In der Nacht zum Ostersonntag, exakt um 3:59 Uhr, kam es in mehreren Gemeinden des Kreises Alzey-Worms zu einem Stromausfall. Betroffen waren Albig, Bermersheim, Armsheim, Flonheim, Lonsheim und Bornheim. Die Ursache: Unbekannte hatten einen Hochspannungsmast nahe der Landstraße 401 abgesägt. Der Strommast stürzte in einen angrenzenden Weinberg, ohne dabei Personen zu verletzen. Der entstandene Sachschaden beläuft sich auf über 100.000 Euro (swr: 23.04.25)
Schnelle Wiederherstellung der Stromversorgung
Trotz des erheblichen Schadens konnte die Stromversorgung innerhalb von zehn Minuten wiederhergestellt werden. Dominik Nagel, Sprecher der EWR Netz GmbH, erläutert, dass das Stromnetz redundant aufgebaut ist. Dies bedeutet, dass alternative Versorgungswege existieren, über die der Strom umgeleitet werden kann.

Ein modernes Leitsystem ermöglicht es, das Netz in Echtzeit zu überwachen und bei Bedarf Fernschaltungen vorzunehmen. So konnte der Fehler schnell lokalisiert und behoben werden.
Technische Details und Sicherheitsmechanismen
Der zerstörte Mast war etwa 20 Meter hoch und führte eine Spannung von 20.000 Volt. Zum Vergleich: Eine Haushaltssteckdose liefert bis zu 230 Volt. Das Absägen eines solchen Strommastes erfordert erheblichen Aufwand und spezielles Werkzeug. Beim Umsturz eines Mastes können Kurzschlüsse oder Erdschlüsse auftreten. Computergesteuerte Schutzsysteme erkennen solche Fehler und schalten die betroffene Leitung automatisch ab. Solche Entladungen können als „Blitzentladung“ oder „Funken“ wahrgenommen werden und unter Umständen Brände verursachen .
Ermittlungen und Sicherheitsmaßnahmen
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat die Ermittlungen übernommen, da eine politisch motivierte Straftat nicht ausgeschlossen werden kann. Das Landeskriminalamt sucht nach Zeugen, die in der Nacht auf Sonntag oder in den Tagen zuvor verdächtige Beobachtungen gemacht haben.
Der Netzbetreiber EWR hat mit den Reparaturarbeiten begonnen. Ein neuer Strommast wird aufgestellt. Die Stelle wurde abgesichert, und nach Angaben des Landeskriminalamtes besteht keine Gefahr für die Bevölkerung.
Gefahren für die Täter und Netzsicherheit
Das unbefugte Betreten von Mittelspannungsanlagen ist lebensgefährlich. Dominik Nagel betont, dass die Täter sich in große Lebensgefahr begeben haben. Es besteht akute Gefahr durch elektrische Schläge beim Berühren unter Spannung stehender Teile sowie durch herabfallende Anlagenteile oder das Risiko eines Sturzes beim Besteigen von Masten.
Jutta Hanson von der Technischen Universität Darmstadt warnt vor den gefährlichen Folgen von Sabotage. Wenn nur ein Leiter den Boden berührt, kann es sein, dass sich das Netz nicht abschaltet, und dann besteht für jemanden in der Nähe die Gefahr einer sehr großen Spannung, die sich über den Boden ausbreitet. Das sei vergleichbar mit einem Blitzeinschlag.
Einschätzung der Netzsicherheit
Der Vorfall zeigt, dass das Stromnetz der EWR Netz sicher aufgebaut ist. Die Anlagen verfügen über einen sehr hohen Standard laut der Vorgaben für den Schutz kritischer Infrastrukturen. Es besteht ein regelmäßiger Austausch mit der Polizei, um auf mögliche Gefahren vorbereitet zu sein. Eine gezielte Manipulation des Stromnetzes lässt sich jedoch grundsätzlich nicht vollständig ausschließen .
Jutta Hanson weist darauf hin, dass es sich um eine Flächeninfrastruktur handelt. Es ist nicht möglich, an jedem Strommast jemanden zu postieren, der aufpasst, dass dieser nicht umgesägt wird. Sie vergleicht es damit, dass man auch nicht auf jede Brücke jemanden stellen kann, der dafür sorgt, dass es keinen Steinewerfer gibt.
Ein kurzzeitiger Stromausfall, wie in Albig am Ostersonntag, ist kein Blackout. Ein Blackout würde ein großes Netz betreffen, das nicht nur Deutschland, sondern auch Kontinentaleuropa umfasst. Netzfehler oder Schäden wie im vorliegenden Fall passieren immer wieder. Dann wird selektiv abgeschaltet, also nur so viel wie gerade notwendig. Allein schon, um an den Leitungen Wartungsarbeiten durchführen zu können, muss es möglich sein, kleine Einheiten abschalten zu können .
Dominik Häring von der Technischen Hochschule Bingen erklärt, dass das Stromnetz auf solche singulären Fehler vorbereitet ist. Würden in Netzgruppen oder -gebieten jedoch mehrere Fehler gleichzeitig auftreten, könnte es durchaus regionale Stromausfälle geben. Dies wäre dann der Fall, wenn die Redundanz der Systeme vollständig erschöpft ist.
Derzeit werden die Netze im Kontext der Energiewende verstärkt und ausgebaut. Dabei spielt die Einspeisung erneuerbarer Energien neben Sicherheitsmaßnahmen eine maßgebliche Rolle.
Die Experten sind sich weitgehend einig: Man kann einen Blackout nicht ausschließen.
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