Algen und Fische in Gefahr durch LNG-Terminals: BUND und Nabu im Konflikt

Deutschland hat zwei Import-Terminals errichtet, um Flüssigerdgas (LNG) aus aller Welt zu importieren. Diese Terminals befinden sich in Wilhelmshaven und Lubmin an der Nordsee und an der Ostsee. Bis 2026 sollen weitere Terminals folgen. Doch Umweltschützer warnen davor, dass Flüssigerdgas umweltschädlicher ist als Pipeline-Erdgas und dass es ein Experiment auf dem Rücken der Umwelt sein könnte.


Die Deutsche Umwelthilfe hat gegen das LNG-Terminal in Wilhelmshaven, dass im Dezember eröffnet wurde, Widerspruch eingelegt. Sie fordert, dass der Betrieb des Terminals auf maximal zehn Jahre begrenzt wird, und dass das Einleiten von Abwasser ins Meer gestoppt wird, um mögliche Schäden für den Naturpark Wattenmeer zu vermeiden. Das Abwasser enthält Chlor als Biozid, das der Betreiber Uniper zur Reinigung seiner Anlagen auf dem Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ verwendet. Der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz hat Uniper eine Erlaubnis für die Einleitung von bis zu 35,6 Tonnen Chlor im Jahr erteilt. (Berliner Zeitung, 17.01.2023)

Naturschutzorganisation prüft Anzeige gegen Verunreinigung des Meeres durch „besondere Dreckschleuder“

Der Naturschutzbund Deutschland prüft, ob er wegen der Verunreinigung des Meeres eine Anzeige stellen soll. Auf dem Schiff „Höegh Esperanza“ in Wilhelmshaven sollen laut Unterlagen bis zu 0,2 mg/l Chlor pro Liter zur Reinigung der Rohre verwendet werden. Als Vergleich: In Australien ist jeder Wert über 0,1 mg/l Chlor bei LNG Terminals streng verboten. Die erste Vorsitzende des Nabu in Wilhelmshaven, Stefanie Eilers, bezeichnet das Schiff als „besondere Dreckschleuder“.

Uniper produziert jeden Tag 530.000 Kubikmeter chlorhaltiges Abwasser. Das entspricht fast 2,7 Millionen Badewannen voll Wasser. Der Grenzwert für Chlor im Trinkwasser liegt bei 0,3 mg/l, für Abwasser bei 0,2 mg/l. Uniper erklärt, dass sie Biozide benutzen müssen, da das Wasser einen hohen Salzgehalt besitzt, um ein organisches Bewuchs auf dem Schiff zu verhindern.


„Höegh Esperanza“ – Seewasser vor Bakterien und Algen schützen, aber kein Chrom einleiten

Um das Seewasser an Bord vor Bakterien und Algen zu schützen, wird das Schiff „Höegh Esperanza“ Chlor einsetzen. Dieses Chlor wird durch Elektrolyse aus dem Meerwasser erzeugt. Während des Wegs durch das Schiff verringert sich die Konzentration des Chlors im Seewasser durch Zerfall und Reaktionen mit Mikroorganismen und anderen Substanzen.

Der Nabu ist der Meinung, dass nicht nur das Chlor allein ein Problem ist. In Wilhelmshaven wurden laut dem Netzwerk Energiedrehscheibe rund zwei Dutzend Spaltprodukte des Chlors gefunden, von denen einige als „hochgiftig“ eingestuft werden. Deshalb fordert der Nabu, dass das Reinigungssystem des Schiffs auf Ultraschall oder eine andere mechanische Methode geändert wird und die Einleitung von Chlor und seinen Spaltprodukten gestoppt wird.

