Deutschland könnte rund 30 Milliarden Euro von Banken zurückholen, die illegal an Cum-Cum-Geschäften beteiligt waren. Doch trotz klarer Rechtslage stagniert die Aufarbeitung dieser Fälle. Laut Anne Brorhilker, der ehemaligen Chefermittlerin für diese Fälle in Köln, liegt die Ursache in der starken Einflussnahme der Finanzlobby. „Die Finanzlobby hat hier beste Arbeit geleistet“, meint sie, und es gebe keine andere Erklärung dafür, dass der Staat diese immensen Einnahmen verliert. Die rechtlichen Grundlagen für das Vorgehen gegen diese Art von Steuerbetrug sind bereits geschaffen. So hat das oberste Finanzgericht diese Geschäfte für unzulässig erklärt, was durch weitere Urteile bestätigt wurde. Auch das Bundesfinanzministerium bekräftigte 2021 erneut diese Entscheidung. Trotz dieser klaren Urteile kommt es zu keiner effektiven Rückforderung der Gelder (tagesschau: 21.08.24).
Steuerbetrug im Milliardenbereich: Warum die Rückforderung in Deutschland nur schleppend vorankommt
Cum-Cum-Geschäfte basieren darauf, dass Steuern erstattet werden, auf die kein Anspruch besteht. Dies stellt einen klaren Betrug am Staat dar. Während in einigen Bundesländern wie Bremen, Brandenburg und dem Saarland bisher keine Cum-Cum-Fälle bekannt sind, gibt es in anderen Bundesländern wie Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bereits erste Erfolge in der Rückforderung.
Hessen hat seit 2021 lediglich zwei Fälle abgeschlossen, wodurch knapp 13,7 Millionen Euro an die Staatskasse zurückflossen. Dies steht jedoch im krassen Gegensatz zu den geschätzten vier Milliarden Euro, die der Steuerschaden allein in diesem Bundesland betragen soll. Ähnlich ernüchternd sieht es in Rheinland-Pfalz aus, wo in den letzten drei Jahren knapp 11,7 Millionen Euro zurückgefordert wurden. Baden-Württemberg konnte hingegen bis Ende 2023 etwa 480 Millionen Euro, die in 67 Fällen zurückholen. Trotz dieser Beträge handelt es sich im Vergleich zu den geschätzten 30 Milliarden Euro Gesamtschaden nur um einen Bruchteil.
Warum die Milliarden-Rückforderung im Sande verläuft
Warum kommt die Aufarbeitung dieser Steuerfälle nur schleppend voran? Im Koalitionsvertrag von 2021 versprach die Bundesregierung, alles zu unternehmen, um missbräuchliche Dividendenarbitragegeschäfte zu unterbinden und erlittene Steuerschäden konsequent zurückzufordern. Dennoch scheint die Praxis anders auszusehen. Zwar ist das Bundeszentralamt für Steuern für übergeordnete Betriebsprüfungen zuständig, doch die Hauptverantwortung für die Aufklärung von Cum-Cum-Fällen liegt bei den Landesbehörden. Bundesfinanzminister Christian Lindner betont, dass die Steuerverwaltung und Steuerfahndung der Länder diese Aufgabe übernehmen sollen.
Einige Bundesländer argumentieren, dass die Verfolgung von Steuerhinterziehung grundsätzlich Priorität habe. Jedoch seien die Vorgänge im Zusammenhang mit Cum-Cum-Geschäften besonders komplex und zeitaufwändig. Die ehemalige Oberstaatsanwältin Brorhilker kritisiert scharf, dass die deutschen Behörden beim Rückholen der Gelder nur wenig Fortschritte machen. Sie bemängelt, dass die Ermittlungsbehörden in Deutschland nicht ausreichend ausgestattet seien, um diese komplexen Fälle systematisch zu verfolgen.
Erfolg in Frankreich: Warum Deutschland Milliarden verschenkt
In Frankreich sieht die Lage anders aus. Die Franzosen habem eigens eine Staatsanwaltschaft eingerichtet, die sich auf die Aufarbeitung von Cum-Cum-Fällen spezialisiert hat. Der französische Staat hat die Staatsanwaltschaft systematisch ausgestattet und hat bereits umfassende Ermittlungen im Vorfeld durchgeführt. Banken, die möglicherweise in diese Geschäfte verwickelt sind, wurden durchsucht. Brorhilker zeigt sich beeindruckt von den Maßnahmen und betont: „Es geht also einiges, wenn man nur will.“
Die schleppende Aufarbeitung in Deutschland steht im krassen Gegensatz zu den Erfolgen in Frankreich. Die Kritik an der deutschen Finanzverwaltung ist groß. Es scheint, als ob der politische Wille fehlt, die illegalen Geschäfte konsequent zu verfolgen und die enormen Steuerschäden zurückzuholen. Solange dies nicht geschieht, verschenkt der Fiskus weiterhin Milliarden.
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