Star-Architekt fordert Bürgerstromkontingente und TV-Sendung zur Erziehung zum Klimaschutz

Werner Sobek ist ein renommierter Architekt und weltweit anerkannter „Pionier der Nachhaltigkeit“. In Deutschland wird er für seine Expertise im Bau von recycelbaren und emissionsfreien Häusern geschätzt. Angesichts der aktuellen Baukrise in Deutschland äußert er die dringende Notwendigkeit eines grundlegenden Umdenkens in Bezug auf Wohnen und Energieverbrauch. Er betont die Bedeutung einer neuen Bescheidenheit und Angemessenheit in Bezug auf unsere Wohnansprüche. Dies dient dazu, die Wohnkosten bezahlbar zu halten und die Umweltauswirkungen zu minimieren. Sein Vorschlag eines „Bürgerstromkontingents“ könnte darauf hinweisen, dass er eine gerechtere Verteilung und Begrenzung des Energieverbrauchs befürwortet. Insgesamt plädiert Sobek dafür, die Wohnkultur in Deutschland zu überdenken und eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Lebensweise anzustreben (Welt: 24.09.23).


Architekt Werner Sobek fordert Umdenken in Wohnkultur und Energieverbrauch

In einem Interview mit der WELT äußerte der renommierte Architekt Werner Sobek seine Ansichten zur aktuellen Situation im Bauwesen und zur Wohnkultur. Er betonte die Notwendigkeit eines grundlegenden Umdenkens in Bezug auf Wohnen und Energieverbrauch. Sobek argumentierte, dass es in Zukunft mehr Wohnungen geben werde, aber nicht zwangsläufig weniger Raum pro Person. Es kommt weniger auf die Quadratmeterzahl an. Vielmehr zählt der Materialverbrauch pro Fläche und der damit verbundene Komfort.

Architekt Sobek will Bürgerstromkontingent, um den knappen Strom pro Kopf zu verteilen, weniger Wohnfläche und  „Der Achte Sinn“ als TV-Sendung, um Bürger zum Klimaschutz zu erziehen
Architekt Sobek will Bürgerstromkontingent, um den knappen Strom pro Kopf zu verteilen, weniger Wohnfläche und „Der Achte Sinn“ als TV-Sendung, um Bürger zum Klimaschutz zu erziehen

Sobek erklärte, Komfort umfasse Schallschutz und angenehme Raumtemperaturen. In den letzten Jahrzehnten wurde dieses Niveau stark verbessert. Dies ist jedoch teuer und erfordert knappe Materialien, die Emissionen bei Herstellung und Transport verursachen. Er regte an, darüber nachzudenken, was wirklich notwendig sei und was als „nice to have“ betrachtet werden könne. Damit stellte er die Frage, ob es akzeptabel sei, an wenigen Tagen im Jahr in der Wohnung einen Pullover zu tragen. Auch fragte er, ob Menschen früher unglücklicher waren, weil sie sich das heutige Komfortniveau nicht leisten konnten.

Der Architekt betonte die Notwendigkeit eines grundlegenden Umdenkens in Bezug auf Wohnen und Energieverbrauch. Sobek kritisierte das hohe Anspruchsniveau vieler Menschen und argumentierte, dass in schwierigen Zeiten die Erwartungen reduziert werden sollten. Er betonte auch, dass es wichtig sei, die Ursachen von Problemen wie Ressourcenverbrauch, Abfallaufkommen, Emissionen und Flächenversiegelung anzugehen.


Umdenken bei Lärm, Einfamilienhäusern und sozialer Dimension im Bauwesen

Sobek betonte, dass die Bekämpfung der Ursachen, wie beispielsweise der durch den Autoverkehr erzeugte Lärm, entscheidend sei. Er schlug Maßnahmen wie die Förderung leiserer Fahrzeuge, die Änderung von Geschwindigkeitsbegrenzungen und die Überprüfung des gesamten Mobilitätsverhaltens vor.

Einige betrachten das Einfamilienhaus als störend, da es ein Produkt individueller Wünsche ist. Sobek unterstützt individuelle Wünsche und betrachtet das freistehende Haus im Grünen als einen großen Traum. Er weist jedoch darauf hin, dass die Umsetzung dieses Traums Konsequenzen hat. In Einfamilienhausgebieten sind die Kosten für die Infrastruktur hoch. Es gibt erhebliche Materialaufwendungen und damit verbundene Emissionen. Diese Kosten sind fast doppelt so hoch wie in dichter bebauten Gebieten. Die Entfernungen zwischen den Häusern erfordern Straßen und Leitungen.