Abwasser von LNG Terminals enthält Chlor. Niedersachsen hat eine Erlaubnis für die Einleitung von bis zu 35,6 Tonnen Chlor im Jahr erteilt.
Algen und Fische in Gefahr durch LNG-Terminals: BUND und Nabu im Konflikt

Der BUND hat Bedenken bezüglich der Spaltprodukte, die beim Chlorieren des Seewassers entstehen. Diese Produkte, wie Bromoform, 2,4,6-Tribromphenol, Dichlormethan, Trichlormethan und Dibromoacetonitril, können schädlich für die Umwelt und die Gesundheit sein. Besonders bedenklich sind laut BUND Bromoform und 2,4,6-Tribromphenol. In Wilhelmshaven überschreiten die Konzentrationen von Bromoform nach BUND-Berechnungen sogar das 500-Fache. Auch 2,4,6-Tribromphenol kann schon bei geringen Konzentrationen negative Auswirkungen auf Fische haben.

Gefährlicher Cocktail-Effekt: Uniper belastet das Ökosystem

Es gibt eine Art von Cocktail-Effekt, bei dem verschiedene Chemikalien gemeinsam einen schädlicheren Effekt haben als allein. Wenn Uniper mehr Schadstoffe in das Wasser einleitet, kann es das Ökosystem stark belasten und diese Auswirkungen sind in der Genehmigung nicht berücksichtigt worden.

Dr. Matthias Brenner, ein Meeresbiologe am Alfred-Wegener-Institut, ist ärgerlich dass, trotz der neuen Technologien, die neuen LNG-Terminals 2023 immer noch Abwässer ins Meer leiten werden. Er warnt davor, dass, auch wenn viele glauben, nur sehr wenige zulässige Chemikalien einzuleiten, es früher oder später doch zu viel sein kann. Niemand weiß, welche Abwässer am Ende des Tages insgesamt eingeleitet werden. Laut Brenner sollte es 2023 keine neuen Systeme geben, die Abwässer über die Umwelt entsorgen.


Kritik an den Energiequellen der LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Lubmin

Das Terminalsschiff in Wilhelmshaven wird kritisiert, weil es dort im sogenannten Open Loop-System Seewasser als Energiequelle nutzt und es wieder kälter an die Nordsee abgibt. In Lubmin, dem Terminal „Deutsche Ostsee“ hingegen, arbeitet man im Closed Loop-System, also im geschlossenen Kreislauf. Hier wird als Energiequelle LNG verbrannt und nur kleine Wassermengen, ohne Chlor, werden in die Ostsee zurückgeleitet. Der BUND hatte zuvor die Wahl von Lubmin als Standort kritisiert, da es in der Nähe flache, sensible Bodengewässer gibt.

Lubmin bekommt ein LNG-Terminal. Dazu wollen RWE und Stena-Power in der Nähe ebenfalls ein Terminal eröffnen. Insgesamt soll Deutschland in den nächsten Jahren elf solcher Terminals bekommen. Es ist fraglich, ob die Summe der Schadstoffe, die diese Terminals produzieren, für die beiden Seen nicht doch zu viel wäre.

LNG-Terminals: Unterschiedliche Ansichten von BUND und Nabu

Susanne Gerstner von BUND sieht in den geplanten LNG-Terminals vorerst keine große Gefahr. Laut ihrem Wissensstand verwendet nur das Terminal in Wilhelmshaven Biozide, was einer der größten Kritikpunkte von BUND ist. Es gibt schon viele Terminals, die deutlich umweltfreundlichere Methoden anwenden. Gerstner denkt aber, dass die Schadstoffe insgesamt durch andere Terminals noch mehr Schaden anrichten könnten.

Stefanie Eilers vom Nabu findet die Lage bezüglich der LNG-Terminals sehr kritisch. Sie hält es für ‚bodenlos frech‘, solche Projekte anzustreben. Bei den Terminals werden andere Reinigungsverfahren angegeben, aber welche genau, wird nicht verraten. Sie fordert, dass alles offen gelegt wird, denn es geht hier um unser Meer. Sonst gibt man der europäischen Wasserrahmenrichtlinie nicht nach, die vorschreibt, eine Verschlechterung zu vermeiden und an einer Verbesserung zu arbeiten. Statt mehr LNG-Terminals zu bauen, ohne ordentliche Umweltverträglichkeitsprüfung, schlägt Eilers vor, die Überbürokratisierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu beenden.

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