Zahlungsschwierigkeiten und steigende Insolvenzen – bedenkliche Lage in Deutschland

Eine neue Studie zeigt, dass die steigenden Lebenshaltungskosten die Mehrheit der Deutschen finanziell unter Druck setzen. Innerhalb weniger Monate haben sich die Geldsorgen sogar noch weiter vergrößert. Die Umfrage „Energiepreiskrise – reicht das Geld?“ von Creditreform Boniversum, einem wichtigen Anbieter von Bonitätsauskünften über Privatpersonen in Deutschland bestätigt, dass immer mehr Verbraucher in Zahlungsschwierigkeiten kommen (Welt: 23.05.23).


Finanzieller Stress und Zahlungsschwierigkeiten belasten deutsche Haushalte

Nach Angaben einer Umfrage im März haben knapp 40 Prozent der 1001 befragten Bundesbürger im Alter von 18 bis 79 Jahren finanziellen Stress, während weitere gut 20 Prozent dieses Gefühl sogar häufig erleben. Diese Einschätzung der Lage hat sich im Vergleich zur letzten Umfrage im Herbst 2022 deutlich verschlechtert.

Gestiegene Lebenshaltungskosten bringen 40 Prozent der deutschen Haushalte in finanziellen Stress und Zahlungsschwierigkeiten
Gestiegene Lebenshaltungskosten bringen 40 Prozent der deutschen Haushalte in finanziellen Stress und Zahlungsschwierigkeiten

Obwohl der Stresslevel damals bereits hoch war, gaben gut 47 Prozent der Befragten an, dass sie aufgrund der gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel finanzielle Verbindlichkeiten haben, die über ihre Möglichkeiten hinausgehen. Wenige Monate später liegt dieser Wert nun insgesamt bei über 60 Prozent.

Die Umfrage zeigt, dass es nicht überraschend ist, dass es immer mehr Haushalte mit Zahlungsschwierigkeiten gibt. In den meisten Fällen beginnt dies mit Mahnungen, da Rechnungen entweder nicht rechtzeitig oder gar nicht bezahlt werden. Immerhin 21 Prozent der Befragten haben jedoch bereits nachhaltige Zahlungsstörungen und berichten beispielsweise von geplatzten Lastschriften. Bei 17 Prozent liegen bereits harte Negativmerkmale vor.


Zunehmender finanzieller Druck und pessimistische Aussichten für deutsche Verbraucher

Dies bedeutet, dass sie sich in einem Inkasso- oder gerichtlichen Mahnverfahren befinden. Die Inflation in Deutschland bleibt hoch, insbesondere bei Lebensmitteln sind die Preise zuletzt sogar deutlich gestiegen.

Die Verbraucher sind äußerst pessimistisch eingestellt für die kommende Zeit. Schon jeder zweite befürchtet, dass er in den nächsten zwölf Monaten bestimmte Kosten seines Haushalts nicht mehr vollständig decken kann.

Die Betroffenen nennen in erster Linie ihre Strom- und Gasrechnungen, gefolgt von Ausgaben für das Haus oder die Wohnung sowie den Mietkosten. Darüber hinaus gehen 55 Prozent der deutschen Bevölkerung davon aus, dass sie zukünftig ihren Lebensstandard herabsetzen müssen.

Warnung vor Zahlungsschwierigkeiten und Auswirkungen auf Unternehmen

„Für nicht wenige geht es sogar ans Eingemachte“, warnt Michael Goy-Yun, Geschäftsführer von Creditreform Boniversum. „Es drohen Zahlungsschwierigkeiten und Überschuldung.“

Allerdings sind nicht nur die Verbraucher betroffen. „Auf lange Sicht kann dies auch erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Situation von Unternehmen haben, wenn die Verbraucher einerseits weniger konsumieren, weil ihnen weniger Budget zur Verfügung steht, oder andererseits über ihr Budget hinaus konsumieren und die Rechnungen nicht bezahlen“, erklärt Goy-Yun. Der Experte erwartet zunächst eine Zurückhaltung bei Restaurantbesuchen und Urlaubsplanungen in Bezug auf den Konsum.

Bis jetzt ist das Insolvenzgeschehen größtenteils ruhig geblieben. Es gibt jedoch einen Anstieg der Zahl der insolventen Unternehmen in den letzten Monaten, wie Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen. Im Februar gab es sogar einen Anstieg um gut 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.


Insolvenzentwicklung normalisiert sich, aber bestimmte Branchen weiterhin betroffen

Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) betont jedoch, dass diese Entwicklung im langfristigen Vergleich immer noch eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens darstellt. Dies wird auf umfangreiche staatliche Eingriffe bei den Meldepflichten für Insolvenzen und Unterstützungsmaßnahmen während der Pandemie zurückgeführt.

Im Februar 2023 liegt die Anzahl der Insolvenzfälle mit 1362 immer noch unter dem Wert von 2019 vor der Corona-Pandemie, als 1579 Unternehmen Insolvenz anmeldeten. Allerdings gibt es in einigen Branchen derzeit keinen positiven Trend, so der Vorsitzende des VID, Christoph Niering. Verändertes Konsumverhalten, steigende Zinsen, hohe Inflationsraten und Fachkräftemangel belasten insbesondere den stationären Einzelhandel, die Baubranche und das Gesundheitswesen, erklärt der Insolvenzverwalter.

„Die aktuelle Insolvenz der Klingel-Gruppe zeigt, dass diese Faktoren zunehmend auch den Online-Handel beeinflussen“, fügt er hinzu. Das traditionsreiche Unternehmen aus Pforzheim, eines der größten Versandhandelsunternehmen in Deutschland, hat kürzlich einen Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung gestellt.

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