Die anfängliche Euphorie für alpine Photovoltaikanlagen schwindet. Die Axpo korrigiert ihre Prognosen drastisch nach unten. Statt der angestrebten zwei Terawattstunden sollen 2030 nur 0,5 Terawattstunden erzeugt werden – gerade einmal ein Viertel des Ziels. Der Solarexpress sollte Panels an Berghängen installieren, um die Winterstromlücke zu schließen und die Energiewende voranzubringen. Doch trotz hoher Subventionen rechnet sich der Bau kaum. Die Erwartungen waren überzogen (tagesanzeiger: 14.12.24).
Hohe Subventionen, wenig Nutzen
Vor zwei Jahren überzeugten Politiker wie der FDP-Ständerat Ruedi Noser mit ihrer Vision des Solarexpresses. Peter Bodenmann, ein bekannter SP-Vertreter, plante sogar eine eigene Anlage. Das Parlament verabschiedete ein Gesetz, das Subventionen von bis zu 60 Prozent vorsieht. Bewilligungsverfahren wurden verkürzt, um den Bau zu beschleunigen.
Doch nun zeigt sich: Umweltorganisationen bremsen Projekte durch Einsprachen. Gleichzeitig explodieren die Kosten. Axpo, der größte Schweizer Stromkonzern, senkt seine Prognosen deutlich. 2030 sollen alpine Anlagen nur 0,5 Terawattstunden liefern – genug für 110.000 Haushalte. Das ist ein Viertel des angestrebten Ziels.
Unterschätzte Herausforderungen in den Bergen
Bis 2050 hatte die Axpo mit zehn Terawattstunden Strom aus alpinen Anlagen gerechnet. Diese Prognose wurde auf 0,81 Terawattstunden reduziert. Ein gewaltiger Rückgang, der die Realität widerspiegelt. Die extreme Witterung in den Bergen führt zu hohen Baukosten. Starke Winde und Schneemassen setzen den Anlagen stark zu.
Jeanette Schranz von der Axpo erklärt, dass Marktanalysen und Erfahrungen aus eigenen Projekten zur Korrektur geführt haben. Viele Vorhaben wurden eingestellt. Die restlichen stehen vor erheblichen Hürden. Selbst stabile Fundamente sind kaum gewappnet gegen meterhohe Schneeverwehungen.
Experten bestätigen die Einschätzungen
ETH-Professor Bjarne Steffen hat die Wirtschaftlichkeit untersucht. Sein Fazit: „Die Einschätzung der Axpo ist plausibel.“ Die extremen Bedingungen in den Alpen verteuern den Bau massiv. Wind und Schnee erfordern robuste Verankerungen, was die Kosten in die Höhe treibt.
Auch Stefan Bisculm von Repower sieht das Problem. Trotz hoher Förderungen übersteigen die Produktionskosten die Marktpreise. Die kleine Anlage in Klosters zeigt exemplarisch, wie begrenzt das Potenzial ist. Sie produziert nur 0,017 Terawattstunden pro Jahr – 0,85 Prozent des Solarexpress-Ziels.
Mini-Anlagen als letzte Hoffnung
Erfolg verspricht nur der Bau kleinerer Anlagen, die lokal Strom liefern. In Klosters gelingt das, weil die Madrisa-Bahnen den Strom direkt abnehmen. Die Netzkosten entfallen, was den Betrieb rentabel macht. Laut Steffen bleiben solche Projekte aber die Ausnahme. Nur wenige Standorte erfüllen alle Bedingungen für wirtschaftliche Anlagen.
Die Zukunft sieht wenig vielversprechend aus. Hohe Kosten begrenzen den Ausbau alpiner Solarkraftwerke. Selbst bei sinkenden Baukosten bleibt fraglich, ob sich die Anlagen rentieren. Die Zahl bewilligter Projekte ist ernüchternd. Nur vier Anlagen wurden bisher genehmigt. Zusammen liefern sie gerade einmal 3,5 Prozent des angestrebten Ziels.
Bundesrat Rösti bleibt optimistisch
Energieminister Albert Rösti kennt die Probleme. Er geht von weniger als zwei Terawattstunden Stromproduktion aus. Trotzdem hält er am Solarexpress fest. Für ihn schafft der Beschleunigungserlass neue Dynamik. Auch Alt-Ständerat Ruedi Noser glaubt weiter an alpine Photovoltaik.
Die Dekarbonisierung bleibt ein Kraftakt. Jede Anlage zählt, auch wenn die Ziele verfehlt werden. Doch ohne alpine Solaranlagen droht die Schweiz im Winter auf Gaskraftwerke angewiesen zu sein. Experten bezweifeln jedoch, dass genug erneuerbares Gas verfügbar ist.
Am Ende zeigt der Solarexpress: Visionen sind wichtig, aber die Realität der Berge stellt ihre eigenen Regeln auf. Die Energiewende braucht mehr als nur ambitionierte Pläne – sie braucht umsetzbare Lösungen.
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