Bayern treibt den Ausbau der Windkraft massiv voran – doch am falschen Ort. Im Altöttinger Forst, zwischen Wallfahrtskapelle und Papst-Geburtshaus, sollen 27 Windräder entstehen. Die Region gehört zu den schwächsten Windzonen Deutschlands. Genau dort zeigt sich die Ineffizienz einer Energiepolitik, die auf maximale Subventionen statt auf maximale Wirkung setzt (welt: 29.07.25).
Symbolprojekt der Ineffizienz
Der Landrat rechnet mit bis zu 40 Anlagen. Es entstünde der größte Windpark Süddeutschlands – aber auch ein Mahnmal der Verschwendung. Der erzeugte Strom bleibt teuer und uninteressant für Industrie und Verbraucher. Neben örtlichem Widerstand wächst der Unmut bundesweit, denn die Kosten tragen alle.

Lange galt in Bayern die 10-H-Regel. Sie blockierte neue Windräder fast vollständig. Photovoltaik dominierte als „Heimatstrom“. Doch Sonnenstrom hilft in Wintermonaten wenig, im Sommer überfordert er das Stromnetz. Die alte Strategie brach zusammen, als Atom- und Kohlekraftwerke wegfielen.
Politischer Kurswechsel mit Risiken
Nun erlebt die Windkraft in Bayern ein Comeback. Genehmigungen für Windräder mit 600 Megawatt Leistung innerhalb von sechs Monaten zeigen den politischen Willen. Genehmigungen erfolgen in Rekordzeit. In Brandenburg dauert das Verfahren viermal so lange. Plötzlich gilt Windstrom als alternativlos.
Wirtschaftsminister Aiwanger betont die Bedeutung der Windkraft für Versorgungssicherheit. Besonders die Industrie im ChemDelta Bavaria erhofft sich stabile Stromflüsse. Doch kaufen will den Strom aus Altötting niemand. Die Preise seien zu hoch, erklärt ein Manager des Verbundes.
Kein Abnehmer für überteuerten Strom
Trotz wachsender Nachfrage nach Power Purchase Agreements (PPA) fehlt im Fall Altötting ein Vertrag. Projektierer Qair spricht von Interesse, doch konkrete Zusagen bleiben aus. Der Grund liegt in den hohen staatlich garantierten Erlösen, die eine Direktvermarktung überflüssig machen.
Das EEG-Referenzertragsmodell begünstigt Projekte an schlechten Standorten. In Altötting fließen durch einen Korrekturfaktor bis zu 11,33 Cent pro Kilowattstunde. Die Differenz zur Marktrealität zahlt der Steuerzahler. Damit übersteigen die Kosten sogar britische Atomstromverträge – einst Ziel massiver Kritik.
Subventionen auf neuem Höchststand
Claudia Kemfert verwies 2022 auf die Unwirtschaftlichkeit von Atomkraft. Dabei bleiben die Förderkosten für Windkraft in Bayern unerwähnt. In der Schweiz zeigt sich das Missverhältnis noch deutlicher. Dort erhalten Windräder über Jahre hinweg Subventionen, die weit über den Marktpreisen liegen.
ETH-Forscherin Annalisa Manera kalkulierte: Ein AKW mit denselben Subventionen wäre nach fünf Jahren amortisiert. Zudem laufen Atomkraftwerke doppelt bis dreimal so lange wie Windräder. Letztere erzeugen Strom nur bei Wind – ein Faktor, der zusätzliche Systemkosten auslöst und Ineffizienz steigert.
Immer mehr Windstrom an falschen Standorten
Bereits jetzt stehen 76 Prozent der Windräder in Bayern an Schwachwindstandorten. Der Gütefaktor liegt im Schnitt bei nur 55 Prozent. In Altötting unterschreiten alle geplanten Anlagen sogar die 50-Prozent-Marke. Das Recht auf überdurchschnittliche Förderung bleibt trotzdem bestehen.
Jürgen Quentin von der Fachagentur Wind und Solar dokumentiert den Rückgang der Standortqualität. Der Trend setzte im Süden bereits 2022 ein. Energiepolitische Vorgaben verschärfen das Problem. Netzfreundliche Kapazitäten im Süden bedeuten oft nur: mehr teure Windräder an ungeeigneten Orten.
Hoffnung auf Korrektur
Willy Fritz von „IG-Unser-Wald“ kritisiert: „Mangelnde Windhöffigkeit wird durch überzogene Subventionen ersetzt, was allerdings den kümmerlichen Ertrag nicht verbessert.“ Wirtschaftsministerin Katherina Reiche plant nun einen Realitätscheck zur Energiewende.
Ziel sei, Kosteneffizienz und Ausbau endlich zusammenzuführen. Altötting zeigt exemplarisch, wie sehr sich Energiepolitik von wirtschaftlicher Vernunft entfernt hat. Die neue Bundesregierung steht unter Druck, diese Ineffizienz zu beenden.
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