Dabei handelt es sich um eine nicht-nukleare Testanlage für Elektrizität, so ein Sprecher.

Obwohl Schweden wie Deutschland ursprünglich den Ausstieg aus der Atomkraft geplant hatte, setzt es inzwischen wieder auf diese Energiequelle. Der schwedische Regierungschef Ulf Kristersson hat angekündigt, den gesetzlichen Weg für den Bau neuer Atomkraftwerke freizumachen.


Deutschlands schwedische Atomkraftwerke und der Atomausstieg

Wie lassen sich Deutschlands schwedische Atomkraftwerke mit dem Atomausstieg im Inland vereinbaren? Die Antworten der Regierung dazu fallen maximal einsilbig aus. Das Ministerium des grünen Wirtschafts- und Energieministers Robert Habeck und das Umweltministerium von Steffi Lemke (ebenfalls Grüne) erklären sich für nicht zuständig. Sie verweisen auf das Finanzministerium des Liberalen Christian Lindner. Dieses wiederum antwortet ausweichend.

Die Opposition äußert sich klar zu der Frage: Andreas Jung, Energiepolitiker der CDU, bezeichnet es als „offensichtlichen Widerspruch“, dass die deutsche Regierung trotz Energiekrise Atomkraftwerke abschaltet und gleichzeitig in Schweden immer noch Eigentümer von Nuklearanlagen ist. Er fordert, dass der deutsche Staat nicht als Akteur auf ausländischen Energiemärkten agieren soll und dass die Bundesregierung darlegen müsse, wie schnellstmöglich der Ausstieg erfolgen soll.

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