5-Stufen bis zum Blackout – Das Sicherheitskonzept des Stromnetzes. Die deutschen Stromnetz- und Kraftwerkbetreiber halten sich an einen 5-Stufen-Plan, wenn es zu einer Unterversorgung im Stromnetzes kommt.
Wenn der Stromverbrauch höher ist, als der in den Kraftwerken produziert Strom, kommt es zu einer Unterversorgung an Strom im Netz. Diese Unterversorgung macht sich in der Netzfrequenz bemerkbar. Aus dem Alltag weiß man, dass die Frequenz des Wechselstroms, der aus der Steckdose kommt, genau 50 Hz beträgt. Genau 50 Hz? – Nein. Die Frequenz des Stromnetzes pendelt die ganze Zeit um die 50 Hz herum. Werte von 49,9 Hz und 50,1 Hz sind ganz normal. In unserem Beitrag „Wie wird das Stromnetz stabilisiert?“ haben wir bereits beschrieben durch welche Regeleingriffe man die Netzfrequenz in diesem Band hält. In diesem Beitrag wollen wir darauf eingehen was passiert, wenn dies nicht mehr gelingt.
Was passiert bei einer Unterversorgung?
Bei einer Unterversorgung sinkt die Frequenz weiter ab. Wenn der Wert 49,8 Hz erreicht wird, tritt bereits die erste Stufe des 5-Stufen-Plans in Kraft.
Die Frequenz des Stromnetzes gilt sozusagen als Kennzahl, an welcher sich der 5-Stufen-Plan richtet.
5-Stufen bis zum Blackout
Das Sicherheitskonzept der deutschen Netz- und Kraftwerkbetreiber ist abhängig von der Netzfrequenz im Stromnetz. Bei bestimmten Schwellenwerten werden, hauptsächlich vollautomatisch, verschiedene Maßnahmen durchgeführt um die Frequenz des Netzes wieder zu stabilisieren.
Stufe | Frequenz | Maßnahmen zur Kompensation, bzw. zum Schutz |
1 | 49,8 Hz | Einsatz von Regelleistung |
2 | 49,0 Hz | sofortiger Abwurf von 10–15 % der Netzlast |
3 | 48,7 Hz | sofortiger Abwurf von weiteren 10–15 % der Netzlast |
4 | 48,4 Hz | sofortiger Abwurf von weiteren 15–20 % der Netzlast |
5 | 47,5 Hz | Netztrennung der Kraftwerke |
Was passiert bei Stufe 1?
Die Stufe 1 wird jeden Tag ausgelöst. Der tägliche Verbrauch und die tägliche Produktion von Strom sind zu beinahe keinem Zeitpunkt exakt identisch. Dadurch sinkt oder steigt die Frequenz im Stromnetz zu jedem Zeitpunkt. Um die gewünschte Frequenz von 50 Hz wieder zu erreichen setzt man Regelenergie ein.
Bei der Regelenergie handelt es sich zum Beispiel um Kraftwerke, die nicht mit 100-prozentiger Leistung betrieben werden. Dadurch kann man bei Bedarf die Stromproduktion steigern, oder auch senken.
Die aktuelle Frequenz des Stromnetzes und die momentan verwendete Regelenergie können Sie live auf dieser Webseite verfolgen: https://www.netzfrequenzmessung.de/
Was passiert bei Stufe 2?
Bei den Stufen 2 bis 4 erfolgt ein Abwurf oder eine Drosselung großer Stromverbraucher vom Netz.. Diese Verbraucher nennt man Lastabwurfkunden. Die Lastabwurfkunden sind Großverbraucher wie zum Beispiel Kühlhäuser, Zementmühlen oder Aluminiumhütten.
Bei Erreichen der Stufe 2, also einer Frequenz von 49,0 Hz, wirft man zuerst die Lastabwurfkunden ab. Diese Lastabwurfkunden haben spezielle Verträge mit den Stromnetzbetreibern. Dadurch ist für diese Verbraucher der Strom günstiger, bei einem Lastabwurf sind diese Verbraucher jedoch die ersten, die keinen Strom mehr erhalten.
Was passiert bei Stufe 3 und 4?
Bei Stufe 3 und 4 werden weitere Lasten vom Stromnetz abgeworfen. Das heißt: Es werden auch normale Verbraucher vom Stromnetz getrennt. Die Folge: Stromausfall.
Wenn die Regelenergie und der Abwurf der Lastabwurfkunden den Stromverbrauch nicht ausreichend senken können erfolgt eine Trennung einzelner Teil-Netze vom gesamten deutschen Stromnetz. Dabei trennt man zum Beispiel eine ganze Stadt oder Region vom deutschen Stromnetz um den Stromverbrauch weiter zu verringern. Dies ist mit lokalen Stromausfällen verbunden, die mehr oder weniger großflächig ausfallen.
Wenn die Frequenz des Stromnetzes wieder hergestellt wurde, dann werden die Verbraucher nach und nach wieder an das Gesamtnetz geschlossen.
Was passiert bei Stufe 5?
Ist die Stufe die Stufe 5 erreicht, also das Unterschreiten der Frequenz von 47,5 Hz, kommt es automatisch zu einem landesweite oder gar europaweiten Blackout, denn dann erfolgt eine vollständige Trennung alle großen Kraftwerke vom Stromnetz.
Und ganz plötzlich: Blackout
Stufe 1 kann man live mitverfolgen. Kommt es jedoch zu Stufe 2, 3, 4 und 5 dann handelt es sich um vollautomatische Maßnahmen die in Sekundenbruchteilen ausgeführt werden. Ein Ereignis, dass die Frequenz schlagartig unter 47,5 Hz drückt ist unmöglich vorherzusehen.
Wenn ein Kraftwerk aufgrund eines technischen Problems die Stromproduktion schlagartig eingestellt, kommt es zu einer Unterversorgung. Hier finden Sie ein Beispiel: Beinahe Blackout durch Ausfall eines polnischen Kohlekraftwerks. Aber auch Überlastungen oder Störungen im Übertragungsnetz, wie im Januar dieses Jahres können zu entsprechenden Eingriffen führen.
5-Stufen bis zum Blackout
Wie man an diesen Beispielen sieht kann ein Blackout ganz plötzlich und ohne Vorhersage ausgelöst werden. Das polnische Kraftwerk wurde wegen einem Brand vom Netz getrennt. Wenn zu diesem Zeitpunkt noch etwas anderes zu einem höheren Stromverbrauch oder einer geringeren Stromproduktion geführt hätte, wäre die ganze Situation vielleicht nicht so glimpflich abgelaufen.
Ein zusätzliches Risiko sind wetterabhängige Kraftwerke wie Solar- und Windkraftanlagen. Diese Stromerzeuger können durch einen Umschwung im Wetter plötzlich weniger Strom produzieren als gedacht. Ein Wetterumschwung führt nicht zu einem Blackout, aber es führt dazu, dass viel Regelenergie benötigt wird. Wenn durch die erneuerbaren Energien die Regelenergie bereits auf dem Maximum ist und zusätzlich ein technischer Defekt in einem Kraftwerk oder im Übertragungsnetz auftritt kann es durchaus zu einem Blackout kommen.