Eine neue Studie des Alfred-Wegener-Instituts belegt, dass der Abrieb von Offshore-Windkraftanlagen in Miesmuscheln nachweisbar ist. Diese Belastung könnte langfristig die Gesundheit der Weichtiere und damit auch die marinen Ökosysteme beeinflussen. Offshore-Windparks begünstigen zwar die Ansiedlung von Muscheln und beleben marine Lebensräume, bringen aber auch Umweltprobleme mit sich (taz: 26.01.25).
Umweltbelastung durch Rotorblattabrieb
Die Windenergie auf See erlebt einen Boom: Laut einer Analyse des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien sind allein im vergangenen Jahr 73 neue Anlagen in zwei Offshore-Windparks hinzugekommen. Vereinfachte Genehmigungsverfahren sollen künftig für eine noch schnellere Expansion sorgen, um Deutschland dem Ziel der Klimaneutralität näherzubringen.
Eine Studie des Alfred-Wegener-Instituts, veröffentlicht im Fachmagazin Science of the Total Environment beeinträchtigen. Der langjährige Betrieb unter harschen Wetterbedingungen führt zur Erosion von Rotorblättern. Die entstehenden Abriebpartikel gelangen ins Wasser, wo sie unter anderem von Miesmuscheln aufgenommen werden. Diese Muscheln siedeln häufig an den Fundamenten der Anlagen.
Forscher untersuchten im Labor, wie stark der Abrieb die Muscheln beeinflusst. „Wir haben die Miesmuscheln unterschiedlichen Partikelkonzentrationen ausgesetzt und nach bestimmten Zeiträumen Proben genommen“, erklärte Gisela Lannig, Projektleiterin am Alfred-Wegener-Institut. In Szenarien mit hoher Partikelbelastung über zwei Wochen wiesen die Muscheln erhöhte Konzentrationen von Metallen wie Barium und Chrom auf. Langfristige Auswirkungen auf den Stoffwechsel konnten bisher jedoch nicht abschließend geklärt werden.
Bedeutung der Muscheln für das Ökosystem
Muscheln leisten einen wichtigen Beitrag zur Stabilität von Küstenökosystemen. Sie bieten Lebensraum für viele andere Arten und verbessern durch ihre Filtration die Wasserqualität. Arten wie Austern und Miesmuscheln eignen sich zudem für die Zucht in Aquakulturen innerhalb von Windparks. Da sie für den menschlichen Verzehr infrage kommen, ist es essenziell, Schadstoffbelastungen gering zu halten.
Die Windparks bringen allerdings auch Vorteile für die Unterwasserwelt. Durch die Ansiedlung von Algen und Muscheln wird das Ökosystem belebt, während gleichzeitig Kohlenstoff aus der Atmosphäre entzogen wird. Seit 2023 untersucht ein europäisches Wissenschaftsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut die Wachstumsraten bestimmter Arten in Nord- und Ostsee.
Potenzial der Mehrfachnutzung
Die Verbindung von Offshore-Windkraft mit Aquakulturen bietet laut Meeresbiologin Lannig großes Potenzial. „Eine Mehrfachnutzung von Offshore-Windparks ist eine Win-win-Situation“, betont sie. Dennoch sei es notwendig, die Langzeiteffekte und mögliche gesundheitliche Risiken der Muschelzucht intensiver zu untersuchen. Nur so könnten sichere Rahmenbedingungen für den menschlichen Verzehr geschaffen werden.
Optimierung erforderlich
Lannig hebt hervor, dass es den Forschenden keineswegs darum geht, Offshore-Windparks grundsätzlich zu kritisieren. Erneuerbare Energien spielen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel. Allerdings sei es unvermeidbar, dass der Ausbau mit gewissen Nebeneffekten einhergehe. Die Kunststoffverschmutzung durch Rotorblattabrieb könne jedoch reduziert werden, wenn die Anlagen entsprechend optimiert würden. „Da dies auch im Interesse der Betreiber liegt, besteht hier eine realistische Chance auf Verbesserung,“ so Lannig abschließend.
Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, Ökologie und Technologie in Einklang zu bringen. Nur durch vorausschauende Planung können die Vorteile der Offshore-Windkraft voll ausgeschöpft und gleichzeitig negative Auswirkungen minimiert werden.
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