Leere Schaufenster und geschlossene Kneipen bestimmen immer häufiger das Bild deutscher Städte. Hinter dieser Entwicklung steht nicht nur verändertes Konsumverhalten, sondern vor allem der dramatische Anstieg der Mieten. Immer mehr Betriebe geraten dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Das Café Lido im Frankfurter Nordend steht exemplarisch für diesen Trend. Über 23 Jahre lang bot es mediterranes Flair und einen beliebten Treffpunkt im Viertel. Jetzt heißt es auf den Online-Plattformen nur noch „dauerhaft geschlossen“ und „R.I.P.“. Parallel läuft der Ausverkauf, nachdem die Eigentümer die Mieten um 70 Prozent anheben wollten – das endgültige Aus (welt: 09.05.25).
Mieten treiben Betriebe auch in Top-Lagen in den Ruin
Längst trifft das Ladensterben nicht mehr nur kleine Städte und Randlagen. Selbst in den besten Lagen der Metropolen verschwinden bekannte Geschäfte. In München stehen in der Maxvorstadt und im Glockenbachviertel zahlreiche Ladenlokale leer. Leere Schaufenster und geschlossene Traditionskneipen prägen das Bild und verändern die Stadtkultur. Sogar am Marienplatz, in unmittelbarer Nähe zur stark frequentierten Kaufingerstraße, kämpfen Händler ums Überleben. Im Februar 2025 bewegten sich dort noch 1,8 Millionen Passanten durch die Straßen – doch selbst diese Besucherströme reichen kaum aus, um die hohen Mieten zu tragen.

Auch in Berlin-Prenzlauer Berg, einst bekannt für pulsierendes Nachtleben, dominieren inzwischen Schließungen. Die Kultbar „WATT“ in der Metzer Straße beendet bald ihren Betrieb, nachdem die Eigentümer den Mietvertrag nicht verlängerten.
Mieten belasten fast jeden fünften Betrieb
Die IHK Baden warnt eindringlich: Ohne grundlegende Veränderungen verschwinden in den kommenden zehn Jahren fast 30 Prozent der Läden. Besonders alarmierend: Jeder fünfte Betrieb leidet unter zu hohen Mieten. Dieses Problem betrifft sowohl kleine Familienbetriebe als auch große Handelsketten.
Obwohl die Mieten zuletzt weniger stark gestiegen sind, kletterten die Gewerbekosten seit der Pandemie dennoch um rund 14 Prozent. München führt den Mietspiegel weiterhin an. In der Kaufingerstraße kostet der Quadratmeter inzwischen 340 Euro, während Frankfurt und Düsseldorf mit 270 Euro nur wenig günstiger sind. In Berlin haben sich die Mieten für Einzelhändler in den letzten zehn Jahren sogar verdoppelt.
Besonders belastend bleiben die häufig genutzten Indexmietverträge. Diese orientieren sich an der Inflation und lassen sich mehrfach im Jahr anpassen. Die Rekord-Inflation der Jahre 2022 und 2023 sorgte daher bei vielen Händlern für erhebliche Mietsteigerungen.
Mietpartnerschaften als Chance gegen die Verödung
Für viele Betriebe bleiben nur drei Optionen: Standortwechsel, Preissteigerungen oder die endgültige Geschäftsaufgabe. Doch steigende Preise vergraulen oft Kunden, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage deutlich sparsamer geworden sind. Das Café Lido entschied sich für den Rückzug – ein Umzug kam nicht infrage, auch aufgrund des Alters der Betreiber.
Seit Beginn der Pandemie schlossen bereits rund 40.000 Einzelhändler. Nach Prognosen des Handelsverbandes Deutschland (HDE) drohen in den kommenden vier Jahren weitere 46.000 Geschäftsaufgaben. Josef Röll von der IHK Ulm stellt klar: „Ist der Umsatz gut und läuft das Geschäft, sind höhere Mieten für Händler ja durchaus bezahlbar.“ Doch selbst Traditionsunternehmen wie Eckerle in München mussten aufgeben. Der Standort in der Theatinerstraße gilt nicht mehr als wirtschaftlich tragfähig – zu hoch die Mieten, zu stark der Wettbewerbsdruck.
Gentrifizierung lässt Mieten explodieren und vertreibt die Vielfalt
Dieses Phänomen betrifft längst nicht nur Metropolen wie Köln oder Frankfurt. Auch Städte wie Biberach, Bottrop und Zweibrücken kämpfen mit verödeten Innenstädten. Trotz zahlreicher Förderprogramme und Initiativen bleibt der Erfolg aus.
Ein weiterer Aspekt verschärft die Lage: In gefragten Wohnlagen explodieren die Mieten, einfache Gastronomiebetriebe finden dort keinen Platz mehr. Wer eine Altbauwohnung für 6.000 Euro pro Quadratmeter kauft, duldet selten eine lebhafte Eckkneipe vor der Haustür. Konflikte wegen Lärm und Gerüchen beenden dann oft die Existenz kleiner Lokale.
Langfristig verlieren solche sterilen Wohnviertel jedoch an Attraktivität. In Prenzlauer Berg und der Maxvorstadt stagnieren die Immobilienpreise seit fast drei Jahren.
Ein positives Beispiel liefert Biberach. Dort belebte das Projekt „Biberacher Freiräume“ acht leerstehende Läden auf nur 150 Metern. Ohne Bürokratie konnten Interessierte die Gewerbeflächen besichtigen und direkt einen Mietvertrag abschließen. Vier Leerstände fanden so schnell einen neuen Mieter – ein Modell, das auch anderen Städten Hoffnung machen könnte.
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