SMA Solar aus Niestetal bei Kassel steckt in einer schweren Krise. Zum zweiten Mal in diesem Jahr hat der letzte börsennotierte Solarkonzern Deutschlands seine Prognose gesenkt. Gleichzeitig gab der Wechselrichter-Hersteller bekannt, weltweit 1100 Stellen zu streichen, davon zwei Drittel in Deutschland. Die schwierige Marktlage und hohe Abschreibungen belasten das Unternehmen enorm (handelsblatt: 14.11.24).
Hohe Abschreibungen und fallende Nachfrage
Die Nachfrage auf dem Photovoltaikmarkt bleibt schwach. Im Rahmen eines Restrukturierungsprogramms sind Abschreibungen von bis zu 140 Millionen Euro fällig. Das Marktumfeld bleibt äußerst anspruchsvoll. Vorstandschef Jürgen Reinert hält die Entscheidung für notwendig, denn das laufende Geschäftsjahr droht nach der neusten Prognose mit einem Verlust zwischen 50 und 100 Millionen Euro (Ebit) zu enden.
Der Geschäftsbereich „Home Solutions“ verzeichnete bereits in den ersten neun Monaten ein Minus von 46,6 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum lag der operative Gewinn noch bei 137 Millionen Euro. Bei Gewerbe- und Industriekunden fiel das Ergebnis sogar von einem Gewinn von 15,8 Millionen Euro auf einen Verlust von 77,2 Millionen Euro. Die Aussichten bleiben trüb.
Die ersten Warnsignale
Noch im Vorjahr schrieb SMA Solar Gewinne von 270 Millionen Euro. Bereits in der ersten Jahreshälfte 2024 wurden die Schwierigkeiten sichtbar, als die erste Gewinnwarnung zur Prognose herausgegeben wurde. Finanzvorständin Barbara Gregor kündigte im August ein umfassendes Sparprogramm an, um Kosten zu senken und Abläufe zu straffen. Effizienz und Flexibilität stehen im Fokus. Der Wandel in der Solarbranche erfordert entschlossenes Handeln. Die Konkurrenz aus China übt enormen Druck aus.
Chinesische Hersteller verschärfen den Wettbewerb
Die Energiekrise hatte für SMA zunächst zu einem Boom geführt. Hohe Strompreise und die Unsicherheit durch den Krieg in der Ukraine ließen die Nachfrage nach Solaranlagen explodieren. 2023 stellte SMA sogar einen neuen Rekordumsatz auf. Doch die Euphorie endete schnell. Obwohl das Interesse an Solaranlagen weiterhin hoch ist, stockt der Absatz von Wechselrichtern. Händler und Hersteller kämpfen mit vollen Lagern, während der Aktienkurs von SMA in einem Jahr um 75 Prozent eingebrochen ist.
Als Hauptursache sehen Branchenkenner die aggressive Preispolitik chinesischer Anbieter. Die Konkurrenz aus Fernost setzt europäische Hersteller mit Dumpingpreisen unter Druck. Laut der Vergleichsplattform grueneshaus.de sind Wechselrichter von Huawei inzwischen um 50 Prozent günstiger als SMA-Produkte. Das Resultat ist ein ruinöser Preiskampf, der die Margen zerstört.
Preisverfall belastet Hersteller
Vor einem Jahrzehnt kostete ein Wechselrichter im Durchschnitt 260 Euro pro Kilowattpeak (kWp). Im November dieses Jahres liegt der Preis bei nur noch 120 Euro pro kWp. Das bedeutet einen Preisverfall von 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für Verbraucher ist das eine erfreuliche Entwicklung, doch für SMA Solar bedeutet es die schwerste Krise seit 2012.
Damals brach der deutsche Markt für Photovoltaikanlagen infolge gekürzter Subventionen dramatisch ein. Der Preiskampf gegen chinesische Billigware trieb viele deutsche Hersteller in die Pleite. Weltmarktführer wie Solarworld und Phoenix Solar überlebten nicht. Trotz aller Herausforderungen hat SMA bisher jede Krise durch Restrukturierungen gemeistert.
Systemlösungen als Zukunftsstrategie
Der Fokus auf ganzheitliche Systemlösungen könnte SMA retten. Unter der früheren Leitung von CEO Pierre-Pascal Urbon stellte das Unternehmen bereits zwischen 2015 und 2018 sein Geschäftsmodell um. Die reine Produktion von Wechselrichtern versprach keine Gewinne mehr. Stattdessen setzte SMA auf die Steuerung von Energieflüssen und die Integration mit Elektroautos und Wärmepumpen. Doch selbst die Komplettlösung „Home Solutions“ schreibt nun das erste Mal seit sechs Jahren rote Zahlen.
Positiv entwickelt sich dagegen das Geschäft mit Großkunden. In den ersten neun Monaten 2024 verdreifachte sich das operative Ergebnis in diesem Segment auf 154,4 Millionen Euro. Eine neue Fabrik in Niestetal soll Anfang 2025 die Produktion ankurbeln. Damit könnten die Kapazitäten erneut verdoppelt werden. Ob das SMA langfristig aus der Krise führt, bleibt abzuwarten.
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