Zwischen Ziel und Realität: Klimaneutralität im Gebäudesektor bleibt eine Illusion

Deutschland hält am ehrgeizigen Ziel der Klimaneutralität bis 2045 fest – fünf Jahre früher als alle anderen EU-Staaten. Doch ein aktuelles Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zeigt erneut, dass vor allem der Gebäudesektor weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. Ohne grundlegende Kurskorrekturen drohen eine Eskalation der Kosten und das Verfehlen zentraler Klimaziele (welt: 08.02.25).


Gebäudesektor als größter Schwachpunkt

Die Klimaziele in Deutschland sind klar: Sechs Sektoren müssen ihre Treibhausgasemissionen deutlich reduzieren. Besonders kritisch ist der Gebäudesektor. Trotz zwischenzeitlicher Lockerungen der Sektorenziele gelten die ursprünglichen Vorgaben weiterhin. Der Expertenrat überwacht die Einhaltung und legte nun sein aktuelles Gutachten vor.

Warum die Klimaneutralität im Gebäudesektor kaum erreichbar ist - ein Blick auf utopische Klimaziele und steigende CO₂-Kosten
Warum die Klimaneutralität im Gebäudesektor kaum erreichbar ist – ein Blick auf utopische Klimaziele und steigende CO₂-Kosten

Darin heißt es, die Emissionen müssten viel schneller sinken, um das Ziel für 2030 noch zu erreichen. Eine Reduktion um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sei „fraglich“, sofern keine neuen Maßnahmen erfolgen. Anstatt jedoch eine strategische Neuausrichtung vorzuschlagen, liefert das Gutachten lediglich detaillierte Rechenmodelle, die längst bekannte Probleme wiederholen.

Milliardeninvestitionen mit begrenztem Erfolg

Es gab durchaus Einsparungen bei den Emissionen, doch diese basieren oft auf kurzfristigen Effekten. So führte der milde Winter 2022/2023 zu einem deutlichen Rückgang des Gasverbrauchs, da viele Haushalte Energiekosten sparen wollten. Langfristig betrachtet zeigen sich jedoch kaum Fortschritte. Zwischen 2010 und 2020 wurden über 342 Milliarden Euro in energetische Modernisierungen investiert, doch der Wärmeverbrauch in Gebäuden blieb mit durchschnittlich 130 Kilowattstunden pro Quadratmeter praktisch unverändert.

Auch in den letzten Jahren flossen Milliarden in Sanierungen. Vonovia-Chef Rolf Buch weist regelmäßig darauf hin, dass jährlich mindestens 100 Milliarden Euro nötig wären, um die Klimaziele zu erreichen. Ab 2026 müsste diese Summe sogar noch steigen, um die geforderte Einsparung von 8,3 Millionen Tonnen CO₂ jährlich zu realisieren. Das erscheint zunehmend unrealistisch.

Steigende CO₂-Kosten belasten Haushalte

Die aktuelle Klimapolitik führt zu einer gefährlichen Kostenexplosion. Die CO₂-Abgabe stieg zu Jahresbeginn bereits auf 55 Euro pro Tonne. Ab 2027 tritt zudem der neue EU-Zertifikatehandel (ETS2) in Kraft. Dadurch könnten Emissionsrechte stark verteuert werden. Falls Deutschland seine Sektorenziele verfehlt, drohen zusätzliche Belastungen durch den Zukauf von Verschmutzungsrechten bei anderen EU-Staaten.

Eine Analyse des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) warnt vor erheblichen Preissteigerungen. Die Heizkosten für eine Durchschnittsfamilie könnten sich um bis zu 1000 Euro pro Jahr erhöhen. „Die meisten Verbraucher sind auf diese Preiserhöhungen nicht vorbereitet“, erklärt Achim Wambach, Präsident des ZEW. Besonders einkommensschwache Haushalte wären betroffen. Der Expertenrat empfiehlt daher zusätzliche staatliche Unterstützung.


Ein neuer Ansatz ist unvermeidlich

Das aktuelle Klimaschutzgesetz ist zum Scheitern verurteilt, wenn nicht zügig neue Wege eingeschlagen werden. Statt auf starre Sektorenziele zur Erreichung der Klimaneutralität zu setzen, braucht es flexible Lösungen und technologieoffene Ansätze. Ohne grundlegende Reformen bleibt das Ziel der klimaneutralen Immobilien unerreichbar.

Ein realistischer Kurswechsel könnte mehr Klimaschutz ermöglichen, ohne Bürger und Unternehmen finanziell zu überfordern. Neue Technologien, alternative Anreizsysteme und ein pragmatischer Umgang mit Energieeinsparungen wären ein erster Schritt in die richtige Richtung.

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