Teurer Fehlkauf – neuer Bundeswehr-Fallschirm stellt Sicherheitsrisiko für Soldaten dar

Ein interner Bericht des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) zeigt schwerwiegende Mängel beim neuen Fallschirm EPC-B. Obwohl dieser bereits genutzt wird, warnt ein Oberstleutnant in dem vertraulichen Papier vor erheblichen Risiken für die Soldaten. Während die Bundeswehr auf ihrer Website noch vom erfolgreichen Test und geringerem Verletzungsrisiko sprach, ergibt sich aus dem Bericht ein deutlich anderes Bild: Der Fallschirm gefährde dauerhaft die körperliche Unversehrtheit der Springer (tagesschau: 14.05.25).


Gefährliche Zwischenfälle beim Einsatz des Fallschirms

Besonders problematisch ist das Absetzen aus beiden Seitentüren des A400M-Transportflugzeugs. Im Vergleich zum Vorgängermodell T-10 kommt es beim neuen Fallschirm häufiger zu sogenannten Schirmdurchfahrten und Beinahe-Kappenkollisionen. Diese Zwischenfälle entstehen, wenn zwei Springer mit ihren Schirmen kollidieren oder einer zwischen die Leinen eines anderen gerät. Laut Bericht lassen sich diese Risiken weder technisch beherrschen noch organisatorisch reduzieren.

Interner Bericht der Bundeswehr deckt gravierende Sicherheitsmängel beim neuen Fallschirm EPC-B auf – hohe Risiken und kurze Einsatzdauer
Interner Bericht der Bundeswehr deckt gravierende Sicherheitsmängel beim neuen Fallschirm EPC-B auf – hohe Risiken und kurze Einsatzdauer

Ein Vorfall während einer Übung im März 2025 belegt das Problem: Zwei Soldaten kollidierten in der Luft. Das entsprechende Foto ist dem Bericht beigefügt, eine detaillierte Aufarbeitung fehlt jedoch.

Hohe Kosten und kurze Lebensdauer

Der neue Fallschirm darf nur bis zu einer Höhe von 1.000 Metern und für maximal 60 Sprünge eingesetzt werden. Geplant waren ursprünglich 180 Sprünge über 18 Jahre. Um dieses Ziel doch noch zu erreichen, müssten für 11,5 Millionen Euro zusätzliche Systeme beschafft werden.

Auch wirtschaftlich bringt das System Nachteile. Die laufenden Betriebskosten liegen laut interner Analyse deutlich über denen des alten Modells. Ein weiterer Schwachpunkt: Die Rückstellkraft der Ausstoßfeder fällt zu gering aus und stellt ein sicherheitsrelevantes Problem dar.

Kritik an Hersteller und mangelnde Interoperabilität

Das verantwortliche Unternehmen, eine deutsche Tochter des französischen Konzerns Safran, steht in der Kritik. Der interne Bericht unterstellt dem Hersteller unzureichende technische Detailkenntnisse. Probleme ließen sich daher nicht schnell genug lösen.

Safran verweist in einer Stellungnahme auf erfolgreich absolvierte Tests durch die Bundeswehr. Zudem hätten sich mehrere NATO-Staaten für das System entschieden. Die technische Interoperabilität sei laut Hersteller gegeben.

Dem widerspricht jedoch das vertrauliche Dokument. Demnach existieren zwischen den in Belgien, den Niederlanden und Deutschland genutzten Versionen technische Unterschiede. Diese verhinderten eine echte Kompatibilität im Einsatz. Interoperabilität könne daher kein entscheidendes Kriterium für die weitere Nutzung oder eine Nachbeschaffung darstellen.


Symptom eines tieferliegenden Problems

Die Bundeswehr kämpft nicht zum ersten Mal mit Problemen rund um den Fallschirm. Bereits 2020 fehlte es an Material, weshalb Fallschirme von US-Partnern ausgeliehen werden mussten. Auch im Bericht der Wehrbeauftragten 2022 wurde kritisiert, dass sich der Austausch des alten Systems unnötig verzögere.

Ein erfahrener Fallschirmjäger beschreibt die strukturellen Mängel im Beschaffungswesen als zentrales Problem. Zu viele Beteiligte, zu wenig Verantwortung – so lasse sich kein sicherer Betrieb gewährleisten. Die milliardenschweren Investitionen aus dem Sondervermögen lösen laut seiner Einschätzung keine Probleme, wenn die Entscheidungswege veraltet und ineffizient bleiben.

Das brisante BAAINBw-Dokument erklärte die Behörde unterdessen kurzerhand für gegenstandslos. Ein angeblicher Bürofehler habe zur Verteilung geführt. Die Inhalte sollen nun überarbeitet und dem zuständigen Abteilungsleiter erneut vorgelegt werden. Die grundlegende Kritik am neuen Fallschirm jedoch bleibt bestehen.

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