Es gab Zeiten, in denen die Spitze der Deutschen Bank dem Rest der Welt die Vorzüge des deutschen Wirtschaftsmodells erklärte. Dieses Modell stützte sich auf hervorragende Ingenieurskunst, starke Exporte und eine harmonische Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Unternehmensführung. Aber diese Zeiten sind vorbei. In Frankfurt gab Christian Sewing, der Chef der Bank, bekannt, dass Deutschland zum „kranken Mann Europas“ mutieren könnte, wenn es seine grundlegenden Probleme nicht angeht. Diese Aussage kam nicht gerade von einem unbekannten Player, sondern von einer Institution, die traditionell als wirtschaftliches Standbein galt. Das eigentliche Problem? Was Sewing nicht erwähnte (telegraph: 22.09.23).
Wirtschaftliche Misere: Fehlentscheidungen und politische Stagnation bremsen Deutschland aus
Deutschlands Führungselite scheint nicht zu erkennen, warum das Land wirtschaftlich hinterherhinkt. Die Gründe? Fehlentscheidungen und eine schwierige politische Kultur. Ohne diese Erkenntnisse fehlt die nötige radikale Reform.
(Photo by Tobias SCHWARZ / AFP)
Deutsche Bank selbst hat an Glanz verloren. Ihr Marktwert ist stark gesunken und liegt weit hinter dem von BNP Paribas in Frankreich. Gleichzeitig leidet auch die Wirtschaft, für die die Bank einst das Kapital bereitstellte. Trotz Vorteilen wie einer schwachen Währung, günstiger Energie und dem Boom in China befindet sich Deutschland in einem Abwärtstrend. Die Wirtschaft stagniert und könnte weiter schrumpfen, was Deutschland zum Schlusslicht der G-7 macht.
Sewing betonte, dass viele in Deutschland fälschlicherweise glauben, die Wirtschaft könne sich selbst überlassen werden. Allerdings erkannte er nicht das Grundproblem dahinter. In den ersten zwanzig Jahren dieses Jahrhunderts hatte Deutschland einfach Glück.
Vom Marktvorteil zur Krise: Deutschlands riskante Abhängigkeiten im Wandel
Der Wechsel von der starken Deutschen Mark zum schwächeren Euro hat Deutschland geholfen, in vielen Branchen zu dominieren. Hinzu kam der Boom in China, der auf deutschen Maschinen basierte und einen riesigen Markt für deutsche Firmen schuf. Auch der Zugang zu billigem russischem Gas spielte eine Rolle.
Doch das Blatt hat sich gewendet. Der Konflikt in der Ukraine beeinträchtigte die Gasversorgung. Mit der Entscheidung, Atomkraftwerke abzuschalten, und den hohen Energiepreisen weltweit stehen deutsche Fabriken vor dem Aus. China, einst ein großer Abnehmer deutscher Technologie, wird zunehmend zum Konkurrenten. Chinesische Autobauer wie BYD könnten sogar deutsche Autogiganten in Bedrängnis bringen.
Von Wirtschaftswunder zu Europas Sorgenkind: Deutschlands kritischer Wendepunkt
Deutschlands Misserfolge sind größtenteils auf schlechte Entscheidungen und eine problematische politische Kultur zurückzuführen.
Früher war Deutschland für seine herausragende Wirtschaft bekannt, und Führungskräfte wie der CEO der Deutschen Bank lobten sie weltweit. Doch diese Zeiten sind vorbei. Christian Sewing von der Deutschen Bank warnte kürzlich in einer Rede vor ernsthaften strukturellen Problemen. Er glaubt, Deutschland könnte bald Europas Problemkind sein.
Sein Kommentar zeigt wenig Vertrauen in die deutsche Wirtschaft. Doch er hat einen wichtigen Punkt nicht angesprochen: Die Verantwortlichen in Deutschland erkennen nicht, dass sie selbst der Hauptgrund für die wirtschaftlichen Probleme sind.
Das Ende des deutschen Wirtschaftswunders? Wie Fehltritte und Geopolitik die Wirtschaftsmacht bedrohen
Deutsche Bank, einst ein Wirtschaftsgigant, hat heute nur noch einen Bruchteil ihres früheren Wertes. Ähnlich geht es der deutschen Wirtschaft. Nachdem sie von einer schwachen Währung, günstiger Energie und dem Boom in China profitierte, befindet sich Deutschland nun in einer Abwärtsspirale.
Letztes Jahr geriet das Land in eine Rezession. Mit nur 0,2% Wachstum seit der Pandemie hinkt Deutschland im Vergleich zu Großbritannien hinterher.
Laut Sewing glaubten viele Deutsche, die Wirtschaft würde sich selbst regulieren. Aber dieser Glaube war falsch. Deutschland hatte in den ersten zwanzig Jahren dieses Jahrhunderts Glück. Der schwächere Euro ersetzte die starke Deutsche Mark, was zu Handelsüberschüssen führte. Chinas Industrialisierung, die auf deutschen Maschinen aufbaute, schuf einen riesigen Markt für deutsche Unternehmen. Und Deutschland hatte Zugang zu billigem russischen Gas.
Doch dieses Glück ist jetzt vorbei.
Aufgrund des Ukraine-Konflikts musste Deutschland auf russisches Gas verzichten. Das Land kämpft jetzt mit hohen Energiepreisen und Fabriken schließen, weil sie die Energiekosten nicht tragen können. China benötigt nicht mehr so viel deutsche Technologie. Chinesische Unternehmen könnten bald deutsche Autogiganten überholen. Und trotz eines schwachen Euros sind die Vorteile dieser Währung verbraucht.
Deutschland hat den Sprung ins digitale Zeitalter verpasst. Obwohl es in den ersten beiden industriellen Revolutionen dominierte, ist es in der dritten abgehängt. Es gibt kaum bekannte deutsche Apps, und viele Start-ups zieht es eher nach Silicon Valley oder London. Zudem hat Deutschland bei der Modernisierung seiner Infrastruktur versagt.
Deutschlands Reformstau: Politische Blockaden hindern das Land an dringend benötigten Veränderungen
Das eigentliche Problem ist jedoch tiefer. Deutschlands politisches System, das auf Konsens und Koalitionen setzt, kann die notwendigen radikalen Veränderungen nicht durchsetzen.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern scheint Deutschland reformunfähig zu sein. Während Länder wie Frankreich und Italien Veränderungen vornehmen, scheint Deutschland in einer Koalition gefangen, die sich nicht einigen kann.
Einige hoffen, dass Deutschland sich eines Tages reformiert. Das Land hat immer noch viele Ressourcen und Talente. Aber es wird eine grundlegende Veränderung in der Politik und eine Abkehr vom gegenwärtigen Mittelmaß benötigen. Und bisher sind solche Veränderungen nicht in Sicht.
Lesen Sie auch:
- Diskussion über Kernenergie darf kein Tabu mehr sein
- Wir begehen ökonomischen Selbstmord
- IWF warnt Deutschland vor wirtschaftlicher Krise: So können Investitionen in Energie, Fachkräfte und Bildung helfen
Preis: € 10,93
Jetzt auf Amazon kaufen
Preis inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
