Covestro zieht sich aus neuen Investitionen in Deutschland zurück. Hohe Energiekosten und eine schwache Wettbewerbsfähigkeit zwingen den Chemiekonzern dazu, seine Strategie anzupassen. Künftig beschränken sich Investitionen hierzulande auf die Instandhaltung bestehender Anlagen. Neue Projekte in energieintensiven Bereichen entfallen vollständig. „Eine wettbewerbsfähige Produktion in Deutschland ist in vielen Segmenten nicht mehr möglich“, erklärte CEO Markus Steilemann. „Als Unternehmen, das viele Industrien beliefert, müssen wir uns auf die Sektoren konzentrieren, die in Europa noch eine Zukunft haben“, betonte Steilemann. Konkrete Schließungspläne gibt es jedoch aktuell nicht. Ein solcher Schritt hätte weitreichende Folgen und bleibt vorerst nur eine Option (merkur: 09.02.25).
Keine neuen Investitionen in energieintensive Anlagen
Covestro fokussiert sich auf die Optimierung seiner bestehenden Produktionsstätten. „Die Investitionen in Deutschland und Europa dienen fast ausschließlich der Instandhaltung“, so Steilemann weiter. Die Sicherheit und Effizienz der Anlagen bleiben gewährleistet, doch neue Projekte in energie- und rohstoffintensiven Bereichen stehen nicht mehr zur Diskussion. Produkte, die unter diesen Bedingungen in Europa entstehen, sind im globalen Vergleich schlicht nicht konkurrenzfähig.
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Während Covestro früher als Vorreiter für Innovationen in der Chemiebranche galt, markiert die aktuelle Entwicklung einen Wendepunkt. Die geplante Übernahme durch den staatlichen Ölkonzern Adnoc aus den Vereinigten Arabischen Emiraten beeinflusst die strategischen Entscheidungen bezüglich neuer Investitionen zusätzlich. Derzeit hält Adnoc über 91 Prozent der Covestro-Aktien. Die vollständige Transaktion wird voraussichtlich bis Ende 2025 abgeschlossen sein.
Covestro-Übernahme durch Adnoc
Nach Bekanntgabe der Übernahme fiel Covestro aus dem Dax. Für die Mitgliedschaft im Leitindex der Deutschen Börse ist ein Streubesitz von mindestens zehn Prozent erforderlich. Vorstand und Aufsichtsrat begrüßen die Übernahme. „Covestro wird nicht verschwinden, sondern größer sein als je zuvor“, so Steilemann optimistisch.
Adnoc verfolgt das Ziel, Covestros globale Marktstellung zu stärken und neue Wachstumspotenziale zu erschließen. Für den Konzern bietet die Übernahme die Chance, international weiter zu expandieren und mit Investitionen außerhalb Europas auf neue Technologien zu setzen.
Einsparungen und Stellenabbau
2023 erzielte Covestro einen Umsatz von 14,4 Milliarden Euro. An weltweit 48 Standorten beschäftigt das Unternehmen etwa 17.500 Mitarbeiter. In Deutschland arbeiten 7.250 Beschäftigte an sechs Standorten. Seit 2015 investierte Covestro 3,5 Milliarden Euro in seine deutschen Niederlassungen. Zukünftig liegt der Fokus jedoch auf Kostensenkungen.
Im Juni 2023 startete Covestro das Transformationsprogramm „Strong“, um die jährlichen globalen Kosten um 400 Millionen Euro zu reduzieren, davon 190 Millionen Euro in Deutschland. Geplant ist, Personal- und Sachkosten zu senken. Betriebsbedingte Kündigungen bleiben bis Ende 2032 ausgeschlossen. Der Stellenabbau erfolgt über Abfindungen, Altersteilzeit und ähnliche Maßnahmen.
Chemiebranche unter Druck
Die Energiekrise und die schwache Weltkonjunktur setzen der gesamten Chemiebranche zu. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) prognostiziert für 2024 einen Umsatzrückgang von zwei Prozent. Große Chemieunternehmen wie BASF und Evonik haben ebenfalls Sparmaßnahmen eingeleitet. BASF kürzt Stellen, während Evonik rund 2.000 Arbeitsplätze in der Verwaltung abbaut und einzelne Geschäftsbereiche verkauft.
Die Zukunft der Chemieindustrie in Europa bleibt unsicher. Covestro konzentriert sich bei neuen Investitionen auf profitable Märkte, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die Übernahme durch Adnoc könnte dabei als wichtiger Meilenstein gelten und das Unternehmen international neu positionieren.
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