Immer mehr Menschen bereiten die steigenden Energiepreise in Deutschland erhebliche Probleme. Verschiedene Interessenvertreter wie etwa Verbraucherverbände und der Mieterschutzbund, aber auch Umweltschutzorganisationen haben den Ernst der Lage erkannt. Deshalb rufen sie die Bundesregierung in einem gemeinsam erarbeiteten Forderungskatalog nun zur Kurskorrektur auf.
Forderungen an die Politik
Unter anderem verlangen die Verbände in ihrem Papier eine schnelle Streichung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Außerdem soll eine Absenkung der Stromsteuer auf ein erforderliches Minimum erfolgen. Auch sollen Ausnahmeregelungen für die Industrie vermindert und die geltenden Eigenkapitalzinssätze der Netzbetreiber abgesenkt werden. Die Verbraucherverbände fordern schnelle Kurskorrekturen bei der Energiepolitik.
Die deutschen Energiepreise seien die höchsten in Europa, stellt etwa Melanie Weber-Moritz, die Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes in Berlin, fest. Die Mieter litten unter der Last der vollen CO₂-Preis-Umlage für Heizung und warmes Wasser. Dazu kommen auch noch die momentanen Sprüngen bei den Preisen von Öl und Gas. „Ein ‚Weiter so‘ kann es jetzt nicht mehr geben“, sagt sie. Spätestens mit dem Beginn des neuen Jahres habe die Energiekostenkrise die Privathaushalte in Form erheblicher Preissteigerungen erreicht.
Regierung will Abschaffung der EEG-Umlage vorziehen
Aus der Regierung gibt es durchaus Unterstützung, zumindest, was die Senkung der EEG-Umlage betrifft. So hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erst kürzlich deren „schnellstmögliche Absenkung“ gefordert. Und der am 7. Dezember unterschriebene Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP sieht ohnehin vor, die Abgabe für Ökostrom ab dem kommenden Jahr aus Mitteln des Bundeshaushalts zu finanzieren. Bereits zum 1. Januar 2022 hat die Regierung die EEG-Umlage von zuvor 6,5 Cent auf nun 3,72 Cent pro Kilowattstunde fast halbiert. Mittlerweile diskutiert man auch, die bereits beschlossene vollständige Abschaffung der Umlage vorzuziehen.
Weitere Forderungen der Verbände sind die Aussetzung von Strom- und Gassperren bis zum 1. April 2022. Außerdem fordern sie eine Anhebung des geplanten Zuschusses für Heizkosten für Bezieher von Wohngeld. Zudem soll auch eine schnelle Aufhebung des vorläufigen Förderstopps für energetische Gebäudesanierungen erfolgen.
Verbände fordern Kurskorrektur bei staatlichen Fördermittel
Für die Deutsche Umwelthilfe macht das in der letzten Woche in Kraft getretene Ende für diese Sanierungsprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau vor allem deutlich, wie dringend erforderlich es ist, die bisherige Förderpolitik des Bundes zu überarbeiten. Barbara Metz, die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Organisation, erklärt, ein großer Teil der Fördermittel sei in der Vergangenheit für den Neubau von Gebäuden ausgegeben worden und durchaus auch für Standards, die mit der Erfüllung von Klimazielen nicht in Einklang zu bringen gewesen seien. Sie fordert daher eine Anhebung der Fördermittel von derzeit 17 Milliarden Euro pro Jahr auf dann 25 Milliarden Euro und auch eine langfristige Verstetigung dieses Betrages. Anders sei das Tempo bei der Modernisierung von bestehenden Gebäuden, die zur Erreichung der gesetzten Klimaziele erforderlich sei, nicht zu erreichen, sagt Metz.
Unterstützung kommt von vielen Seiten
Hinter der Liste der Forderungen, die von der Deutschen Umwelthilfe, dem Deutschen Mieterbund und der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) erhoben werden, versammeln sich auch so unterschiedliche Gruppierungen wie der Sozialverband VdK Deutschland, der Bund der Energieverbraucher, der HKI Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik, der Bundesverband Wärmepumpe und der internationale Verein für zukunftsfähiges Bauen und Wohnen Natureplus.
Ihnen allen ist gemein, dass sie die Schuld für die hohen Energiepreise und die sich verschärfende Krise bei den Wohnkosten nicht nur bei Entwicklungen auf den weltweiten Energiemärkten für Erdöl und Gas sehen, sondern vor allem auch bei durch den Staat und die geltenden Regelungen falsch gesetzte Anreize.
Zudem verurteilen sie auch die Höhe der Steuern, die auf den Strompreis erhoben werden. Ebenso verurteilen sie die Abwälzung des CO₂-Preises allein auf die Mieter und nicht zuletzt auch die nicht stattfindende Entlastung von Haushalten mit geringem Einkommen. Darüber hinaus stellen sie fest, es gebe einen erheblichen Sanierungsstau bei bestehenden Gebäuden. Öl- und Gasheizungen, so die Kritik der Verbände, seien zumeist veraltet.
Thomas Engelke, der Leiter des Teams Energie und Bauen beim Verbraucherzentrale Bundesverband, sagt, das Aussetzen von Strom- und Gassperren sei eine Sofortmaßnahme. Langfristig aber müsse es zu einer Verringerung des Energieverbrauchs bei Gebäuden und darüber hinaus bei der Wärmeerzeugung zu einer Senkung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern kommen. Diese, so Engelke weiter, lieferten nach wie vor die Energie für die große Mehrzahl aller Wohnungen. Der Anteil erneuerbarer Energieträger mache im Wärmesektor nur 15 Prozent aus und sei damit bislang viel zu gering.