Die soziale Dimension ist von Bedeutung. Die Frage ist, ob die Wohnqualität im Sinne des Miteinanders nicht besser ist, wenn die Häuser dichter beieinander stehen. Viele Menschen träumen davon, am Marktplatz eines italienischen Städtchens zu wohnen. Dort ist es „lebendig“, und man fühlt sich „heimisch“. Im Gegensatz dazu spricht man im frei stehenden und vereinzelten Haus häufig schon lange nicht mehr mit den Nachbarn. Der soziale Kontakt, das gemeinsame Gespräch, bildet jedoch den Kern der Gesellschaftsformung, unserer sozialen Einbettung und des In-der-Heimat-Seins.

„Der Achte Sinn“ soll im TV helfen, die Bürger beim Klimaschutz zu erziehen

Es besteht die Notwendigkeit, die Wahrnehmung zu verändern. Dies bezieht sich auf den emotionalen Bezug vieler Menschen zu ihrem Wohnraum, der als Heimat empfunden wird, sowie auf Herausforderungen wie Desaster im Zusammenhang mit Wärmepumpen und E-Autos. Als Architekt habe ich ein Bewusstsein für diese Belange.

Es gibt jedoch ein Problem bei der Vermittlung von Fakten, Ursachen und Konsequenzen. Eine einfache Lösung, die ich seit Jahren vorschlage, ist eine Fernsehsendung namens „Der Achte Sinn“. Diese Sendung könnte jeden Freitag 90 Sekunden vor den Tagesthemen ausgestrahlt werden. Ähnlich wie in den 1960er-Jahren, als die Deutschen noch nicht an das Autofahren gewöhnt waren und zu einer Nation von Autofahrern ausgebildet wurden, könnten wir heute versuchen, die Zusammenhänge in Bezug auf die Klimaerwärmung und ihre Folgen verständlich zu vermitteln. Wenn Menschen etwas nicht verstehen, neigen sie dazu, es zu verdrängen und nicht zu handeln.

Das neue Gebäude-Energie-Gesetz ist ein deutliches Beispiel für eine gut gemeinte Initiative, die jedoch in der Realität gescheitert ist. Es erinnert daran, dass das erste Gebäude-Energie-Gesetz bereits 1976 verabschiedet wurde. In seiner Begleitbegründung wurde darauf hingewiesen, dass es der Stabilisierung des Bundeshaushalts und der Lösung der Abhängigkeit von Erdöllieferungen dienen sollte. Es handelte sich also um ein wirtschaftsstrategisches Gesetz, das keinerlei Umweltaspekte berücksichtigte.


Umdenken in der Energiepolitik – Weniger Vorschriften, mehr Handlungsoptionen

Die aktuellen Wärmeschutzgesetze zielen darauf ab, letztlich den Zusammenbruch der Stromversorgung zu verhindern. Bisher erzeugten wir Wärme hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und von Holz. Im Zuge der Energiewende möchten wir in Zukunft Wärme emissionsfrei und hauptsächlich mit Strom erzeugen, anstatt auf Verbrennungsprozesse zu setzen. Aufgrund politischer Versäumnisse in der Vergangenheit fehlen uns jedoch heute sowohl die benötigten Strommengen als auch die sichere Verteilung. Daher wird versucht, den Energieverbrauch durch energetische Sanierungen im Bauwesen zu reduzieren. Die Ansage müsste lauten: „Bitte benutzt weniger Strom und helft alle dabei, mehr Strom zu erzeugen.“ Dies wäre eine völlig andere Herangehensweise als zu sagen: „Du musst dein Haus wärmedämmen.“

Durch eine Zielformulierung statt eines starren Maßnahmenkatalogs würden sich die Handlungsoptionen für die Bürger grundlegend ändern. Wenn der zum Heizen benötigte Strom teuer ist oder aus anderen Gründen nicht verwendet werden soll, gibt es verschiedene Optionen. Man kann wählen, ob man energetische Sanierungen durchführt, weniger heizt oder zur Stromerzeugung beiträgt. Dies könnte beispielsweise durch die Installation von Photovoltaik am Balkon oder durch die Gründung von Stromerzeugergemeinschaften mit Nachbarn geschehen. Anstatt seitenlanger Vorschriften und Maßnahmenpakete könnten die Menschen flexibler agieren.

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