Die angedrohten Zölle auf Autoimporte durch die US-Regierung stellen den Volkswagen-Konzern vor erhebliche Herausforderungen. Insbesondere Audi und Porsche, die bislang ausschließlich außerhalb der USA produzieren, könnten von den zusätzlichen Abgaben stark betroffen sein. Beide Marken erwägen nun, ihre Produktion in die USA zu verlagern, um die finanziellen Belastungen zu minimieren. Offiziell äußert sich der Konzern jedoch nicht zu den Spekulationen (handelsblatt: 29.01.25).
VW-Werk Chattanooga als mögliche Lösung
Intern diskutiert der Konzern verschiedene Optionen. Ein Ausbau des VW-Werks in Chattanooga, Tennessee, gilt als wahrscheinlichste Lösung. Das Werk verfügt über freie Kapazitäten, die eine Erweiterung ermöglichen könnten. Zudem steht die geplante Fabrik der Pick-up-Marke Scout in South Carolina zur Debatte. Entscheidend für die weitere Planung sind die genaue Ausgestaltung und die Höhe der möglichen Zölle. Erst danach können konkrete Entscheidungen über Modelle und Produktionszahlen getroffen werden. Besonders im Fokus steht die Herstellung großer, elektrifizierter Geländewagen in den USA.
Die Zeit spielt eine entscheidende Rolle. Laut der Ratingagentur Moody’s könnte ein Zoll von zehn Prozent auf Autoimporte aus Europa den VW-Konzern rund zehn Prozent seines Betriebsergebnisses kosten. Dies entspräche bei den Zahlen von 2023 etwa 1,8 Milliarden Euro. Besonders betroffen wären Modelle mit hohen Margen, die einen wesentlichen Teil des Gewinns ausmachen.
Wettbewerbsnachteile für Audi und Porsche
Im Vergleich zu BMW und Mercedes, die seit über 30 Jahren in den USA produzieren, stehen Audi und Porsche vor größeren Herausforderungen. Die Konkurrenten fertigen bereits einen Großteil ihrer Fahrzeuge vor Ort und sind daher weniger von Zöllen betroffen. Eine einfache Preiserhöhung kommt für Audi und Porsche nicht infrage, da sie sonst im Wettbewerb zurückfallen könnten. Der VW-Konzern befindet sich in den USA ohnehin in einer schwierigen Position. Das Werk in Chattanooga ist derzeit nur durch das Verbrenner-SUV Atlas ausgelastet. Die Produktion des Elektroautos ID.4 hingegen ist stark rückläufig und hat sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert.
Trotz der aktuellen Schwierigkeiten plant VW, in den USA weiter zu expandieren. Konzernfinanzchef Arno Antlitz betonte beim Weltwirtschaftsforum in Davos, dass der Marktanteil in der Region in den kommenden Jahren verdoppelt werden soll. „Dafür brauchen wir zusätzliche Initiativen“, so Antlitz. Derzeit liegt der Marktanteil von Volkswagen in den USA bei etwa vier Prozent. Auch VW-Chef Oliver Blume signalisiert verstärktes Engagement: „Der Volkswagen-Konzern hat ein starkes Standbein in den USA. Wer sich in Regionen engagiert, dort investiert, der sollte auch von günstigen Zollsätzen profitieren.“
Audi und Porsche: Schwierige Lage in Nordamerika
Audi kämpft ebenfalls mit Rückschlägen in Nordamerika. Markenchef Gernot Döllner hatte die USA als strategisch wichtigen Wachstumsmarkt identifiziert, doch die Realität sieht anders aus. Für 2024 prognostiziert Audi ein Minus von 13 Prozent beim Absatz in der Region. Neben den aus Deutschland importierten Fahrzeugen könnte auch der in Mexiko produzierte Q5 von hohen Zöllen betroffen sein. Dies verschärft die Situation zusätzlich.
Der VW-Konzern hat in den letzten Jahren bereits erhebliche Investitionen in Nordamerika getätigt. Rund 20 Milliarden Euro flossen in die Region, darunter fünf Milliarden in den Ausbau des Werks Chattanooga und weitere fünf Milliarden in eine Softwareallianz mit dem US-Elektroautobauer Rivian. Zudem investierte der Konzern in die Wiederbelebung der Pick-up-Marke Scout und den Bau einer Batteriefabrik in Kanada. Diese Projekte hängen jedoch stark von der Subventions- und Zollpolitik der USA ab.
Zukunft der US-Produktion: Elektro-SUVs und mögliche Verbrenner
Langfristig plant der Konzern, große Elektro-SUVs von Audi und Porsche gemeinsam in den USA zu produzieren. Die Scalable Systems Platform (SSP), die derzeit entwickelt wird, soll als Grundlage dienen. Ob auch Modelle mit Verbrennungsmotoren in den USA gefertigt werden, steht noch zur Diskussion. Eine Verlagerung aktueller Modelle aus Deutschland gilt jedoch als unwahrscheinlich, da dies neue Konflikte mit den Arbeitnehmern provozieren würde.
Die Scout-Modelle sollen frühestens 2027 auf den Markt kommen. Bis dahin bleibt abzuwarten, wie sich die Zollpolitik der USA entwickelt und welche Entscheidungen der VW-Konzern trifft, um seine Position in Nordamerika zu stärken.
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